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Gedanken von Pfarrerin Stefanie Gilomen zu Ostern

«Der Mensch lebt nicht vom Brot allein»

Vor Ostern findet bekanntlich die Fastenzeit statt. Doch eine «unfreiwillige Fastenzeit» läuft mittlerweile schon seit über einem Jahr. Man hat sich einzuschränken, viele Freiheiten sind beschnitten. Die Botschaft lautet: Bleibt zu Hause! Meidet die Menschen, den öffentlichen Verkehr und die Läden. Schränkt euch ein! Und nun noch Fasten – noch mehr Verzicht?

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«Der Mensch lebt nicht vom Brot allein»

Die Teilnehmenden haben ihre Gedanken zum Fasten niedergeschrieben.

Einige Männer und Frauen in St. Stephan haben sich dennoch zu einer Fastengruppe zusammengefunden, so wie all die Jahre zuvor. Und nicht nur in St. Stephan, sondern in der ganzen Schweiz fasten in dieser Zeit über 1600 Menschen in 120 Fastengruppen. Denn ganz im Gegensatz zu den bundesrätlichen Geboten und Verboten ist der teilweise Verzicht auf Nahrung freiwillig und führt nicht zu weniger, sondern letztendlich zu mehr Freude und Freiheit! Durch das Fasten üben wir uns in der Freiheit, bewusst etwas zu tun oder zu lassen.

Fastengruppen mit positiven Erfahrungen

Sechs Tage lang haben sich die Teilnehmenden der Fastengruppe vornehmlich von zwei Gemüsebrühen pro Tag ernährt. Dies hört sich im ersten Augenblick nach Hunger und Qual an, doch die Teilnehmer machen immer wieder die gegenteilige Erfahrung. Durch das Fasten wird Energie freigesetzt, man fühlt sich wach, gestärkt und teilweise gar euphorisch. Es ist beeindruckend zu spüren und zu erleben, wozu der Körper in der Lage ist.

Doch nicht nur neue körperliche, sondern auch neue geistige Erfahrungen können in der Fastenzeit gemacht werden. So trifft sich die Gruppe während dieser sechs Tage regelmässig zum Gottesdienst, bei dem dieses Jahr der folgende Satz Moses im Zentrum gestanden ist: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.» Die Fastengruppe hat herausgefunden, was Jesus, Woody Allen, Dorothee Sölle und auch die Werbung gemeinsam haben. Sie alle zitieren nämlich den oben genannten Satz von Moses.

Unterschiedliche Sichtweisen auf eine Bibelstelle

Dorothee Sölle schreibt ziemlich pointiert: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, er stirbt sogar am Brot allein.» Sie meint damit, dass wenn wir uns nur noch an materiellen Dingen orientieren, wenn das Eigentum das Einzige ist, was wir haben und wir uns nur noch mit uns selber beschäftigen, dann ist das nicht das Leben, wozu wir bestimmt sind. Ja, wir haben Brot im Überfluss und dennoch werden wir oft nicht satt. Zu häufig suchen wir Sinn und Freude im Materiellen oder eben im Essen. Wenn wir nun einige Zeit darauf verzichten, merken wir, was uns letztendlich nährt – es ist wohl nicht nur das Brot alleine.

Vielleicht ist es ab und zu etwas mehr als Brot: Woody Allen soll ironisch gesagt haben: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. Nach einer Weile braucht er einen Drink.» Und ein Werbeslogan lautete: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein – es muss auch ein wenig Wurst dabei sein. Oder Käse tut es auch.»

Und letztendlich ist es eben nichts Materielles, das uns nährt. So zitiert Jesus in der Wüste diesen Satz ganz im Sinne Moses. Denn als Jesus in der Wüste fastete, warf er dem Teufel folgende Worte an den Kopf: «Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.»

Besinnung und Wahrnehmung des sonst Selbstverständlichen

Die Fastenzeit bietet Zeit zum Innehalten und zum Betrachten, wovon ich lebe und mich letztlich nähre. Ich freue mich jedes Jahr aufs Fasten. Was im Alltag als selbstverständlich angesehen wird, kann ich danach wieder gezielter geniessen. Dabei mache ich die Erfahrung, dass weniger mehr sein kann und durch den Verzicht etwas neues Platz hat.

«Der Mensch lebt nicht vom Brot allein»

© BEAT SCHERTENLEIB CH-ZOLLIKOFEN

Die Kirche St. Stephan als Wirkungsort von Pfrn. Gilomen.

Erstellt am: 02.04.2021

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