Podiumsdiskussion über die Ausschaffungsinitiative
Faires Duell zweier Kontrahenten
Am Dienstag, 2. November 2010 lud die SVP zur Podiumsdiskussion über die Ausschaffung krimineller Ausländer in den Lötschbergsaal in Spiez ein. Die Nationalräte Adrian Amstutz und Alec von Graffenried freuten sich über das grosse Interesse und versuchten die Anwesenden von ihrer Meinung zu überzeugen.
Eröffnet wurde der Abend im üblichen SVP-Stil mit heimatlichen Klängen. Der Jodlerklub Wimmis stimmte die zahlreich erschienenen, etwa 150 Anwesenden musikalisch ein. Die Zuhörer kamen überwiegend aus dem SVP-Lager. Trotzdem baute der Moderator Markus Josi ein faires Streitgespräch zwischen dem SVP-Nationalrat Adrian Amstutz und seinem gegenüber, dem Grünen-Nationalrat Alec von Graffenried auf.
Als erster durfte Adrian Amstutz sein Statement abgeben. Er votiert für die Ausschaffungsinitiative und empfiehlt auch ein Nein zum Gegenvorschlag in die Urne zu legen. Für ihn ist der Ausländeranteil in den Schweizer Gefängnissen von etwa 70 Prozent viel zu hoch. Dazu tragen seiner Meinung nach vor allem die «Kuscheljustiz» und die «Luxusgefängnisse» in der Schweiz bei. Beides sei zu wenig abschreckend und müsse daher verschärft werden. Kriminelle Ausländer würden nur eine einfache und klare Sprache verstehen, daher ist für Amstutz klar: «Wer kriminell ist, wird ausgeschafft».
Nationalrat Amstutz lehnt den Gegenvorschlag vor allem wegen der zu hohen Kosten ab. Dieser verlangt eine Integrationspflicht auf allen Ebenen (Bund, Kanton, Gemeinden) und führt zu sehr viel höheren Ausgaben. Wo, wenn nicht in der Schweiz, haben Integrationswillige mehr Möglichkeiten? «Schulen, Kindergärten, Berufsausbildungen, Studienplätze, Sprachkurse, Sportvereine und kulturelle Möglichkeiten stehen den Ausländern zur Verfügung. Wer will kann ‹jutzen› gehen oder in einer Tanzgruppe mitmachen». Wer sich integrieren möchte, kann heute bereits mit sehr geringen Kosten integriert werden.
Alec von Graffenried war vom Besucheraufmarsch begeistert. Er ist immer wieder erstaunt, wie viele Anhänger die SVP mobilisieren kann. Er ist gerne nach Spiez gekommen, auch wenn es für ihn schwierig sei, die SVP-Wähler mit seinen Ansichten zu überzeugen. Für den Juristen von Graffenried liegt das Problem der Ausschaffung nicht beim Wollen, sondern beim Können. Wenn wir die Frage stellen: «Sollen kriminelle Ausländer ausgeschafft werden?», dann ist klar, dass eine grosse Mehrheit mit Ja stimmt. Das Problem ist nicht die Antwort, sondern die Frage, denn diese ist seiner Ansicht nach falsch gestellt. «Schon heute werden kriminelle Ausländer ausgeschafft. Die Ausschaffungen werden in einem Verfahren durchgeführt und zwar in einem korrekten Verfahren». In der Praxis ist dies jedoch nicht so einfach. Die Justiz muss erst einmal die Herkunft von den Ausländern herausfinden, bevor diese ausgeschafft werden können. Dabei müssen die Behörden die Herkunft eindeutig klären und erst dann kann das Verfahren weiter verfolgt werden.
Nationalrat Alec von Graffenried ist sicher, dass die Kriminalität in der Schweiz nicht zugenommen hat. «Heute wird einfach genauer hingesehen». Früher war zum Beispiel Vergewaltigung in der Ehe nicht strafbar. Daher wurde aufgrund dieses Deliktes nicht ausgewiesen, obwohl es schon immer solche Verbrechen gegeben hat. So sind die Kosten für die Integration seiner Ansicht nach nicht zu hoch, denn wer gut integriert ist, wird auch weniger straffällig. Er plädiert für 2×Nein.
Nach Ansicht des Juristen Alex von Graffenried ist die gleichzeitige Umsetzung sowohl der Initiative als auch des Gegenvorschlags diesmal kein Problem. Fabian Kopp