Ferien für Kenner und Liebhaber im Haus «Auf der Kreuzgasse» inSchwarzenmatt

Am Mittwoch vor Weihnachten lud die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» des Schweizer Heimatschutzes zur Einweihung ihres 13. Hauses ein: Nach Abschluss der mehrere Monate dauernden Umbau- und Renovationsarbeiten konnte das im Jahre 1556 erbaute Kleinbauernhaus «Auf der Kreuzgasse» in Schwarzenmatt seiner Bestimmung übergeben werden. Schon am Weihnachtstag zogen die ersten Mieter in das vorbildlich restaurierte Haus ein.

Ferien für Kenner und Liebhaber im Haus «Auf der Kreuzgasse» inSchwarzenmatt

Das Haus «Auf der Kreuzgasse» in Schwarzenmatt Anfang Dezember 2011.

Die Stiftung «Ferien im Baudenkmal» wurde 2005 vom Schweizer Heimatschutz gegründet. Sie bezweckt, leer stehende und meist renovationsbedürftige Baudenkmäler zu übernehmen, zu sanieren und als Ferienwohnungen zu vermieten. Damit sollen wertvolle Bauten erhalten und ein innovatives touristisches Angebot geschaffen werden. Die Idee erwies sich als erfolgreich: Schon bisher konnte die Stiftung 16 Wohnungen in 12 Häusern vermieten.

Nun kommt als 13. Haus das Kleinbauernhaus in Schwarzenmatt hinzu. Zur Einweihung konnte Stiftungsratspräsident Severin Lenel zahlreiche Gäste aus nah und fern begrüssen. Sein Dank richtete sich an die Architekten (Bühler Architekten AG Thun, Projekt- und Bauleiter: Christoph Tschanz), die meist einheimischen Handwerker (Teuscher Holzbau AG, Baugeschäft Rösti, Schreinerei Wälti GmbH u. a.) und die kantonale Denkmalpflege, die mit Rat (fachliche Baubegleitung) und Tat (Beitrag aus dem Lotteriefonds) beigestanden war. Sie alle haben, wie die Gäste einhellig feststellen konnten, vorbildliche Arbeit geleistet, Dem Dank schloss sich für die Gemeinde Boltigen Gemeinderätin Gertrud Gobeli an; sie zeigte sich hoch erfreut über die neue Attraktion im touristischen Angebot der Gemeinde.

Grosszügiges Engagement der Eigentümerin

Vor allem aber galt der Dank aller Beteiligten der Eigentümerin des Hauses, Berti Mosimann-Bhend. Als Tochter von Hans Bhend war sie noch «Auf der Kreuzgasse» in Schwarzenmatt aufgewachsen. Nun räumte sie der Stiftung «Ferien im Baudenkmal» ein Nutzungsrecht für 30 Jahre ein und beteiligte sich auch mit einem namhaften Beitrag an den Sanierungskosten. «Wir wollten sicher sein, dass das Haus nicht nur erhalten bleibt, sondern auch lebt und nicht nur während zwei, drei Wochen im Jahr genutzt wird», meinte sie auf die Frage, welche Absicht sie bei ihrem Entscheid geleitet habe.

Ein Haus erzählt seine Geschichte

Es erstaunt nicht, dass ein bald 450 Jahre altes Haus dann und wann veränderten Bedürfnissen seiner Besitzer angepasst wurde. So erhielt das Haus 1705 auf der Hinterseite einen Ökonomieteil angebaut. Um 1900 wurde es ostwärts um eine kleine Stube erweitert (ursprünglich gab es nur eine einzige Stube); damit verbunden war eine Veränderung der Fensterfront, die der neuen Raumstruktur angepasst wurde. Um die Mitte des letzten Jahrhunderts wurde auch das Gadengeschoss unterteilt und erhielt ebenfalls neu gestaltete und grössere Fenster. Gleichzeitig wurde in die vorher offene Rauchküche ein Zwischenboden eingezogen. Vieles aber blieb über all die Zeit unverändert, so etwa das «Käsekarussell» im Keller, und ein Grossteil der alten Bausubstanz erwies sich für heutige Bedürfnisse immer noch als solid.

Sorgfältige Sanierung und Modernisierung

Die Sanierung des Hauses erfolgte nach den heute gültigen Leitlinien der Denkmalpflege: Originalsubstanz möglichst erhalten und wenn nötig instand stellen, Zufügungen als heutige Elemente erkennbar machen. Im Hinblick auf die vorgesehene Nutzung des Hauses wurde entschieden, die beschriebenen Veränderungen im Stuben- und Gadenbereich nicht rückgängig zu machen und damit auch die veränderten Fensterfronten zu belassen. In den Gaden wurde jedoch der frühere Estrich aufgehoben und zu den Räumen geschlagen, um eine bessere Raumhöhe zu erreichen. Der Innenausbau in den Gaden ist aus Holz, aber modern gestaltet. In den Stuben wurde nur wenig verändert. Noch vorhandenes altes Mobiliar wurde restauriert (u. a. ein Schrank von 1815), und die Stube erhielt einen neu gemauerten Stockofen, der wie einst von der Küche aus mit Holz geheizt wird. Die Küche erhielt ihre ursprünglichen Proportionen wieder, aber da, wo einst das offene Feuer den Kochkessel erwärmt haben mag, befindet sich jetzt eine moderne Kochinsel. Von der Küche aus sind auch die heutigen Ansprüchen genügenden Sanitärräume zu erreichen, die in den sonst unveränderten Ökonomieteil eingebaut wurden. Auch die Gaden sind von der Küche aus über eine modern gestaltete Galerie erschlossen.

Energetische Sanierung

Technisch und energetisch wurde das Haus auf den neusten Stand gebracht. Herzstück ist ein kombinierter Heiz- und Warmwasserspeicher, der mit Holz über den Stubenofen oder mit den Sonnenkollektoren auf dem Dach erwärmt wird. Die Fenster wurden ersetzt und die Aussenwände je nach Situation innen oder aussen gedämmt. Den Minergiestandard konnte und wollte man allerdings nicht erreichen, weil man dafür u. a. einen zu grossen Anteil der kleinen Grundfläche für Isolationen hätte opfern müssen.

Bereicherung des historischen Baubestandes

Das Haus «Auf der Kreuzgasse» in Schwarzenmatt ist eines der ältesten datierten Gebäude in der Gemeinde Boltigen. Der reiche Bestand an historisch wertvollen Bauten der Gemeinde wird damit, nicht zuletzt dank der vorbildlichen Renovation und dem sorgfältigen Umbau, durch ein wichtiges Objekt ergänzt. Das Haus steht auch als Beispiel dafür, dass es nicht damit getan ist, nur die reich verzierten und bemalten Simmentaler Häuser zu erhalten und zu pflegen. Ebenso wichtig sind die bescheideneren Bauten, die ein Ortsbild wesentlich mitprägen und oft aus einer Zeit stammen, als Verzierungen und Malereien noch nicht üblich waren! Erst die Gesamtheit aller historischen Bauten macht das Simmental zur «Hauslandschaft von europäischem Rang».

Nähere Hinweise zur Stiftung «Ferien im Baudenkmal» findet man im Internet. Anton Ryf