Regierungsrat plant mit Blick auf die Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes

Überprüfen der Eigentümerstrategie der öffentlichen Spitäler

Das teilrevidierte Krankenversicherungsgesetz (KVG) bringt per 1. Januar 2012 grosse Herausforderungen für die kantonale Gesundheitsversorgung und stellt die Finanzierung der öffentlichen und privaten Spitäler durch den Kanton Bern auf eine neue Basis. Der Regierungsrat rechnet wegen der gesetzlich definierten Abrechnung über Fallpauschalen mit Mehrkosten für den kantonalen Finanzhaushalt im Umfang von mehreren hundert Mio. Franken im Jahr. Aus diesem Grund will der Regierungsrat die Eigentümerstrategie des Kantons im Bereich der öffentlichen Spitäler überprüfen. So sollen unter anderem die Rollen der Entscheidgremien – Eigentümer, Verwaltungsrat und Geschäftleitung der Spitalzentren – mit einer umfassenden externen Analyse geklärt und anschliessend allenfalls neu definiert werden. Eine regierungsrätliche Delegation wird diesen Prozess eng begleiten. Als vorsorgliche Massnahme hat der Regierungsrat beschlossen, bei den Verwaltungsräten der sieben regionalen Spitalzentren vorerst generell auf Neu- und Ergänzungswahlen zu verzichten.

Die am 1. Januar 2012 in Kraft tretende Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes hat grosse organisatorische und finanzielle Auswirkungen auf das Gesundheitswesen und damit auch auf den Kanton Bern. Das revidierte Gesetz verändert die Ausgangslage in der Spitalplanung, in der Spitalwahlfreiheit sowie bei der Spitalfinanzierung. So werden die Kantone verpflichtet, ihre Spitalplanung und insbesondere die Spitzenmedizin miteinander zu planen und zu koordinieren. Schlüsselkriterien für das Definieren der Spitallandschaft sind der Versorgungsbedarf der Bevölkerung sowie die Wirtschaftlichkeit, die Qualität und die Erreichbarkeit der einzelnen Spitäler. Die Patienten können künftig unabhängig von ihrem Wohnkanton in der Schweiz ein Listenspital zur Behandlung aufsuchen, was jedoch die Spitalplanung erschwert. Der Kanton und die obligatorische Krankenpflegeversicherung finanzieren künftig alle Listenspitäler einheitlich nach einem fixen Schlüssel, leistungsbezogen über so genannte Fallpauschalen.

Für die Spitäler verändert sich die Situation mit Inkrafttreten der KVG-Teilrevision grundlegend. Der Wettbewerb wird noch härter. Die Frage, welche Infrastruktur sich die jeweiligen Spitäler aufgrund des Patientenmixes, der Anzahl Fälle und der verrechneten Tarife leisten können, rückt noch stärker ins Zentrum.

Klärung und allenfalls Neudefinition der Rollen

Im Hinblick auf die anstehenden Herausforderungen wird die Gesundheits- und Fürsorgedirektion die Firma PricewaterhouseCoopers (PwC) beauftragen, die in der Eigentümerstrategie des Regierungsrates festgelegte Organisations- und Entscheidstruktur für die regionalen Spitalzentren zu untersuchen und allfällige Verbesserungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Insbesondere sollen die Rollen und Funktionen der verschiedenen Gremien – Eigentümer, Verwaltungsrat, Geschäftsleitung der regionalen Spitalzentren – geklärt werden. In diesem Zusammenhang will die Regierung auch überprüfen, ob das Anforderungsprofil für die Funktion als Verwaltungsrat in den einzelnen regionalen Spitalzentren angepasst werden soll. Zur Begleitung dieses Prozesses beabsichtigt der Regierungsrat die Einsetzung einer regierungsrätlichen Delegation. Fest steht, dass der Regierungsrat inskünftig stärker als bisher Einfluss auf die Wahlvorschläge für die Besetzung vakanter Verwaltungsratssitze in den regionalen Spitalzentren nehmen will.

Vorerst keine neuen Mitglieder in den Verwaltungsräten der regionalen Spitalzentren

Für die im Juni 2010 stattfindenden Generalversammlungen der regionalen Spitalzentren Regionalspital Emmental AG, Spitalnetz Bern AG und Spitalregion Oberaargau AG sowie im Hôpital du Jura bernois befürwortet der Regierungsrat die Wiederwahl der Verwaltungsräte für ein Jahr bis im Juni 2011. Die Amtzeit der Verwaltungsratsmitglieder der Spitalzentren Frutigen Meiringen Interlaken AG und Spital Thun-Simmental AG läuft auf den gleichen Zeitpunkt ab.

Als Folge der nötigen strategischen Vertiefungsarbeiten hat der Regierungsrat jedoch beschlossen, auf die Wahl von neuen Mitgliedern zu verzichten. Dies zumindest bis der Bericht der Firma PwC vorliegt und über allenfalls nötige Anpassungen der Strategie entschieden ist. Dieser Entscheid betrifft die Spital Thun-Simmental AG, die Regionalspital Emmental AG sowie die Spitalregion Oberaargau AG, wo je zwei Erneuerungen anstehen. Bei der Spitalnetz Bern AG soll ein Mitglied ausscheiden, damit der Verwaltungsrat statutengemäss auf sieben Personen verkleinert wird.

Bei der Spitalzentrum Biel AG soll der Verwaltungsrat befristet auf Ende 2010 gewählt und ein ausscheidendes Verwaltungsratsmitglied vorerst nicht ersetzt werden. Der Regierungsrat hat die Gesundheits- und Fürsorgedirektion beauftragt, in Biel bis Ende August eine externe Überprüfung der Situation im Verwaltungsrat einzuleiten. Im Dezember 2010 wird eine ausserordentliche Generalversammlung über die Wieder- beziehungsweise Neuwahl des Verwaltungsrats entscheiden.

Der Regierungsrat hat die Verwaltungsräte in den letzten Tagen über das geplante Überprüfen der Eigentümerstrategie und die Entscheide des Regierungsrats betreffend den Verzicht auf die Neuwahl von Verwaltungsratsmitgliedern in die Regionalen Spitalzentren informiert.