Das Gautschen ist ein bis ins 16. Jahrhundert zurückverfolgbarer Brauch des Druckereigewerbes, bei dem der Lehrling nach bestandener Abschlussprüfung im Rahmen einer Freisprechungs-Zeremonie mit Wasser getauft und in die Zunft der Schwarzkünstler aufgenommen wird. Das Gautschen wird auch als symbolische Massnahme betrachtet, die schlechten Gewohnheiten aus der Lehrzeit abzuwaschen. Die Bezeichnung Gautschen kommt aus der Fachsprache der Papiermacher, worunter das Zusammenpressen der Papierbahnen zum Zwecke der Entwässerung verstanden wird. In Drucker- und Setzerkreisen nennt man das Gautschen den feierlichen Taufakt, der den Ausgelernten erst berechtigt, sich als zünftiger Berufsgenosse zu fühlen.

Selbstverständlich wussten mit Ausnahme von Pascal Josi alle Beteiligten, wann das Gautschen stattfinden sollte. So wurde der völlig Überraschte vergangenen Mittwoch kurz vor der Mittagspause von seinen Mitarbeitern abgefangen und widerstandslos in einen Roll-Container gepackt und festgebunden. Die Spazierfahrt durch Zweisimmen, angeführt von zwei Alpentrommlern und umgeben vom ganzen Team und der Familie war für Pascal bestimmt ein einzigartiges Erlebnis. Beim Dorfbrunnen angekommen, wurde er, wie es zu einem richtigen Gautschakt gehört, auf den Ruf des Gautschmeisters René Jaggi im historischen Gewand: «Packt an und lasst seinen corpus posteriorum auf diesen nassen Schwamm fallen, bis triefen beide Ballen», von den beiden Packern und vom Schwammhalter auf einen nassen Schwamm gesetzt. Bei den Worten: «Der durst’gen Seele gebt ein Sturzbad obendrauf», bekam der Gäutschling zwei Eimer Wasser über den Kopf. Anschliessend wurde Pascal ins kühle Nass des Dorfbrunnens geworfen. Der Gautschmeister, die Packer und der Schwammhalter stammen nach Überlieferung übrigens alle aus dem Kreis der Schwarzkunst und wurden selbst auch bereits gegautscht. Die anderen Anwesenden waren Zeugen, welche die Zeremonie durch ihre Präsenz beglaubigten. Pascals Familie hielt ihm frische und trockene Kleider bereit, an diesem kühlnassen Sommertag eine hilfreiche Unterstützung. Die Übergabe des Gautschbriefes fand bei einem Glas Sekt statt, bevor alle das Mittagessen im Gasthof Bären genossen.

Pascal Josi wird der Firma Kopp Druck + Grafik bis zum Beginn der RS Ende Oktober treu bleiben. Und sollte er später bei der Jobsuche nach seinem Gautschbrief gefragt werden, wird er diesen vollbepackt mit starken Erinnerungen und berechtigtem Stolz vorweisen können.