Wenn CEOs und Juristen bestimmen, droht derPatient unter zu gehen

Zu den Spitalveränderungen inZweisimmen

Als ehemaliger chirurgischer Chefarzt eines Bezirksspitals, als ehemaliger Assistent und später Chefarzt-Vertreter im Spital Zweisimmen fühle ich mich befugt, eine klare Aussage zu den Plänen der STS AG und der MeGSS von mir zu geben.

1.In folgenden Spitälern im Kanton Bern ging die Schliessung der Geburtshilfe der Schliessung des Akutspitals Monate bis 2 Jahre voraus: Erlenbach, Grosshöchstetten, Wattenwil, Herzogenbuchsee. Bei Jegenstorf, Niederbipp und Sumiswald, weiss ich es nicht genau, wird aber ähnlich gewesen sein. In Riggisberg sieht es nach der Schliessung der Geburtshilfe für das Akutspital schlecht aus. Überall wurde lauthals, wie heute bei Zweisimmen betont, man gehe kein Risiko ein und stehe zum Akutspital.

2.Zweisimmen ist auch für die Akutversorgung der Lenk und Saanen verantwortlich (Einzugsgebiet Simmental/Saanenland/Diemtigtal). Die Distanzen bis Thun betragen zwischen 60 und 70 km. Fahrzeit: 70 bis 90 Minuten bei guten Strassenverhältnissen. 50% der Geburten dauern zwischen Wehenbeginn und Geburt weniger als 40 Minuten. Das heisst, dass über 50% der Neugeborenen im Auto zur Welt kommen werden. Da nützen auch vereinzelte Familien-Betten-Angebote in Thun oder Hotelbetten höchstens als Entschuldigung.

3.Wenn als Grund für die Schliessung der Geburtshilfe die bei 120 Geburten notwendige 24-Stunden-Notfall- und Operations-Bereitschaft zu teuer ist, heisst das auch, dass für die Chirurgie diese Bereitschaft nicht mehr gewährleistet wird. Ich habe in den Wintermonaten den Chefarzt vertreten und erlebt, dass der Notfallhelikopter von den Skipisten (Zweisimmen, Lenk, Saanen-Gstaad) 7–10 Patienten pro Tag herbeiflog. Ebenso viele Notfälle wurden per Auto oder vom Pistendienst gebracht. Abends habe ich häufig in Saanen operiert. Will Thun all diese Patienten auch noch übernehmen?

4.Genügt eine Chefärztin Gynäkologie in Zweisimmen, um die vielen gynäkologischen Notfallsituationen (Bauchhöhlen-Schwangerschaft, akute Gebärmutterblutung, Gebärmutter-Ruptur etc.) abzudecken, wenn die zweite Gynäkologin in Thun Belegärztin ist?

5.Herr Bruno Guggisberg, CEO Spital STS AG, ist ein Manager, allerdings mit langer Erfahrung im Gesundheitswesen, aber wenig Kenntnissen der Patientenbedürfnisse und Herr Marcel Brülhart, Vorsitzender der MeGSS ist Jurist und er ist als Organisator in vielen Bereichen, zum ersten Mal aber für das Gesundheitswesen tätig. Beide Herren sehen vor allem das Geld, das die Welt regiert, aber nicht das Wohl, ja sogar das lebensnotwendige Bedürfnis eines Patienten, einer Gebärenden. Deshalb müssen sie zu einem solchen rein finanzpolitischen Entscheid kommen. Dass aber das Wohl und das Gebot zur besten Behandlung des Patienten zum Service public gehört, auch wenn es nicht rentiert, liegt ihnen von ihrer Denkweise her absolut fern.

Hoffen wir, dass Thun – übrigens ein hervorragendes Spital – doch noch zum gesunden Menschenverstand zurück findet.

Dr. med. Wolf Zimmerli, Oberdiessbach