Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Weitere Informationen

Gut gemeint ist noch nicht gut getan!

Von Marianne Herbst, Oberwil

rating rating rating rating rating

Um alle Spitalökonomen und Gesundheitsexperten in Thun und Bern verstehen zu können, habe ich mir Gedanken zu unserem Fallpauschalensystem gemacht. Es wird verherrlicht, immer wieder erwähnt und ist in aller Munde, wenn es darum geht, die Schliessung eines Spitals zu hinterfragen: Das im Jahr 2012 eingeführte Fallpauschalensystem SwissDRG benachteiligt einzelne Spitäler systematisch aufgrund ihres Leistungsauftrags, ihres Standorts und der kantonalen Regulierung. Es werden einzig die Zahlungsströme transparenter dargestellt, ermöglicht aber keinen Leistungsvergleich der Spitäler oder eine Vergütung, welche Anreize für Effizienz setzt.

Die neue Spitalfinanzierung unter DRG wird allgemein als Erfolgsmodell betrachtet. Die eindeutige Zuordnung der Fälle in Diagnosegruppen würde dazu dienen, endlich die Spitäler aufgrund ihrer Leistungen zu vergleichen, so die Meinung der Gesundheitspolitiker. Ausserdem würden die Fallnormkosten die allgemein anerkannte Grundlage für eine leistungsgerechte Vergütung der Spitäler bilden. Würden die Spitäler strikt nach den landesweit niedrigsten Fallnormkosten entschädigt, würde ein effizient arbeitendes Spital so gerade seine Kosten decken können, es würde KEINEN Gewinn erzielen. Dies wird vor allem vom Preisüberwacher bei einer konsequenten Umsetzung von SwissDRG nach Art. 49 des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) gefordert.

Mit dem Fallpauschalensystem wird das Risiko überhöhter Betriebskosten zurück auf die Spitäler verschoben, welches vor 2012 die Krankenversicherer zusammen mit den Kantonen trugen. Durch SwissDRG werden nicht mehr die tatsächlichen Kosten, sondern nur noch die Fallnormkosten (d.h. die mit dem Schweregrad der behandelten Patienten gewichteten Fallkosten gemäss SwissDRG) je behandelten Patienten berücksichtigt.

Die eigentliche Absicht der neuen Spitalfinanzierung war der Anreiz, die Spitäler dazu zu zwingen, ihre Behandlungskosten in den Griff zu kriegen. Dies wird jedoch dann problematisch, wenn die zu hohen Fallkosten nicht gleichmässig über die Spitäler verteilt sind. Das Geschäftsrisiko der Spitäler wird auch noch dadurch verstärkt, dass die Zahl der behandelten Patienten unter den Erwartungen zurückbleiben kann. Dies hat zur Folge, dass das Spital Kapazitäten vorhält, die meist nicht gebraucht werden, jedoch kosten – die Infrastruktur muss abgeschrieben werden, und das medizinische Personal kann nicht entlassen und wieder eingestellt werden! Generell besteht die Gefahr, dass sich die Spitäler und vor allem Spitalgruppen nicht «im Sinne des Erfinders» verhalten, sondern mit ineffizienten Massnahmen versuchen, das Geschäftsrisiko zu reduzie

ren, dem sie im gegenwärtigen Vergütungssystem ausgesetzt sind.

Die Unterschiede in den Fallkosten haben nichts mit den Unterschieden der Effizienz der Spitäler zu tun! Es kann somit auch überhaupt nichts über die Qualität der Spitalbehandlungen ausgesagt werden! Die Fallpauschalen können lediglich abbilden, was für ein Fall behandelt wurde, jedoch nicht wie oder wie effizient. Die gravierenden Verzerrungen, welche das gegenwärtige Fallpauschalensystem aufweist, bildet Anreiz für die Spitäler, diese durch eine strategische Optimierung auszunutzen. Alle Spitäler müssten ungeachtet ihres Leistungsauftrages, ihres Standorts und ihrer kantonalen Regulierung zwingend die gleichen Voraussetzungen erhalten!

Die Aussagen und Feststellungen zu den Fallpauschalen sind nicht nur aus meiner Ansicht erwachsen, sondern darf ich mit den zwei Herren Peter Zweifel, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Zürich, und Philippe Widmer, Gesundheitsökonom bei Polynomics und externer Lektor an der Karl-Franzens-Universität Graz, teilen.

Fokussiert auf Zweisimmen

Ärzte und Personal im Spital Zweisimmen erbringen seit Jahren eine hochstehende Leistung! Ich denke nicht, dass einzig und allein die Fallzahlen Auslöser für Schliessungen, Redimensionierung und nachgesagte schlechte Patientensicherheit sein können. Wenn die STS AG als Einheit betrachtet würde, hätte auch das «Mutterhaus» in Thun ein Interesse, das Spital in Zweisimmen als Wirtschaftszweig zu erkennen. Dahin sollten die Überlegungen der Spitalökonomen einmal gehen! Oder ketzerisch gesagt: Prüfen Sie doch einmal, ob Sie ein spezialisiertes Angebot der Geburtshilfe nicht nach Zweisimmen zentralisieren wollen? Die Frauen aus der Region Thun könnten doch genauso gut nach Zweisimmen fahren, um ihre Kinder dort zu gebären, wie es die Simmentalerinnen und Saanenländerinnen ihrer Meinung nach in Thun könnten. Wenn Familien- und Hotelzimmer für Risikoschwangere in Thun zur Verfügung gestellt werden, könnte dies sicher auch eine Variante für das Simmental-Saanenland sein. Im Simmental jedenfalls werden einige leer stehende Hotels zum Verkauf angeboten, welche die STS AG zu diesem Zweck aufkaufen und ausbauen könnte! Und wenn Sie das heute bestehende Spital Zweisimmen nicht abreissen und für 30 Millionen stark reduziert neu bauen, sondern für fünf Millionen renovieren würden (s. Studie Schertenleib) hätten sie auch Platz dafür, das Leistungsangebot in Zweisimmen zu erhalten. Es grüsst Sie freundlich eine Nicht-Spitalökonomin.

Erstellt am: 31.07.2014

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare

Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Interessante Artikel