Schulbesuch in St. Stephan

Das neue Schulmodell für die 4. bis 6. Klasse überzeugt

Eine Klasse mit knapp 40 Schülerinnen und Schülern in drei Jahrgängen unterrichten und dabei nach drei Anspruchsgruppen differenzieren – geht das? «Ja», sagt Schulleiter Tobias König, «sehr gut sogar». Bei einem Schulbesuch in St. Stephan liessen sich auch Martin Schäfer, der Rektor der Pädagogischen Hochschule PHBern und Schulinspektor Marc Eberhard vom neuen Schulmodell begeistern. Der Lehrpersonenmangel hatte das Schulteam von St. Stephan vor einem Jahr gezwungen, auch unkonventionelle Lösungen in Betracht zu ziehen.

Das neue Schulmodell für die 4. bis 6. Klasse überzeugt

Die einen setzen das «Modell St. Stephan» um, die anderen wollen sich darüber informieren. Zusammen gab es einen spannenden Austausch (von links): Martin Schäfer (Rektor PHBern), Ilona Moor (Gemeinderätin von St. Stephan und Präsidentin der Schulkommission), Martina Kunz (Klassenhilfe), Leonie Aschwanden und Martina Kammacher (Co-Klassenlehrerinnen 4. bis 6. Klasse), Marc Eberhard (Schulinspektor) und Tobias König (Schulleiter und Lehrer).

Lehrermangel macht erfinderisch

Im März 2022 mussten Schulleiter Tobias König und sein Team feststellen, dass es aussichtslos war, für die 6. Klasse eine ausgebildete Lehrperson zu finden. Die mehr als zweimonatige Suche war erfolglos geblieben.

«Warum nicht etwas ganz Neues ausprobieren?», fragte sich der Schulleiter und entwarf zusammen mit seinem Kollegium das Modell St. Stephan. Mit Martina Kammacher und Leonie Aschwanden konnte König zwei erfahrene Lehrerinnen, die bereits an seiner Schule unterrichteten, für das neue Modell gewinnen.

«Ich kann mehr Zeit als früher mit der Förderung einzelner Kinder verbringen, das ist viel befriedigender», sagt Martina Kammacher. Leonie Aschwanden, die seit August 2022 ebenfalls Klassenlehrerin der 4. bis 6. Klasse ist, freut sich, mit ihrer Kollegin nicht nur das Amt der Klassenlehrerin zu teilen, sondern auch die Verantwortung. Aschwanden hatte den Zertifikatslehrgang «Heterogenität als Chance nutzen» an der PHBern absolviert. Diese Weiterbildung habe ihr zusätzliche Sicherheit bei der Übernahme der neuen Aufgabe gegeben, sagt sie.

Neben den beiden Klassenlehrerinnen unterrichten zwei Lehrpersonen, die kein Lehrdiplom für die Primarstufe haben, in der Klasse und auch Tobias König – alle mit einem Teilzeitpensum. Zusätzlich wurde eine Klassenhilfe angestellt. Diese kann einzelne Schülerinnen und Schüler bei Fragen unterstützen und leistet Betreuungsarbeit für ukrainische Kinder. «Die Klassenhilfe übernimmt ganz wichtige Aufgaben und unterstützt die Lehrpersonen sehr», sagt Schulleiter Tobias König.

Ein ganz normaler Schultag inSt.Stephan

Donnerstagmorgen, kurz nach acht Uhr. Die Schülerinnen und Schüler haben in einem der beiden Klassenzimmer in einem grossen Kreis Platz genommen. Die Besucher aus dem Unterland sowie die Schulkommissionspräsidentin und Gemeinderätin Ilona Moor sind gespannt, wie der Start in den Morgen über die Bühne geht. Lehrerin Martina Kammacher begrüsst und verteilt die Aufträge im Deutschprojekt. Die Unaufgeregtheit und der Arbeitseifer der Schülerinnen und Schüler löst bei den Gästen Staunen und Anerkennung aus. Nach kurzer Zeit arbeiten die knapp 40 Kinder in drei Gruppen an ihrem Projekt, unterstützt und angeleitet und doch sehr eigenständig.

In der Pause wird im Gespräch mit den beiden Klassenlehrerinnen klar, dass die grosse Klasse eine Aufteilung in ganz verschiedene Lerngruppen ermöglicht. Je nach Fach werden die drei Jahrgänge zusammen oder in ganz verschiedenen Gruppen getrennt unterrichtet. Bei den Vorbereitungsarbeiten ist jede Lehrperson für klar definierte Fächer verantwortlich. Dies ermöglicht es, Schwerpunkte zu setzen, die Verantwortung zu teilen sowie gezielt und auch effizient zu arbeiten. «Meine zwei Kinder gehen in die 4. bis 6. Klasse und auch bei Schulbesuchen stelle ich immer wieder fest, dass die grosse Klasse sehr gut funktioniert», freut sich Ilona Moor.