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Gewerbeverein Zweisimmen

Ein Zeichen gegen überbordende Auflagen und die Bürokratie

Wegen einer erst nachträglich ausgestellten Bewilligung für Alkoholausschank wurde dem Gewerbeverein Zweisimmen eine Busse von 1100 Franken aufgebrummt. Weil Präsident Beat Salzmann dies so nicht akzeptierte, muss er nun acht Tage à vier Stunden mit gemeinnütziger Arbeit verbüssen.

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Ein Zeichen gegen überbordende Auflagen und die Bürokratie

Wegen Übertretung gegen das Gastgewerbegesetz muss Beat Salzmann acht Tage gemeinnützige Arbeit im Spital Zweisimmen leisten. Am ersten Tag half er bei der Demontage der Röntgenanlage, die durch eine neue ersetzt wird.

Seit vielen Jahren organisiert der Gewerbeverein Zweisimmen jeweils vor den Festtagen die Weihnachtsstimmung. Der Anlass ist über die Jahre gesehen kostenneutral und soll ein Beitrag und ein Dank des Vereins an die Bevölkerung sein.

Dieses Jahr passierte allerdings ein Zwischenfall, der grössere Kreise zog. Wie jedes Jahr führten Schüler der Volksschule Zweisimmen ihre Darbietungen an der Weihnachtsstimmung auf. Zusammen mit dem Konzert der Musikgesellschaft und natürlich den Ständen, sind sie ein wichtiger Programmpunkt dieses Events. Der Gewerbeverein unterstützt diese verschiedenen Aktivitäten mit einem vierstelligen Beitrag.

Weil es sehr kalt war, tranken einige Jugendliche nach ihrer Darbietung am Weihnachtsmarkt einen Glühwein. Da dieser nicht so richtig «einfuhr», wurde er noch mit einer Flasche Hochprozentigem «verdünnt». Diese Mixtur war für einige Schüler dann zuviel und sie waren gelinde gesagt «sturzbesoffen». Was früher als «jugendliches über die Stränge hauen» abgetan worden wäre, führte zu einer grossen Diskussion in der Schule, zu Problemen bei den betroffenen Eltern und Schülern und zur Strafe für den Gewerbeverein, denn erstens hatte dieser vergessen die «Gastgewerbliche Einzelbewilligung F» zu lösen und zweitens ist der Alkoholausschank an Jugendliche verboten.

Beat Salzmann tilgt Busse mit gemeinnütziger Arbeit im Spital
Gewerbevereinspräsident Beat Salzmann bedauert natürlich, ebenso wie die Betroffenen, den Zwischenfall. Er versteht aber nicht, warum jetzt so eine «Maschinerie» in Gang gesetzt wird und der Verein mit einer hohen Busse von 1100 Franken belegt wird. Darum will er mit dem Absitzen der Strafe ein Zeichen setzen und der Gewerbevereinskasse die Busse so ersparen.

Beat Salzmann schlug der zuständigen Behörde vor, dass er seine Strafe ja in der Reitschule in Bern absitzen könnte, um dort zum Beispiel nach einer misslungenen Demo beim Aufräumen zu helfen. Der Beamte in Thun verstand aber den Hinweis auf viel schlimmere (meiste ungesühnte Taten) nicht. Ironie scheint ihm unbekannt zu sein, er meinte nur in vollem Ernst: «Das wird wohl nicht möglich sein». Damit begann der Beamtenapparat zu laufen und die Justiz verurteilte den Gewerbevereinspräsidenten zu einer Busse oder einer ersatzweisen Freiheitsstrafe von acht Tagen.

Interessant ist, dass ein Beamtentag scheinbar nur aus vier Stunden besteht, denn Beat Salzmann konnte so am Montag bereits zwei Tage absitzen.

Was will der Gewerbeverein bezwecken?

Aber warum zahlt der Gewerbeverein nicht einfach die Busse? Der Vorstand will mit der Aktion ein Zeichen gegen die immer weiter überbordende Verwaltung und den Papierkrieg setzen. Ausserdem befürchtet er, dass durch die Hürden der Bürokratie solche Veranstaltungen nicht mehr durchgeführt werden, weil keiner mehr den grossen Aufwand und die Verantwortung auf sich nehmen will. Dem Vorstand sind bereits mehrere Fälle bekannt, wo genau aus solchen Gründen langjährige Anlässe nicht mehr weitergeführt wurden.

Welche Bewilligungen braucht es für ein Fest?

Wenn jemand eine öffentliche Veranstaltung organisieren will, so braucht er eine Bewilligung von der Gemeinde oder dem Regierungsstatthalter. Die einfachste Bewilligung ist die «Gastgewerbliche Einzelbewilligung F». Auf dieser Bewilligung werden die Auflagen aufgelistet, die einzuhalten sind. Dabei geht es um den Jugendschutz (Alkoholausschank), Lärmschutz, Brandschutz, Schutz vor Passivrauchen sowie den Umweltschutz. Bei grösseren Anlässen können diese Auflagen auch mehrere Seiten umfassen und werden sowohl von der Gemeinde als auch vom Kanton vorgegeben.

Es wird zwischen Laien und Profis unterschieden. Konzertveranstalter oder Tontechniker zum Beispiel haben die Auflage, Protokoll über die Lautstärke zu führen. Bei den vier Warenmärkten in Zweisimmen gibt es eine Bewilligung für die jeweiligen Tage, Marktfahrer besitzen aber zum Beispiel eine Bewilligung für den Alkoholausschank. Werden mehr als 500 Personen erwartet, braucht es auch ein Sicherheitskonzept.

Die Polizei hat die Aufgabe, die Anlässe zu kontrollieren. Dazu erhält sie die Bewilligungen von den jeweiligen Stellen. Bei grösseren Anlässen arbeitet sie auch mit den Veranstaltern zusammen. Bezirkschef Daniel Rhyn betont, dass die Polizei nicht für die Gesetze zuständig ist. Immer wieder kommt es vor, dass die Polizei für die Vorschriften verantwortlich gemacht wird. «Wir sind nur für die Kontrolle der Einhaltung verantwortlich, nicht für die politischen Vorgaben.»

Neben den nötigen Bewilligungen gibt es auch noch die gesetzlichen Vorgaben. Hier sind unter anderem das Lebensmittelgesetz, die Hygieneverordnung… Um diese Gesetze alle einhalten zu können braucht es so viel Wissen, dass der Laie dieses gar nicht alles wissen kann. Als Veranstalter sollte man darum auf seinen Menschenverstand vertrauen. In der überregulierten Schweiz ist es gar nicht möglich, alles immer ganz korrekt einzuhalten. Daher trägt man automatisch ein Restrisiko.

Erstellt am: 27.06.2019

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