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Landsgemeinde zum Erhalt der Gemeindevielfalt

Gemeinsam gegen «Wegfusionierung» kleiner Gemeinden

An der Landsgemeinde vom 30. April versammelten sich in Wimmis 180 Vertreter Bernischer Gemeinden. Mit einer Resolution wollen sie nun geschlossen gegen den «Fusionsdruck» des Kantons auftreten. Ausschlag gab der Vorschlag der Kantonsregierung, den Finanzausgleich zu senken.

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Landsgemeinde

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© Michael Schinnerling

Der Wimmiser Gemeindeverwalter Beat Schneider; Barbara Josi, Wimmiser Gemeinderatspräsidentin und Grossrätin; Thomas Knutti, Grossrat und Gemeindepräsident von Därstetten. Die drei sind sich einig, auf dem richtigen Weg zu sein.

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Barbara Josi, Wimmiser Gemeinderatspräsidentin und Grossrätin, eröffnete die Landsgemeinde in Wimmis.

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Bis auf den letzten Platz war der Saal an der Landsgemeinde in Wimmis besetzt.

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Fabienne und Arianne Wenger spielten zum Auftakt.

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Beat Schneider, Gemeindeverwalter von Wimmis, war erfreut, dass fast 200 Personen nach Wimmis kamen.

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Monika Gygax-Böninger, Gemeindeschreiberin und Grossrätin Obersteckholz, erklärte, dass man eine Fusion mit Langenthal prüfe, allerdings auf freiwilliger Basis.

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Thomas Knutti und Beat Schneider konnten es fast nicht glauben, auf welches Echo die Landsgemeinde stiess.

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Daniel Kropf Gemeindepräsident von Eriz war enttäuscht, dass man, ohne die Gemeinden anzuhören, in Bern entschieden hat.

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Thomas Knutti zeigte, dass der Weg noch lang sein wird, den man nun gemeinsam gehen will.

«Als Daniel Bichsel, FiKo-Präsident vom Grossrat, vom Finanzausgleich erzählte, konnten Thomas Knutti und ich es erst überhaupt nicht glauben. Wir hatten gerade Grossratssession und diese Neuigkeit schlug ein wie eine Bombe», so die Wimmiser Gemeinderatspräsidentin und Grossrätin Barbara Josi. Das war der Startschuss, um eine konzertierte Aktion zu starten. «Es ist unbegreiflich, dass immer wieder die ländlichen Gemeinden unter Druck gesetzt werden sollen, um zu fusionieren. Das Ziel der politischen Kräfte ist es, die Gemeinden im Kanton Bern auf 50 maximal 150 zu reduzieren», führte Josi aus. Warum sollten Gemeinden fusionieren, wenn alles läuft und die Leute zufrieden sind? «Keinem bringt es etwas, ausser Steuererhöhungen», so Josi. Grossrat und Gemeindepräsident Thomas Knutti aus Därstetten schlug in die gleiche Kerbe: «Wenn der Kanton Bern die noch verbliebenen 246 Gemeinden, vor allem aber die kleinen Gemeinden, weiterhin als ‹gefährlich› einstuft, müssen wir uns dringend und sehr laut zur Wehr setzen.» «Für viele ist heute der Begriff ‹Gemeinde› zum Teil altmodisch und unsozial und man sucht das Gute im Grossen und hat das Gefühl, grosse Gemeinden wären besser als kleine, grosse Gemeinden wären professioneller als kleine, grosse Gemeinden arbeiteten günstiger als kleine», führte Knutti aus.

Kosten sparen durch Fusionen?
«Kosteneinsparungen gelten als attraktives Argument für Gemeindefusionen in der Praxis – existieren aber nicht. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Universität St. Gallen», so der Grossrat. Aktuell subventionieren Kantone Gemeindefusionen bisher mit rund 800 Millionen (im Kanton Bern sind es in vier Jahren zwölf Millionen Franken). Der erhoffte Spareffekt bleibt vielerorts aus, weil kleinere Gemeinden bereits verschiedene Aufgaben über die Gemeindegrenzen hinweg wahrnehmen. Der Regierungsrat hatte am 26. April erklärt: «Der Regierungsrat des Kantons Bern lehnt eine Kürzung der Mindestausstattung für finanzschwache Gemeinden nach wie vor ab, weil sie nicht den Zielen des Finanzausgleichs entspricht. Deshalb unterstützt er zwei dringliche Motionen, die ebenfalls gegen diese Massnahme sind.» Hierfür findet Knutti lobende Worte: «Der Regierungsrat ist somit bereit, die geplante Senkung des massgebenden harmonisierten Steuerertragsindexes per 1. Januar 2020 von 86 auf 84 nicht umzusetzen. In diesem Sinne möchte ich dem Regierungsrat vom Kanton Bern zu diesem Entscheid ein grosses Lob aussprechen. Ich gehe davon aus, dass die Motion im Juni im Grossen Rat gute Chancen zur Annahme haben und überwiesen wird.» «Ich könnte mir auch einen Kanton Oberland vorstellen», liess Knutti die 180 Anwesenden wissen.
Ein Hasenfuss an der ganzen Geschichte
«Die Gefahr und der Plan vom Druck auf weitere Gemeindefusionen ist damit aber nicht gebannt. Der Regierungsrat hat am 6. März 2019 den Bericht ‹Zukunft Gemeindelandschaft Kanton Bern› zuhanden des Grossen Rates verabschiedet. Der Bericht zeigt Handlungsbedarf bei der Förderung von Gemeindefusionen auf. Deshalb will der Regierungsrat ein Gesamtkonzept für die zukünftige Gemeindelandschaft im Kanton erarbeiten. Dabei soll der Kanton Zusammenschlüsse von Gemeinden aus einer übergeordneten Gesamtsicht gezielter steuern», fand Knutti. «Es muss unser gemeinsames Ziel sein, den Kanton vom Ziel abzubringen. Schon heute arbeiten Gemeinden in vielen Dingen zusammen und arbeiten so kosteneffizient. Kommt dazu, dass man sich in kleinen Gemeinden noch untereinander kennt und manchmal mit einem guten Rat Probleme lösen kann», sind sich Knutti und Josi einig.
Aus der Praxis
Monika Gygax-Böninger, Gemeindeschreiberin und Grossrätin Obersteckholz: «Eigentlich ist die Finanzdebatte zu einer Fusionsdebatte geworden. Selbstverständlich soll es Gemeindefusionen geben, dann auf freiwilliger Basis und autonom in den Gemeinden.» Daniel Kropf, Gemeindepräsident von Eriz: «Das Vorgehen der Regierung, dass die Gemeinden überhaupt nicht zur Vernehmlassung eingeladen wurden, erstaunt uns Erizer doch ganz besonders. Zu den sonst planerischen Entwicklungsmöglichkeiten (kantonaler Richtplan) ist das nur ein nächster Schritt, ländliche Gemeinden zu schwächen.» «Wir sind eine der elf Gemeinden, die diese Finanzkürzung zwischen 0.75 bis 1.0 am stärksten trifft, mit 0.77 Steueranlagezehntel würden wir finanziell stark bestraft. Unser Steuersatz ist mit 1.85 Prozent sonst schon hoch. Für die Gemeinde Eriz bedeutet dies eine Senkung von 25387 Franken Finanzausgleich pro Jahr und das dauerhaft», so Kropf.
Der Resolutionsentwurf
Der Kanton Bern setzt sich bezüglich Gemeindefusionen keine Ziele in zeitlicher und quantitativer Hinsicht. Der Kanton Bern verzichtet auf Zwangsfusionen, so lange eine Gemeinde ihre Aufgaben erfüllt.

Das sagt Regierungsrätin und Finanzdirektorin Beatrice Simon dazu: «Der Regierungsrat sprach sich bereits bei der Beratung des FILAG-Berichts in der Septembersession 2018 gegen eine Kürzung der Mindestausstattung aus. Ich habe in der Grossratsdebatte darauf hingewiesen, dass eine solche Kürzung mit den Zielen des FILAG nicht vereinbar ist und nicht nur Klein- und Kleinstgemeinden trifft. Für mich doch eher überraschend war, in der Grossratsdebatte keine breite Front der Interessenvertreter der Gemeinden gegen eine solche Kürzung zu erkennen. Auch nach der Session blieben kritische Reaktionen vonseiten der Gemeinden und Kommunalverbände aus. Offenbar war man sich der Tragweite einer solchen Kürzung nicht bewusst. Der Regierungsrat hat deshalb nach dem Jahreswechsel entschieden, eine Verordnungsänderung in eine breite Vernehmlassung zu schicken, mit dem Ziel, den Entscheid des Grossen Rates einer erneuten politischen Diskussion zuzuführen. Dieses Ziel wurde insofern erreicht, als das Parlament nun in der kommenden Sommersession im Rahmen von zwei dringlichen Vorstössen nochmals über die Kürzung entscheiden kann. Die Haltung des Regierungsrates hat sich nicht verändert. Er erachtet es nach wie vor als falsch, den fein austarierten Finanz- und Lastenausgleich mit der Zielsetzung zu verknüpfen, Gemeindefusionen zu fördern.» Der Regierungsrat beantragt dem Grossen Rat deshalb, die beiden Motionen anzunehmen.

Erstellt am: 09.05.2019

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