Flüchtlingszentrum Zweisimmen – Erfahrungen mitSchafhausen

Zuerst muss ich die Zweisimmerinnen und Zweisimmer loben. Keine gehässigen Leserbriefe im Simmentaler, keine gehässige Gemeindeversammlung. Willkommen sind Flüchtlinge nirgends, aber jetzt sind sie da – nicht nur bei uns, sondern in ganz Europa – und es gilt, das Beste aus der Situation zu machen und sie gut zu beherbergen.

Als 50%-Pfarrer in Hasle bei Burgdorf habe ich schon etwas Erfahrung mit Flüchtlingszentren. Zu unserer Kirchgemeinde gehört das Durchgangszentrum Schafhausen mit 150 Bewohnern, das schon ein paar Mal in den Schlagzeilen war. Ich bin Delegierter unserer Kirchgemeinde am runden Tisch.

Hier ein paar Gedanken dazu:

Das Durchgangszentrum Schafhausen befindet sich im nicht mehr benötigten Schulhaus am Rande des Dorfes Schafhausen im Emmental, das politisch und kirchlich zur Gemeinde Hasle b. Burgdorf (Hasle-Rüegsau) gehört. Im Dorfkern leben weniger als 150 Menschen, darum war die Bevölkerung mit 150 «Neuzuzügern» ganz und gar nicht einverstanden. Sie kamen aber trotzdem und leben nun seit über einem Jahr dort.

Die Gemeinde Hasle publiziert jede Woche die Bewohnerstatistik auf der Gemeinde-Homepage. Am 18. Dezember waren es 145 Personen, 92 männlich, 53 weiblich, darunter 22 Kinder. 18 Nationen, darunter 39 aus Eritrea, 23 aus Afghanistan, 18 aus Syrien, 9 aus Somalia und 14 aus Sri Lanka.

Die Männer wohnen in Kajütenbetten in den Schulzimmern, die Familien in den ehemaligen Lehrerwohnungen. Mit einem bescheidenen Taggeld müssen sie selber für ihr Essen sorgen. Denner und Migros sind ca. 2 km entfernt. Zum Kochen stehen im Keller eine grössere Küche und Kühlschränke mit Einzelfächern zur Verfügung. Für den Kontakt mit Familien und Freunden ist Internetempfang für die Bewohner-/-innen wichtig.

Eine sehr gute Einrichtung ist der runde Tisch, der alle vier bis sechs Wochen tagt. Da sind die Anwohner/-innen, die Leitung, Gemeinderat, Schulleitung, Kirchgemeinde, Kanton und Polizei vertreten. Da werden alle anfallenden Probleme besprochen und nach Lösungen gesucht.

Seit das Durchgangszentrum offen ist (Oktober 2014) gab es keinerlei grössere Probleme. Es wurden kleine Sachen beklagt: Abfall, keine Lichter am Velo, keine Leuchtwesten etc. Wichtig ist, dass es Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und die Bewohner/-innen eine Tagesstruktur haben. Dies ist aber nur schwer möglich, da nur gemeinnützige Dienste in Frage kommen. Die Kirchgemeinde stellt ab nächstem Jahr Räume für Deutschkurse zur Verfügung, hat zwei Mal ein BegegnungsKaffee organisiert und koordiniert die Freiwilligen. Flüchtlinge habe auch an zwei Anlässen gekocht. Wir haben guten Kontakt mit der Leitung des Durchgangszentrums, das von der Heilsarmee betrieben wird. Welchen Beitrag die Kirchgemeinde Zweisimmen und Freiwillige in Zweisimmen leisten können, wird sich zeigen.

Im Namen der Mitmenschlichkeit und Nächstenliebe danke ich allen Zweisimmerinnen und Zweisimmern, dass sie sich darauf eingelassen haben. Alfred Müller,

Pfarrer in Zweisimmen

und Hasle b. Burgdorf