Vernissage des Buchs «Ds Mattedörfli»

Eine Ehrerbietung an die Vorfahren an der Matten

Zwei Urmattener sammelten während vier Jahren Informationen über das kleine Dörfchen Mutzenmatt. Was mit dem Abschreiben von Bäuert-Protokollen begann, fand seinen Abschluss in einem 250-seitigen Buch, das einen Quadratkilometer Simmentaler Heimat beschreibt.

Eine Ehrerbietung an die Vorfahren an der Matten

Die beiden Autoren Manfred Lempen und Peter Bratschi.

Die beiden Autoren Manfred Lempen und Peter Bratschi wussten nicht, wie ihr neues Buch bei der Bevölkerung ankommen wird. Gespannt warteten sie im Kirchenraum Matten, wie viele Besucher wohl kommen werden. Alles war vorbereitet: Beamer, Stühle, eine Leinwand… die Vernissage war für den vergangenen Freitagabend, 21. November 2014 angesagt.

Gut eine halbe Stunde vor Beginn kamen die ersten Interessierten und der Saal füllte sich schnell. Doch noch immer standen viele auf dem Gang. Dann rutschte jeder mit seinem Stuhl nach hinten und so, Stuhl an Knie dicht gedrängt, hatten nochmals zwei weitere Reihen Stühle Platz. Am Freitagabend und Samstagmorgen kamen zusammen fast 300 Besucher um die abwechlsungsreiche Vernissage zu sehen.

Film vom Bau des Stockenlifts

Zu Beginn der Vernissage und zur Einstimmung auf die Geschichte des Dorfes wurde ein Film vom ehemaligen Posthalter Willy Haari über den Bau und Betrieb des Skilifts Stocken gezeigt. Das Motto des Lifts lautete: «Macht euch auf die Socken, zum Skilift in den Stocken». Im Buch ist der Lift im Kapitel «Spiel, Sport und Vereine» beschrieben. Viele Besucher hatten die Zeiten des Stockenlifts (Betrieb von 1967 bis 1994) selber erlebt und die kurzen Sequenzen frischten ihre Erinnerungen wieder positiv auf.

Würdigung des Gemeindepräsidenten

Gemeindepräsident Albin Buchs freut sich über das grosse Interesse an diesem Buch. Er war einer der ersten Aussenstehenden, der es lesen durfte. Das Buch fasziniert ihn. Er empfindet grossen Respekt vor der Arbeit der beiden Autoren: «Sie legten ein grosses Engagement an den Tag, mit viel Liebe zu unserer Heimat, dem Mattendörfli und Ehrerbietung an unsere Vorfahren an der Matten. Das Werk hält die Geschichte des Dorfes fest.»

Die ersten Dokumente datieren bis ins 13. Jahrhundert zurück. Die Autoren haben es verstanden, die Geschichten in einem Buch zusammen zu fassen, verschiedene Themen zu beleuchten und die Geschehnisse für uns zu erhalten. Hier einige Kapitel, um uns «gluschtig» zu machen: Chorgericht und Totenrodel, Leben in schwierigen Zeiten, Schulwesen, Wasserversorgung, Gastgewerbe, Landwirtschaft, Gewerbe, der Flugplatz, Kulturelles, Originale und Kurioses… wussten Sie, dass es in Matten zwei Erfinder gab?

Ein Kapitel, das Albin Buchs sehr interessiert, ist das Schulwesen. Er staunt, wie das dazumal bewerkstelligt und wie die Probleme gelöst wurden.

1834 hatte es an der Matten 134 Schüler. Das sind mehr, als heute in der ganzen Gemeinde St. Stephan. Die Schule war damals nicht unumstritten: «In den Schulen werden Schreiben und Rechnen nicht ohne Widerwillen mancher Eltern gelehrt, deutsche Sprachlehre ist verhasst», schrieb 1821 der Pfarrer von St. Stephan, «im Fermel ist keine Spur von deutschen Sprachlehrübungen vorhanden, an der Matten wird noch etwas geschrieben und gerechnet».

Die Sprache und die Schrift änderte sich im Laufe der Zeit. Den Autoren ist es gelungen, diese Texte verständlich zu «übersetzen» und die verschiedenen Schriften in die heutige Form zu bringen. Einige Stellen blieben unverändert, zum Beispiel die Protokollauszüge am Schluss des Buches. Sie bieten einen guten Einblick in die Geschichte des Dorfes: «Wegen weit vorgerückter Zeit und bereits die Ankunft des Schulmeisters um Schule zu halten vorhanden; so wurde ausgesprochen, nicht abzulesen und gleich die Verhandlungen als genehmigt anerkannt.»

Inhalt des Buches

«Ds Mattedörfli» ist kein touristischer Bildband und auch kein Geschichtsbuch. Die Autoren wollten herausfinden, was man über ein Dörfchen wie Matten alles finden kann und zugleich verhindern, dass wichtige und auch weniger wichtige Begebenheiten vergessen gehen. So haben sie hauptsächlich gesammelt. Dabei ist ein buntes Mosaik über das Leben der Menschen an der Matte entstanden.

Ausgehend von den seit 1843 bis heute vorhandenen, sehr interessanten und vollständig erhaltenen Protokollen der Bäuert Matten wurde nach allen möglichen Dokumenten und Quellen gesucht, die etwas über das Mattendörfli und seine Bewohner aussagen könnten. Die ältesten Dokumente stammen aus der Zeit vor rund 700 Jahren.

Besonders schwierig war die Suche nach qualitativ guten Fotos und anderen Darstellungen. In den letzten drei Jahren wurde den Autoren sehr bewusst, dass es das Buch braucht. Damit können die Berichte älterer Leute, welche das Dorfleben in einem Zeitalter grösster Veränderungen mitmachten, erhalten bleiben.

Mit der Darstellung einiger Firmengeschichten wird diesen Veränderungen ein lebendiges Gesicht gegeben. Ein Gleiches gilt auch für die Erwähnung spezieller Mattner in Vergangenheit und Gegenwart.

Manfred Lempen und Peter Bratschi verfassten dieses Buch zusammen. Es ist ein Gemeinschaftswerk! Sie schrieben aus Liebe zu ihrem Dörfli und seinen Bewohnern. Beide sind hier aufgewachsen und wollten ihrer Heimat etwas zurückgeben und ihre Eltern und Vorfahren damit ehren.

Filmsequenzen von Hans Fahrni

Als Abschluss der interessanten und aufschlussreichen Vernissage wurden Ausschnitte aus dem exklusiven Filmarchiv von Theo Fahrni gezeigt. Sein Vater, Hans Fahrni, wurde 1907 in Zweisimmen geboren und bewirtschaftete von 1940 bis 1957 das Bodengut oberhalb des Flugplatzes St. Stephan. Neben seiner Tätigkeit als Bauer und Gwärbler verbrachte er viel Zeit mit der Filmerei. Die beiden Filme «Des Bergbauern Sonntags und Werktags» und «Es blüeit i der Bärge» brachten ihm nationale Anerkennung.

Folgende Ausschnitte aus dem Archiv wurden dem Publikum vorgeführt: Heubergen am Dürrenwald (mit Gödi Kuhnen), Holztransport im Winter vom Augstenboden, Weidheuen (Elisi und Gödi Kuhnen mit Geissen und Hund), Bergwanderung der Familien Fahrni und Kuhnen, Hans Stalder beim Bohren von Holztöcheln.

Im Anschluss wurde den Gästen im Schulhaus ein Apéro mit Züpfe, Hobelkäse und Wein serviert.

Buchverkauf

Die beiden Autoren geben das Buch im Eigenverlag heraus. Sie sind mit dem Buchverkauf vom Freitagabend und an der zweiten Veranstaltung am Samstagvormittag sehr zufrieden. Es freut sie, dass ihr Buch auf so grossen Anklang stösst.

Wer gerne ein Buch kaufen möchte, kann es direkt bei den beiden Autoren Peter Bratschi oder Manfred Lempen, Matten erwerben. Sie senden das Buch auf Wunsch auch gerne zu. Es ist auch in folgenden Geschäften zu bekommen: Papeterie Pfander, Zweisimmen, im Dorfladen Matten, in den Filialen der Raiffeisenbank Obersimmental und bei der Gemeindeverwaltung St. Stephan. Am 6. Dezember wird das Buch auch am Chlousemärit angeboten.

Fabian Kopp