Das «geheime» Schertenleib-Gutachten
Der Inhalt des allzu lange geheim gehaltenen Gutachtens des Thuner Architekten Schertenleib macht stutzig. Offensichtlich waren die Weichen schon vor Inangriffnahme der Arbeiten gestellt worden. Als Grundlage für die Arbeit diente nämlich ein Arbeitspapier des STS VR vom 13.04.07 (Seite 3). Dann ist die Bestandesaufnahme unsorgfältig vorgenommen worden. So wird z.B. im bestehenden Spital Zweisimmen nur ein Operationsaal aufgeführt (Seiten 4/27), die zur Verfügung stehende Landfläche von Zweisimmen wird (anders als in Saanen) nur zu einem ganz kleinen Teil dargestellt (Seite 5), der Investitionsbedarf für Reaktivierung des noch vor kurzem vor der Stilllegung stehenden Spitals Saanen mit gerade einmal 1 Million Franken angegeben (Seite 22). Diese und andere Mängel führten zu falschen Schlussfolgerungen und Kostenannahmen.
Medical Center Saanenmöser
Auf einer einzigen Seite wird unter dem vielsagenden Titel «Medical Center Saanenmöser» das Alternativszenario (siehe Kasten Seite IV) abgehandelt. Als Raumbedarf werden für den einen Operationssaal, für die 22 Akutbetten inkl. Geburtshilfe, für den teilstationären Bereich, für die Tages-Chirurgie, für drei Arztpraxen und Nebenräume, usw. 2300m² angegeben. Das ist nur rund die Hälfte der Fläche der bestehenden Spitäler in Zweisimmen oder in Saanen. Berechnungen, wie ein solches «Kleinst-Medical-Center» betriebswirtschaftlich funktionieren soll, sucht man in der Studie vergebens. Unverständlich mutet angesichts dieser Angaben an, dass den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Zweisimmen und Saanen eine Arbeitsplatzgarantie suggeriert wurde. Auf die vielen weiteren Fragen, die sich zum Standort Saanenmöser schon während der Erarbeitung der Studie gestellt haben dürften, wird mit keinem Wort eingegangen. Es verwundert darum nicht, dass das Gutachten so lange unter Verschluss gehalten worden ist.
Des Gutachters Ansicht zu Zweisimmen…
Architekt Schertenleib hält auf den Seiten 22/23 unmissverständlich fest, dass Zweisimmen nur als Akutspital weiterbetrieben werden könne. Zitat zum Spital Zweisimmen: «Die vollständig an der Akutspital-Nutzung orientierte Gebäudestruktur erzeugt eine innen wie aussen erkennbare, typische Spitalatmosphäre, die sich grundsätzlich gegen andere als spitalmässige Nutzungen stellt. Bereits für die Bildung von individualisierten Wohngruppen, wie sie heute für Langzeitpflege von betagten und/oder verhaltensauffälligen Personen postuliert werden, ist die vorhandene Raumstruktur nicht optimal.» Und zusammenfassend hält der Gutachter fest: «Das Spitalgebäude hat ein sehr geringes Potential für spitalfremde Nutzungen, resp. für entsprechende, vom Aufwand her wirtschaftlich vertretbare Umbauten.»
…und zu Saanen
Auf den Seiten 25-27 ist für Saanen zu lesen: «Aus den ausgeführten Erkenntnissen ergibt sich für die Anlage Saanen ein relativ grosses Umnutzungspotential in Richtung Wohnungen. Auch der Standort innerhalb der Gemeinde würde nicht gegen allgemeine oder spezielle Wohnnutzungen sprechen. Eine Gesamtanlage Altersheim/Alterswohnungen… erscheint an diesem Standort mit den vorhandenen, baulichen Strukturen als möglich und sinnvoll und die Tatsache, dass auf dem Areal des Spitals Saanen offenbar Planungen für ein neues Alterszentrum initiiert worden sind, stützt diese These» (Ende Zitat). Zusammenfassung des Gutachters zu Saanen: «Ohne substanzielle Rückbauten erscheint das Erweiterungspotential der heutigen Anlage für spitalnahe Nutzungen gering», usw.).Ernst Hodel