Offene Privatgärten im Simmental

Heilpflanzen, harmonisches Miteinander und ein LebensGarten

Die Natur als Lehrmeisterin, Medizinalpflanzen, wunderschöne Sitzplätze, ein Blumenmeer, Reben, Zypressen und Feigen auf über tausend Meter über Meer. Das schweizweite Wochenende der offenen Gärten hatte auch im Simmental dem interessierten Gartenenthusiasten viel zu bieten.

Heilpflanzen, harmonisches Miteinander und ein LebensGarten

Der Sitzplatz inmitten der blühenden Margeritenwiese im Garten von Regula und Thomas Näf in Zweisimmen.

Am Wochenende vom 12. und 13. Juni wurde schweizweit die beliebte Aktion «offener Garten» zum zwölften Mal organisiert. Rund 130 Privatgärten können von März bis spät in den Herbst hinein besucht werden, besonders viele Gartenbesitzer hatten am letzten Wochenende ihr Gartentor für interessierte Besucher geöffnet.

Auch im Simmental waren letztes Wochenende drei private Gärten für neugierige Gartenbegeisterte zugänglich, um Inspiration zu finden, neue Ideen zu sammeln und sich mit den Gartenbesitzern und den anderen Besuchern auszutauschen. Trägerschaft von «offener Garten» sind die Vereine Bioterra, Pro Specie Rara, Gesellschaft Schweizerischer Rosenfreunde, Rosengesellschaft Schweiz, Gesellschaft Schweizer Staudenfreunde, Verband der Deutschschweizer Gartenbauvereine sowie der Verein Pro Igel.

Harmonisches Miteinander auf drei Terrassen

Der Garten von Regula Näf-Rudin an der Obeggstrasse in Zweisimmen ist jeden Tag im Sommer für Besucher geöffnet, nicht nur an den zwei nationalen Aktionswochenenden. «Unser Garten und unser Haus von 1695 liegen am Obersimmentaler Hausweg, welcher ja auch immer offen ist. Wir möchten den Garten teilen, ich profitiere von den guten Begegnungen, Gesprächen und Fragen. Mein Berufswunsch als junge Frau war Gärtnerin, aber ich habe auch mit der Pflege geliebäugelt. Ich entschied mich dann für einen Pflegeberuf und der Garten wurde mein grosses Hobby. In Zusammenarbeit mit den ausgezeichneten Handwerkern von Gartenbau Animaflor Pfister konnten wir 2009 und 2010 die Terrassierung und Gliederung des Gartens realisieren. Für mich ist es eine Neuinterpretation des Bauerngartens, wir haben Blumen, Gemüse, viele Pro Specie Rara Sorten, Obst und einheimische Hecken. Im Sommer ist der Garten meine Wohnstube und mein Arbeitsplatz.»

Der Garten von Regula und Thomas Näf-Rudin ist mit der Bioterraplakette markiert und überdies noch mit zwei Schmetterlingen von Pro Specie Rara ausgezeichnet. Die Anlage ist in drei Terrassen gestaltet. Die Hecken aus einheimischen Gehölzen, die Trockensteinmauern, Stein- Sand- und Zweighaufen, das Totholz, die hohlen Äste und die geflochten Zäune sind Habitate für Moose, Flechten, Insekten, Eidechsen, Amphibien, Vögel und kleine Säugetiere.

Eine fruchtbare Oase in Weissenburg-Berg

Andrea Frölich und Peter Oertle arbeiten gemeinsam in ihrem Garten und in der Paarberatung Pandrea, wo sie Coaching, psychologische Beratung, Trauerbegleitung und Auszeiten anbieten, entweder in ihrem LebensGarten in Weissenburg-Berg, oder auch in Zürich und Basel. Als sie das Haus und den Garten im Jahr 2011 kauften, war das Grundstück völlig verwahrlost. «Der Garten war voll von Kletten, Brennnesseln und Winden», erzählt Andrea Frölich, ausgebildete Gartenkursleiterin von BioTerra. «Wir bestrebten uns, möglichst schnell viele Lebensstrukturen zu schaffen, um ein zusammenhängendes Ökosystem zu ermöglichen. Eine davon war der Teich, eine andere Struktur ist die Benjeshecke, eine Schnittholzhecke, wo viele Tiere Unterschlupf finden, unter anderem Zaunkönige und Rotkehlchen. Eine grosse Wildfruchthecke mit einheimischen Gehölzen, Stein-, Laub- und Asthaufen und Trockenmauern sind auch sehr wichtige ökologische Nischen.

Gleich im ersten Jahr zogen Erdkröten in den Teich. Dann kamen die Molche, letztes Jahr sah eine Besucherin eine Ringelnatter, was uns sehr freute. Dieses Jahr beobachteten wir zum ersten Mal einen Wasserfrosch.» Drei verschiedene Seerosenarten sind im Teich angepflanzt, den ganzen Sommer hindurch hat es verschiedene Libellenarten. In den Trockenmauern hausen Zauneidechsen, Mistbienen und sehr viele andere Insekten. In der grossen Spirale mitten im Garten wachsen Kräuter, Blumen und Gemüse.

Die Natur ist eine wunderbare Lehrmeisterin

Im Weiler Trogmatt auf 1050 Meter über Meer oberhalb Boltigen befindet sich der Heilpflanzengarten von Susanna Krebs. Hundertelf verschiedene Heilpflanzen wachsen nebst Obstbäumen, Beeren, Gemüse und Blumen auf dem grossen Grundstück. Sie unterrichtet den Lehrgang «Wahre Heilkunst», bietet Heilpflanzentage an und wirkt als Coach und Therapeutin.

Der Garten von Susanna Krebs ist seit 2012 jeden Mittwoch von neun bis fünf Uhr offiziell geöffnet, unter der Coronaepidemie konnte sie an gewissen Tagen bis zu fünfzig Besucher empfangen. «Ich unterrichte schon lange Heilkunde und Heilpflanzenkunde. Mir wurde bewusst, dass sogar Drogisten oft nicht wissen, wie eine frische Ringelblume aussieht und damit fing ich an, Leute in unseren Privatgarten einzuladen. Ich habe zum Glück viele ehemalige Schüler, die mir freiwillig im Garten helfen.»

Auffallend sind die organisch runden Strukturen, die bepflanzten Kreise unter den Bäumen. «Ich arbeite mit der Natur, ich habe Mischkulturen und auch Hügelbeete. Ich lasse viele Pflanzen einfach wachsen.» Unter einem der Bäume wächst das Medizinalrad, welches Susanne Krebs in ihrer therapeutischen Praxis und im Unterricht benutzt. Es hat für jedes Organ und Organsystem eine Abteilung, insgesamt zwölf. Ein rund gewölbtes Geflecht aus Zweigen zieht die Aufmerksamkeit auf sich. Es ist das Gerüst für eine sogenannte Schwitzhütte, die nach Vorbild der Schwitzhütten der amerikanischen Urbevölkerung erstellt wurde. «Wir wärmen spezielle Vulkansteine auf einem Holzfeuer nebenan, tragen sie in die Hütte und decken zu. Es geht nicht nur um körperliche, sondern vor allem auch um seelische und geistige Reinigung.» Abschliessend sagt Susanne Krebs: « Es ist wichtig, dass wir gut zu uns selber schauen, besonders in der jetzigen Zeit. Einfach mit sich sein, in der Natur. Die Natur ist eine wunderbare Lehrmeisterin.»

Die nächste, landesweite «Offener Garten» Aktion findet zusammen mit den offenen Sortengärten von Pro Specie Rara am 28. und 29. August statt.