In Zweisimmen entsteht die grösste Fotovoltaik-Anlage im Raume Obersimmental/Saanenland
Kopp Druck+Grafik AG deckt ihren Verbrauch zu 200% mit Solarstrom
An der Gewerbestrasse 1 und 1A wird künftig die vom Stromnetz bezogene Energie drastisch gesenkt. Vor einem Jahr wurde die Elektro-Speicherheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt. Jetzt wird auf dem Süddach die bisher grösste Fotovoltaik-Anlage der Region gebaut.
Vor 25 Jahren wurden an der Gewerbestrasse die beiden Gebäude 1+1A erstellt und bezogen. Die damals geplanten oder bereits gebauten AKWs produzierten genügend Band-Energie für verschwenderischen Stromverbrauch. Der in der Nacht produzierte Strom musste verbraucht werden. Direkt- und Speicherheizungen wurden darum in Mode gebracht, obwohl sie damals mit dem billigen Erdölpreis nicht konkurrieren konnten. Die damalige Elektro SISA AG als Bauherrin der beiden Gebäude entschloss sich als Elektrofirma für eine gemeinsame, saubere Elektro-Heizung mit 8000 Liter Wasserspeicher und Bodenheizung. 24 Jahre hatte diese einwandfrei funktioniert und hätte ihren Dienst wohl noch Jahrzehnte ohne neue Investitionen geleistet. Nach einigen Jahren stellte die BWK ihre Energielieferung um, indem sie solche Heizungen auf Werksteuerung umstellte. Sie lieferte ab dann ihren Überschuss-Strom, wenn vorhanden und benötigt, auch tagsüber zum Niedertarif. Die Speicher wurden, wenn Überproduktion vorhanden war, nun auch tagsüber nachgeladen.
In der Gewerbezone liegt der Grundwasserspiegel nur wenige Meter unter der Erdoberfläche. Damit bot sich die Möglichkeit, mittels einer Wärmepumpe den Stromverbrauch drastisch zu reduzieren. Das 8–12 Grad warme Grundwasser wird südseitig des Gebäudes gefasst, ins Gebäude geleitet und mittels Wärmepumpe dem Wasser die vorhandene Wärme entzogen. Nach dem Wärmeentzug bis ca. vier Grad wird das abgekühlte Wasser nordseitig wieder ins Grundwasser zurückgeführt. Für die letztjährige Heizperiode konnte im Spätherbst die Anlage in Betrieb genommen werden. Mehr als zwei Drittel des bisherigen Stromverbrauchs können so eingespart werden.
Den einzigen Wermutstropfen lieferte die BKW (seit 25 Jahren Stromlieferant). Mit der neuen Wärmegewinnung setzte die BKW die Werksteuerung ausser Betrieb und bestraft so die Stromsparer mit Hochtarifstrom. Mit Tüfteln konnte die neue Heizung aber so optimiert werden, dass erst ab ca. 10 Minusgrad Aussentemperatur zusätzlicher Tag-Strom bezogen werden muss. Die Fussbodenheizung wird ab 21 Uhr wie ein Speicher aufgeladen und erreicht morgens vor der Umstellung auf Hochtarif um 7 Uhr die benötigte Wärme. Die so im Boden und Gebäude gespeicherte Wärme reicht bis abends, wenn wieder zum Nachttarif geheizt werden kann. Die Geräte in den Büros und die Sonneneinstrahlung helfen ebenfalls mit, dass die Raumtemperaturen tagsüber im gewünschten Bereich bleiben.
Noch einen Schritt weiter gehen die Energiefreunde an der Gewerbestrasse 1+1A, indem sie die Sonnenenergie vom Himmel einfangen. Acht Firmen mit rund 55 Mitarbeitern, die Bergquellen-Betreuten Personen, die dort Essenden und zwei Wohnungen brauchen Strom. Das optimal ausgerichtete Süddach wird zur Stromerzeugung mittels PV-Anlage genutzt. Auf der über 500 m² grossen Süddachfläche können ca. 90% mit Fotovoltaik-Panels belegt werden. Die Nennleistung der PV-Anlage beträgt 68 kWp. Es kann künftig soviel Strom produziert werden, dass der Stromverbrauch im Gebäudeteil der Kopp Druck+Grafik AG mit Siebdruckatelier Balsiger plus eine Wohnung inkl. Heizstrom zu 200% gedeckt werden kann. Oder zu zwei Dritteln für beide Gebäudeteile inkl. Heizenergie.
Am 23. März 2007 hat das Parlament im Zuge der Verabschiedung des Stromversorgungsgesetzes (StromVG) auch das Energiegesetz (EnG) revidiert. Mit der kostendeckenden Einspeisevergütung für Strom aus erneuerbaren Energien (KEV) sollen dafür jährlich rund 247 Millionen Franken für Abgeltungen geleistet werden.
Erfreuliches gibt es von der BKW zu berichten. Bisher vergütete die BKW als Solarstromabnehmer Minimalstpreise. Grössere Stadt-Stromwerke sowie Gemeinden bezahlten für Solarstromerzeugung seit Jahren das x-fache. Nun vergütet auch die BKW bis zum Erhalt der KEV-Vergütungen 80% von deren Ansätzen (minus 9,72 Rp. Rücklieferungsabzug). Die KEV wird während 20–25 Jahre ausgerichtet, sofern man in der langen und gedeckelten Warteliste das Glück hat, an die Reihe zu kommen.
Die meisten Panel-Hersteller geben auf ihren Produkten nach 20/25 Jahren eine Garantie von 80% ihres Leistungs-Nennwertes. Somit ist anzunehmen, dass solche Anlagen auch nach deren Garantie-Ablauf weiterhin noch viele Jahre Strom – dann fast gratis – produzieren werden.
Laut der Solarindustrie könnte der Stromverbrauch der Schweiz zu einem Drittel mittels Foto-Voltaik hergestellt werden, sofern die geeigneten Süddächer mit Solar-Panels ausgestattet würden. Dazu müssten aber neue, intelligente Niederstromnetzwerke erstellt werden (Smart Grid). Diese integrieren sämtliche Akteure auf dem Strommarkt durch das Zusammenspiel von Erzeugung, Speicherung, Netzmanagement und Verbrauch in ein Gesamtsystem: Die Erzeugung von Strom wird von Kontrollsystemen gesteuert. Da mit diesem System immer nur so viel Strom produziert wird, wie benötigt, werden Netzüberlastungen vermieden.
Uran, Erdöl, Erdgas usw. werden bald zur Neige gehen. Um dem kontinuierlich steigenden Energieverbrauch sinnvoll entgegenzuwirken, haben die sieben Firmen/Familien an der Gewerbestrasse 1 bewiesen, dass man sich Energie bewusst und 1A verhalten kann.
Erstellt am: 29.09.2011