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Gustis Gastro Kabarett

Us dr Chuchi plouderet

Gusti Pollak überzeugte in seiner Rolle als «Chefkoch Gustave» in seinem aktuellen Bühnenprogramm «Gustis Gastro Kabarett» im Gewölbekeller in Bern. Vor ausverkauftem Haus gab der Boltiger Kabarettist und Liedermacher seine Sprachgewandtheit zum Besten und entzückte sein Publikum mit Schüttelreimen, sprachlichen Finessen und bissigen Sprüchen. Im zweiten Teil sprach der Landwirt, Lehrer und Buchautor Martin Ott über das Wesen der Kühe und die Landwirtschaft.

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Gustis Gastro Kabarett

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© ksm-fotografie

Gusti Pollak alias Chefkoch Gustave mit seinem Menu, das so heiss gegessen wie gekocht wird.

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Gusti Pollak alias Gian-Carlo, der Somelier, der mit seinem italienischen Akzent das Lied vom Wein singt.

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Martin Ott, Landwirt, Musiker und Lehrer erzählt von der Kuh, die weit mehr hergibt als bloss Fleisch oder Milch.

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Zum Abschluss singt Martin Ott sein Liebeslied an die Kuh und berührt damit das Publikum.

Ein Darsteller, vier Figuren: Gusti Pollak mimt in seinem aktuellen Bühnenprogramm gleich vier Charakteren: den Chefkoch Gustave, den Störkoch Sami, den Somelier Gian-Carlo und den Barkeeper Hansruedi. Jeder von ihnen ist ein eigener Charakter, aber alle haben etwas gemeinsam: Sie spielen mit intelligentem Wortwitz, bissigen Sprüchen und Seitenhieben auf die globalisierte, gleichgeschaltete Gesellschaft, die sich mit ihrem Computer-anglo-germanischen Wortschatz ver-app-etiten lässt und besser fasten statt fastfooden sollte. Pollak äussert sich zu vielen aktuellen Themen, nimmt kein Blatt vor den Mund und sagt im Hinblick auf unsere Politiker, es schmecke anders, als es serviert werde. Auch die grösste Partei unseres Landes kriegt ihr Fett weg. Wir hätten heute den Schnegg in Toni Brunner’s Salat. Pollaks Redewendungen und Wortneuschöpfungen, seine verbogenen Betonungen und speziell seine Schüttelreime sind etwas für Mit- und Schnelldenker. Gefundenes Fressen für Liebhaber von wortakrobatischer Sprachnutzung.

Ohne moralistischen Zeigefinger

Gusti Pollak zeigt Missstände auf, offenbart Fehlverhalten und zur Alltäglichkeit gewordene paradoxe Lebensgewohnheiten, ohne mit dem moralistischen Zeigefinger auf jemanden zu zeigen. Eine Zuhörerin sagte in der Pause, Pollak überlasse es seinen Zuhörern, ob sie sich angesprochen fühlen wollen oder nicht. Gusti Pollak macht aufmerksam, ohne anzuprangern. Sein Publikum sagte über seine Vorstellung es sei geistreich, intelligent, subtil und, was allgemein aufgefallen war: Nie unter der Gürtellinie, nie schmuddelig. Gusti Pollak hat das nicht nötig und das ist gut so.

Die Kuh, (d)ein unbekanntes Wesen

Im zweiten Teil des Programms sprach Martin Ott, Buchautor, Lehrer, Landwirt und Gründer der Biodynamischen Landwirtschafts-Schule zum Wesen der Kühe. Martin Ott, der seine Wurzeln im Simmental hat und regelmässig seine Kühe auf der hinteren Walop-Alp in Boltigen sömmert, erzählte Verblüffendes über das Verhalten von Kühen und ihrem Wesen. Sie seien, so sagte er, therapeutische Rhythmusgeber. Denn Kühe würden acht Stunden am Tag fressen, acht Stunden wiederkäuen und acht Stunden schlafen oder anderes machen. Sehr regelmässig. Er wies darauf hin, dass man Kühe zu ihrem Leidwesen zu wahren Milchmaschinen gezüchtet hätte, deren Milchertrag in den letzten 200 Jahren von 2000 Liter auf 30 000 Liter pro Jahr verfünfzehnfacht worden sei. Man soll der Kuh wieder ihren Platz geben, den sie einst hatte. Denn, so Ott, eine Kuh habe mehr gute Eigenschaften, als bloss Milch oder Fleisch zu liefern. Weiter erklärte er, wie Kühe sehen, wie sie wahrnehmen und kommunizieren und dass dafür ihre Hörner sehr wichtig seien. Zum Abschluss sang Ott ein Liebeslied an eine Kuh, begleitete sich auf dem Klavier selber und rührte damit das Publikum beinahe zu Tränen. Die Botschaft des Liedes ist so kurz wie klar: Ohne Ehrfurcht vor dem Leben sind wir alle verloren. Für Martin Ott bedeutet Landwirtschaft: Schauen, lernen und Tiere beobachten. Sein Buch mit dem Titel «Kühe verstehen» erreichte die Schweizer Bestsellerlisten.

Auseinandersetzung mit der Realität

Die rund 50 Zuschauer im bis auf den letzten Platz gefüllten Gewölbekeller des ONO Bern an der Kramgasse waren vom Gebotenen begeistert. Kritische Stimmen suchte man am letzten Samstagabend vergebens. Gusti Pollak hat es verstanden, von Beginn weg sein Publikum für seine Kunst zu begeistern, es in den Bann seiner Sprachakrobatik zu ziehen und es mit Witz und Schalk zu fesseln. Auf kleinen Bühnen zu stehen mit seinem Publikum Auge in Auge den Kontakt zu pflegen liege ihm, erzählte Pollak nach der Vorstellung gegenüber dieser Zeitung. Seine Pointen sind gut platziert, seine Lieder treffen den Nerv der Zeit. «Ich will mich auf der Bühne mit der Realität auseinander setzen», sagte Pollak und das macht er auf seine ganz eigene Art und Weise. Eine Weise, die es sich anzusehen lohnt.

Erstellt am: 16.06.2016

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