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Unheilvoller Abbau im Spital Zweisimmen

Von Elisabeth Aebischer, Zweisimmen

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Der Regierungsrat hat die Schliessung der Geburtenabteilung, die drastischen Einschränkungen des chirurgischen Angebotes und die grosse Bettenreduktion von 40 auf 25 gutgeheissen. Der «Berner Oberländer» zitierte am 26. Februar 2015 die Aussagen von Herrn Perrenoud: «Die Massnahmen seien grundsätzlich nachvollziehbar und damit gut für die Region Simmental-Saanenland, weil sie den Spitalstandort Zweisimmen sichern würden». Der inhaltliche Widerspruch dieser Aussage ist offensichtlich. Mit genau diesen Massnahmen wurden alle andern Spitalschliessungen eingeleitet. Die Spital STS-AG und der Regierungsrat stellten die Hauptkriterien der Schliessungsgegner galant zur Seite, ohne weiter darauf einzugehen. Dafür werden nun die Vorteile der Schliessung breit ausgeschlachtet. Betrachten wir mal die von ihnen so viel stärker gewichteten Pro-Argumente «Betriebskosten, Suche nach qualifiziertem Personal, steigende Qualitätsansprüche». Erstens: Zu Betriebskosten: Viele finanziell einträglichen Operationen dürfen nicht mehr in Zweisimmen ausgeführt werden, sondern in Thun. Unsere Region wird nun als Patienten-Zulieferer für das Spital Thun missbraucht. Die finanzielle Lage verschlechtert sich in Zweisimmen so zusehends. Ein Spital kann kein gewinnbringendes Unternehmen sein, im Gegensatz zu einem Altersheim. Um diesen Gewinn geht es der STS-AG wohl auch. Ob da der erwirtschaftete Gewinn vollumfänglich ins Unternehmen Spital fliesst, oder ob da noch andere Taschen damit gestopft werden, wie es sonst in der Wirtschaft üblich ist? Warum legte die STS-AG ihre Finanzpolitik bisher nicht offen? In einer kapitalorientierten Aktiengesellschaft AG haften die anonymen Gesellschafter nicht für deren Verbindlichkeit. Jetzt verstehe ich, warum sich die STS-AG bisher stets so leichtfertig der alleinigen Verantwortung rühmte. Ich weiss aber, dass auch in diesem Gremium Mitglieder mit redlichen Absichten arbeiten. Jedoch erlangt zu oft «das andere Lager» die Mehrheit. Wir hätten die 30 Millionen Franken lieber in die der Notwendigkeit entsprechende Sanierung des Spitals gesteckt statt in einen Neubau mit fragwürdigen Investitionskosten. Zweitens: Erst durch die schwelende Unsicherheit der Spitalzukunft wurde die Suche nach qualifiziertem Personal schwieriger. Unsere guten Ärzte, die erfahrenen Hebammen und das treue Pflegepersonal haben sich immer zur vollsten Zufriedenheit der Patienten eingesetzt. Drittens: Wir waren mit der Qualität des Spitals Zweisimmen sehr zufrieden. Die Geburtenfallzahlen, die bei uns nie so hoch sein können wie in den Städten und Agglomerationen, ist nicht das einzige Qualitätskriterium einer guten Geburtshilfe. Wenn die Sicherheit von Mutter und Kind das oberste Prinzip wäre, so dürfte die Geburtenabteilung in Zweisimmen niemals geschlossen werden.

Wenn nach der Meinung von Herrn Perrenoud und dem Regierungsrat die Entscheide der STS-AG auf einer sogenannten sachlichen, nachvollziehbaren Basis vorliegen, so beweisen sie damit, dass es hier nur um Fallpauschalen, Paragraphen, schöne Bauprojekte und viele wirklichkeitsfremde Versprechungen geht, aber niemals um die Nöte der Menschen in unserer Region. Diese Sichtweise empfinden wir als menschenverachtend. Nur mit dem verbalen Verständnis unserer Sorgen und mit dem Bedauern über die Schliessung der Geburtenabteilung ist unserer Bevölkerung nicht geholfen. Man gibt vor, zu sparen und tut dies auf dem Buckel der schwangeren Frauen. Die Realität wird dann wohl, wie so oft schon, beweisen, dass der ganze Umsturz keine finanziellen Einsparungen gebracht, jedoch aber wesentlich mehr gekostet hat. Wenn während einer mehrstündigen Operation ein Notfall einen sofortigen dringenden operativen Eingriff erfordert, so wird unter Umständen ein Mensch sterben, trotz der «Einrichtungen der neusten Generation» im einzigen Operationssaal.

Es ist zu hoffen, dass der Regierungsrat die «bessere Gesprächskultur» durchsetzt, die STS-AG bewegt, die Bevölkerung künftig angemessen zu orientieren und ihr genau auf die Finger schaut. Wir haben genug Psycho-Terror der STS AG erfahren: «Verschleiern der wahren Absichten, unter Druck setzen, Maulkörbe verteilen». Warum sich der Gemeinderat von Zweisimmen als unsere Volksvertretung nie für das Erhalten der Geburtenabteilung und das Verbleiben des chirurgischen Angebotes eingesetzt hat, begreife ich nicht. Ob da wohl auch eine psychologische Methode dahinter steckt? Seine Arbeit in den übrigen Belangen schätze ich sonst. Es stimmt bedenklich, dass die Regierung in unserer Demokratie die berechtigten und vom Gesetz allen zugesicherten Ansprüche den Bürgern in den Randregionen nicht mehr gewährleistet, indem sie die Geburtshilfe am Standort Zweisimmen aus der Versorgungsnotwendigkeit streicht. Das persönliche Überbringen der Hiobsbotschaft in Zweisimmen von Herrn Regierungsrat Perrenoud und Frau Ratspräsidentin Egger war eine löbliche Geste. Sie ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass vielen Familien grosse finanzielle Lasten und schwangeren Frauen unzumutbar weite beschwerliche Wege und Mutter und Kind schwer wiegende Risiken aufgebürdet werden. Die Spitalgründer erachteten die Errungenschaft des Spitals als einen Segen für die Region. Der Entscheid der STS-AG und seine Gutheissung durch den Regierungsrat ist dagegen sicher keiner. Für mich ist das grüne Licht für die Schliessung der Geburtenabteilung und die Reduktion des Spitals trotz allen Erklärungsversuchen nicht nachvollziehbar. Die schön dargelegten Kompensationsmassnahmen und die Neuausrichtung des Spitals garantieren uns gar nichts. Der eingeleitete Abbau unseres Spitals führt unweigerlich zu einer wesentlichen Verschlechterung unserer Gesundheitsversorgung und höchstwahrscheinlich auch zu tragischen Ereignissen, die dann Unschuldige treffen.

Erstellt am: 05.03.2015

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