Gstaad Menuhin Festival & Academy

Mozart und Nyman im Wechselspiel

Der Hamburger Pianist Sebastian Knauer hatte bei seinem Auftritt in der reformierten Kirche Zweisimmen am Dienstag, 27. Juli, ein ebenso ungewöhnliches wie bemerkenswertes Programm im Gepäck: Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und dem britischen Komponisten Michael Nyman. Allerdings nicht, wie man es typischerweise erwarten würde, mit einem «klassischen» und einem «modernen» Konzertteil. Vielmehr spielte Knauer jeweils einen Satz aus einer Mozart-Sonate und im Anschluss ein von Mozart inspiriertes, eigenes für Knauer und das Projekt komponiertes Werk von Nyman. Diese Gegenüberstellung der Stücke brach mit klassischer Aufführungstradition – und ermöglichte neue Hörerlebnisse.

Mozart und Nyman im Wechselspiel

Sebastian Knauer bei seinem Konzert in der reformierten Kirche in Zweisimmen.

Unter dem Thema «London» steht das diesjährige Gstaad Menuhin Festival und so passte das jüngste Projekt von Sebastian Knauer perfekt hinein: «The Mozart Nyman Concert» entsprang der Idee, zwei von Knauer besonders geschätzte Komponisten in einem Projekt zusammenzubringen, nämlich Wolfgang Amadeus Mozart (1756– 1791) und den Londoner Michael Nyman (*1944).

Verschiedenen Klangwelten ergänzten sich

In der ersten Hälfte des ohne Pause gespielten Programms spielte Knauer besonders bekannte Sonatensätze aus Mozarts Schaffen, so das I. Allegro aus der Klaviersonate Nr. 16 (KV 545), das II. Andante cantabile aus der Klaviersonate Nr. 10 (KV 330) und den dritten Satz III. Allegro assai aus der Klaviersonate Nr. 12 (KV 332), jeweils verbunden mit den ersten drei der «Sechs Klavierstücke für Sebastian Knauer» von Michael Nyman.

Der eher heitere Grundcharakter der mozartschen Sonatenteile wurde dabei von Nyman auf seine ganz eigene Art reflektiert. Nyman, der als Vertreter der «minimal music» angesehen wird, griff dabei allerdings nicht vordergründig Mozart-Motive auf oder lieferte einen «modernisierten» Mozart, sondern brachte mit seinem eigenen Stil und seiner Klangsprache eine Verbindung zustande, die gleichsam völlig anders als Mozart zu den Zuhörern sprach und dennoch mit Mozart als harmonisches Ganzes wirkte. So sagt Nyman selbst, dass der Schaffensprozess weniger durch die intellektuelle Analyse der Mozart-Sonaten geprägt war, als vielmehr durch das praktische Spiel der Sonaten, die Nyman bereits als Kind in seiner musikalischen Ausbildung erlernte.

Der – im Gegensatz zu manch anderer zeitgenössischer Musik – weniger «kopflastige» Ansatz von Nyman macht die für Sebastian Knauer komponierten Stücke denn auch für weniger geschulte Ohren zugänglich: die langsame Fortentwicklung seiner Musik erschliesst sich ebenso leicht wie die heiter-perlende Leichtigkeit in Mozarts Sonaten, gleichwohl verbirgt sich bei Nyman – gleich wie bei Mozart – unter der Oberfläche eine Dichte und Komplexität, die sich erst bei genauem Hinhören erschliesst.

Neues Hörerlebnis für Altbekanntes

Knauer und Nyman ist es mit dem Projekt «The Mozart Nyman Concert» nicht nur gelungen, das «alte» und bekannte Mozart-Werk mit Neuem zu verbinden. Die Verbindung schafft für den Hörer auch die Möglichkeit, Mozart neu zu entdecken, zu er-hören und den Spuren Mozarts in den Stücken von Nyman nachzuspüren. Die reichlich bekannten Sätze aus Mozarts Sonaten erstrahlten durch die Kontrastierung mit Nyman gar glanzvoller, als dies vielleicht bei einem reinen Mozart-Abend der Fall gewesen wäre.