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Vortrag über die Keramik von Abraham Marti aus Blankenburg

«Aus der Erde mit Verstand, macht der Hafner allerhand»

Letzten Freitagabend, 7. Juni zündete der renommierte Keramikexperte Dr. Andreas Heege auf Schloss Blankenburg «sein Feuerwerk von zirka 200 Keramiken auf Bildern». Man stellte verblüfft fest: So viel «Blankenburger Geschirr» gab es noch nie zu sehen und so kluge, mit Witz und Elan vorgetragene Kommentare zu den einzelnen Stücken noch nie zu hören.

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«Aus der Erde mit Verstand, macht der Hafner allerhand»

Der renommierte Keramikexperte Dr. Andreas Heege berichtete auf Schloss Blankenburg in einem «Feuerwerk» über die Keramiken von Abraham Marti und über sein Buchprojekt.

Nach Auffassung des Experten gibt es in der Kulturgeschichte des Simmentals einen grossen Künstler, der in der Öffentlichkeit kaum bekannt und dessen Lebenswerk wissenschaftlich kaum aufgearbeitet ist: den Keramikkünstler Abraham Marti. Befasst sich der Kunsthistoriker mit Keramik, stösst er früher oder später auf Abraham Marti. Kein anderer Keramiker im Kanton Bern verzierte seine Keramik und seine Kachelöfen auf eine derart farbige und expressive Weise.

Im 18. Jahrhundert gab es im Kanton Bern eine Vielzahl von Kleinbetrieben, von denen man heute kaum noch etwas weiss. Sie alle versorgten die Bevölkerung mit Gebrauchsgeschirr für Küche und Haus. In künstlerischer Hinsicht bildeten sich vier Schwerpunkte heraus: Bäriswil, Blankenburg, Langnau und Heimberg/Steffisburg.

Keramikkünstler Abraham Marti
Abraham Marti wurde 1718 in Fraubrunnen als Sohn eines Hafners geboren. Er wurde im elterlichen Betrieb zum Hafner ausgebildet. Seine Eltern starben den typischen frühen Tod damaliger Hafnersleute. Die Glasuren enthielten Blei und dies führte zur Vergiftung innerer Organe. Sein Vater hatte geschäftlich keinen Erfolg und hinterliess hohe Schulden. Abraham Marti hatte als Geschäftsnachfolger nicht nur diese Schulden zu übernehmen, er musste auch seine drei Brüder abfinden. Er sah sich deshalb gezwungen, das grosse Haus in Fraubrunnen zu verkaufen.

Bei der Wahl einer neuen Geschäftsadresse waren zwei Kriterien ausschlaggebend: In welcher Region gab es noch keinen Hafnerbetrieb? Wo waren die Liegenschaftspreise tief? Und so verlegte er seinen Betrieb an den Hüsy-Stutz in Betelried. Noch in Fraubrunnen vermählte er sich mit Magdalena Hamm. Als Junggeselle – dies nebenbei bemerkt – hätte er den väterlichen Betrieb nicht übernehmen können. Wer nicht verheiratet war, durfte damals kein selbstständiges Gewerbe betreiben. Er starb 1792 in Betelried.

Marti fand Motive im Simmentaler Alltag: musizierende Frauen und Männer, Frauen und Männer bei der Arbeit, Jägerinnen und Jäger, eine Simmentaler Kuh mit grossem Euter und immer wieder Dragoner. Letztere sind ein Hinweis darauf, dass das Simmental eine wohlhabende Gegend war. Der Dragoner musste über ein eigenes Pferd und damit über einen gewissen Wohlstand verfügen. Gelegentlich machte er sich lustig über den Luxus der gnädigen Frau Landvogt. So malte er eine Dame mit tiefem Dekolleté und mehrstöckiger Frisur, ihr beigeordnet ein Männchen mit einem Kamm, sozusagen für die permanente Wartung der kunstvollen Frisur. Solcher Spott erscheint uns heute recht gewagt. Immerhin waren die Landvögte des Simmentals und des Saanenlandes treue Kunden, die immer wieder exklusive Stücke in Auftrag gaben. Jede Szene wird von einem träfen Spruch begleitet, so der im Titel zitierte oder: «Das Gute im Härzen, die Liebste im Arm, betreibet viel Schmärzen und machet schön warm».

Schweizer Bauernkeramik findet sich auch in England und Frankreich
Dem Experten für Bauernkeramik fällt das Anschauungsmaterial nicht einfach in den Schoss. Er muss es sich in aufwendiger Kleinarbeit in Dorfmuseen und Privatsammlungen zusammensuchen. Manches schöne Stück befindet sich in Museums- oder Privatbesitz in England und Frankreich. Englische und französische Touristen, die im 18. Jahrhundert durch die Schweiz reisten, nahmen diese Stücke als Souvenirs mit nach Hause. Aufgrund von Materialvergleichen, stilistischen Merkmalen, Widmungsträgern und Jahrzahlen lassen sich auch nicht signierte Arbeiten einem bestimmten Künstler zuordnen.

Es ist an der Zeit, dass auch der eigenwillige Keramikkünstler aus Betelried die ihm gebührende Beachtung findet. Dr. Andreas Heege plant in Zusammenarbeit mit dem Historischen Museum in Bern und der Schlossstiftung ein Buch zu verfassen, das den aktuellen Stand der Forschung wiedergibt.

Erstellt am: 15.06.2019

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