Run to the Hill auf dem Jaunpass

Lärm, Unvernunft und Musik

Wenn ganz oben auf dem Jaunpass Rauchwolken aufsteigen und es nach verbranntem Gummi riecht, wenn die Salutschüsse donnern und Zweitakter röhren, wenn Scheiben splittern und E-Gitarren malträtiert werden, dann sind die Outlaws auf dem Juan Paso los. Am vergangenen Wochenende war es wieder soweit: «Lärm & unvernünftiger Schwachsinn» als Programmpunkt und irgendwie auch als Motto. Die Rückkehr in die Zivilisation gelang am 1. August nahtlos und stilecht.

Lärm, Unvernunft und Musik

CoreLeoni liessen am Auftakt-Abend die Freunde der etwas härteren musikalischen Töne voll auf ihre Kosten kommen.

Am Anfang war die Blasmusik: Die Bläsergruppe Boltigen sorgte bei der diesjährigen Auflage des Run to the Hill-Festivals für den traditionellen Auftakt, doch liessen schon die Salutschüsse zwischen jedem Stück der Bläsergruppe erahnen, dass die kommenden Tage weniger traditionell werden würden. Eine Mischung aus Kutten tragenden Stammgästen des Festivals mischte sich mit Camping-Besuchern, die offenbar unvorbereitet in etwas hineinstolperten, was sie nicht erwartet hatten.

Die Sinnfrage zu stellen, wäre verfehlt: «Lärm & unvernünftiger Schwachsinn» lassen wenig Spielraum für tiefschürfende Gedanken. Und so heizte eine Dreiergruppe von Motorrad-Piloten mit gezogener Vorderradbremse und beherzt gedrehtem Gasgriff eine Runde Hinterreifen auf dem Asphalt weg bis die Felgen Funken sprühten – was freilich im dichten Gummi-Rauch kaum noch zu erkennen war. Ein Schauspiel, das sich in der Folge noch mehrfach und in Variationen wiederholen sollte.

Zu Schrott geschlagene Autos (freilich nicht die der Festival-Besucher) und auf Anhänger montierte Motoren, die einzig dem Zweck dienten, einen satten und vor allem lauten Sound zu erzeugen – kein Zweifel: Hier wurde hemmungslos ausgelebt, was als Kind stets verboten war. Feinstaub? CO2? Lärmemissionen? Öko-irgendwas Fussabdruck? Vielleicht den Rest des Jahres. Für Spassbremsen aller Art war der Jaunpass an diesem Wochenende eine klare No-go-Area.

Und dabei wurde das Run to the Hill trotz all der Dinge und Typen, vor denen unsere Eltern uns immer gewarnt hatten, ganz nebenbei doch zum Familien-Event. Fröhliche Kinder mit weit aufgerissenen, staunenden Augen und neon-bunten Ohrstöpseln konnten endlich einen ungeschönten Eindruck davon bekommen, wie das so ist, wenn man «erwachsen» ist und den ganzen Tag mordsmässig lauten Blödsinn machen darf.

Kracher auch bei den Bands

Beim Musikprogramm liessen sich die Macher des RTTH-Festivals ebenfalls nicht lumpen und präsentierten bereits am freitäglichen Auftaktabend mit Meet at Home, Bad Ass Romance und dem Haupt-Act CoreLeoni ein rein Schweizer Spitzenprogramm, gefolgt von drei weiteren Schweizer Bands am Samstag mit Make Plain, dem Saint City Orchestra und den Tequila Boys.

1.-August-Feier imRuntotheHill-Rahmen

Deutlich besinnlicher ging es – zunächst – bei der in das Festival integrierten Bundesfeier der Gemeinde Boltigen zu. Gemeindepräsident Albert Wampfler fasste sich in der Begrüssung kurz und verzichtete auch auf politische Stimmungsmache. Für die Jungbürgerfeier holte sich Wampfler dann Unterstützung von Daniela Eschler, die im Boltiger Gemeinderat das Ressort Bildung verantwortet. Von den 15 Jungbürgern waren immerhin elf anwesend.

Im Anschluss spielte – lang ersehnt – die Band Span. Nicht ganz so hart wie am Auftaktabend CoreLeoni hatte auch Span nach rund neun Monaten Aufrittspause auf dem Jaunpass ihr erstes Konzert seit langer Zeit – vermutlich die längste Auftrittsunterbrechung seit Gründung der Band im Jahr 1974. Mit Schweizer Mundart-Rock brachten die vier Musiker ordentlich Stimmung in das Festzelt, die mit ihrem grössten Hit «Louenesee» zweifellos den Höhepunkt erreichte: Rockig, aber eingängig begeisterten Span ein Publikum vom Knirps bis zum Senior und zogen auch eine beachtliche Fangemeinde von ausserhalb Boltigens an.

Und so endete dieser 1. August ein wenig so, wie das Festival begann: mit Funken und Feuer, viel Feinstaub und dem Getöse des Grossfeuerwerks auf dem Pass. Sicherlich mit mehr Symbolik und so ein Feuerwerk ist gewiss auch eher noch der Kunst zuzurechnen, als der Funkenschlag einer auf Asphalt drehenden Motorradfelge. Aber egal: Laut war’s, bunt war’s, schön war’s.