Stellungnahmen zur Medienmitteilung der Spital STS AG

Volk soll entscheiden – nicht nur im Saanenland

Die SIMMENTAL ZEITUNG hatte letzte Woche die unveränderte Medienmitteilung der Spital STS AG ohne Ergänzungen der SIMMENTAL ZEITUNG veröffentlicht. Die eingegangenen Leserbriefe und die Reaktionen einiger Exponenten im Simmental zeigen, dass der Standortentscheid nur für die wenigsten nachvollziehbar ist.

Volk soll entscheiden – nicht nur im Saanenland

Bereits im Januar 2008 hatten 12000 Petitionäre einen Vergleich über die in Frage kommenden Spitalstandorte gefordert. Unser Archivbild zeigt Katrin Münger, CO-Präsdentin des Komitees bei der Übergabe der Unterschriften an Regierungsrat Philippe Perrenoud. Im Hintergrund Grossrat Hans-Jörg Pfister (links) und Heinz Rufener, Ex-Gemeinderat Zweisimmen.

Vor einer Woche konnte die Bevölkerung den Medien (Radio und Zeitungen) entnehmen: Der Verwaltungsrat der Spital STS AG bevorzugt unmissverständlich und einzig den Standort Saanenmöser für einen Spitalneubau. Noch liegt durch die Gemeinde Saanen keine Zustimmung vor, weder zur Umzonung noch zu den Finanzierungen des entsprechenden Grundstückes oder zum Erschliessungskredit. «Dies sei frühesten an der Gemeindeversammlung in einem Jahr möglich», so der Saaner Gemeindepräsident Aldo Kropf an der Pressekonferenz wörtlich. Trotzdem ist der Verwaltungsrat der Spital STS AG überzeugt, dass ein neues Spital auf Saanenmöser 2014 den Betrieb aufnehmen wird. Dies, wie bekannt gegeben wurde, mit der Zustimmung der Obersimmentaler Behörden. In verschiedenen Kreisen der Bevölkerung lösten solche Äusserungen Kopfschütteln aus. Die Stellungnahmen zeigen auf, dass auch nach zwei Jahren der Widerstand im Simmental noch nicht gebrochen ist.

Keine Illusionen

«Ich habe nichts anderes erwartet», so begann die Stellungnahme von Katrin Münger; als Co-Präsidentin des Petitionskomitees übergab sie im Januar 2008 an Regierungsrat Philippe Perrenoud die 12000 Unterschriften, «es durfte, es konnte und es sollte nie über einen Standort Zweisimmen geschweige denn über einen Neubau in Zweisimmen diskutiert werden.» Für Katrin Münger ist das Vorgehen nicht nachvollziehbar: «Unter dem enormen Zeitdruck, dem der Verwaltungsrat der Spital STS AG ausgesetzt ist, ist sein Verhalten unverständlich, denn im 2012 greift auf Kantonsebene eine andere Finanzierung. – In Zweisimmen könnte er, etwas überspitzt gesagt, sofort mit einem Neubau beginnen.» – «Ich mache mir keine Illusionen und denke nicht an einen Richtungswechsel. Es gibt allerdings noch einige Hürden zu nehmen wie die Umzonung, die Landfinanzierung und die Erschliessungskosten. Keine Abstimmung ist gewonnen bevor nicht mit der Differenz von mindestens einer Stimme eine Mehrheit vorliegt.»

Geld ist Macht

Grossrat Hans-Jörg Pfister ist erstaunt, mit welcher Sicherheit der Standort Saanenmöser vertreten wird: «Vor allem erstaunt mich die Äusserung, dass die politische Behörde des Obersimmentales hinter dem Entscheid steht. – Eigentlich gehöre ich mit meiner ablehnenden Haltung auch dazu…!» Pfister stellt sich die Frage: Wer vertritt eigentlich die Bevölkerung? «Die Gemeindeparlamentarier sollten Mut und Grösse an den Tag legen, um in ihren Gemeinden mit einer Konsultativabstimmung die Meinung der Bevölkerung zu erfahren.» – «Ich akzeptiere nicht, dass auf Andersdenkende massiven Druck ausgeübt wird. Zudem wer sich in den Kantonsfinanzen nur einigermassen auskennt muss einem Neubau Zweisimmen den Vorrang geben.» – «Kein Verständnis hätte ich, wenn die Gemeinde Saanen ihren Reichtum nebst Landkauf und Erschliessungskosten noch zu weiteren Massnahmen ins Spiel bringt. Das Resultat der Nachhaltigkeitsprüfung durch das kantonale Amt für Umweltkoordination wird bis Ende Jahr vorliegen. Hans-Jörg Pfister: «Wie das Ergebnis auch sein wird – die Bevölkerung hat ein Recht zu wissen – was die neutrale Nachhaltigkeitsprüfung an den Tag bringt.»

Aus der Sicht eines Patienten

Hans-Peter Böhlen an der Lenk musste schon mehrfach akut die Dienste im Spital Zweisimmen in Anspruch nehmen. Auch für ihn ist der Standortentscheid des Verwaltungsrates der STS AG nicht nachvollziehbar: «Wir haben an einem Verkehrsknotenpunkt aller drei Talschaften ein funktionierendes Akut-Spital mit Notfalldienst. Dieses ist für alle – Patienten, Besucher und für das dienstleistende Personal – per Strasse, mit der Bahn oder sogar zu Fuss gut erreichbar. Als direkt betroffener Patient rettete mir diese Situation schon mehrmals in letzter Minute das Leben. Warum das in Zukunft nicht mehr sein soll, begreife ich nicht.»

Niedersimmental mit einbeziehen

Für Thomas Knutti, dem Präsidenten der Interessegemeinschaft IG Spitalversorgung Simmental–Saanenland ist es unverständlich, dass das Niedersimmental Innerport nie ernsthaft in die Standort-Diskussion mit einbezogen wurde. Seinem Statement ist zu entnehmen, dass für ihn eine gerechte, demokratische Spitalpolitik an oberster Stelle steht. Der Verwaltungsrat der STS AG hat der neutralen Nachhaltigkeitsbeurteilung, die durch die IG gefordert wurde, zugestimmt. «Für mich ist klar, dass sich der Regierungsrat als Mehrheitsaktionär der STS AG dringend einschalten muss und seine Aufgabe der Aufsicht wahrnimmt.» Knutti gibt sich kämpferisch: «Noch ist nichts verloren, ich erwarte durch ein Mitspracherecht der Bevölkerung eine gerechte und akzeptierbare Lösung, die für alle Bürgerinnen und Bürger mehrheitsfähig sein wird.» Fritz Leuzinger