Stellungnahme des Ärztekollegiums Obersimmental
Einer der kleinsten Dienstkreise im Kanton
Stellungnahme zum Leserbrief der Familie Schneider
Mit Freude haben wir zur Kenntnis genommen, dass die Hochzeitsfeier ihres Sohnes an der Lenk ein voller Erfolg war. Es ist bedauerlich, dass es am Montag danach zu einem kleinen Unfall gekommen ist, aber offenbar erhielt das Opfer in Zweisimmen rasche Hilfe. Dass man jetzt nicht zur Tagesordnung über gehen kann und die lokale Presse bemüht, erstaunt uns sehr, denn die von der Familie Schneider erhobenen Vorwürfe sind zum Teil falsch und im Ton inakzeptabel.
Und nun der Reihe nach: Seit vielen Jahren organisiert das Ärztekollegium Obersimmental die Notfalldienste für die Gemeinden Lenk, St. Stephan, Zweisimmen und Boltigen, wobei für die Weekends sechs und für die Wochentage sieben Kollegen zur Verfügung stehen. Es ist in diesem Zusammenhang also völlig tatsachenwidrig, dass man gelegentlich nach Erlenbach fahren muss. Der Dienstkreis Obersimmental ist mit ca. 16 000 Einwohner einer der kleinsten im Kanton Bern, was bedeutet, dass in anderen ländlichen Regionen die Patienten noch viel weiter zum Dienstarzt fahren müssen, welcher gelegentlich bis 60 000 Einwohner versorgen muss! Im Saanenland ist von Saanenmöser über Abländschen bis nach Gsteig und Lauenen ebenfalls ein einziger Arzt für die Notfallversorgung zuständig, ebenfalls im ganzen Niedersimmental inklusive Wimmis und das Haslital wird bis zum Susten- und Grimselpass ebenfalls von Meiringen aus versorgt.
Wenn nun Touristen an der Lenk für sich in Anspruch nehmen, dass immer ein Arzt anwesend sein muss, ist das unrealistisch. Der Leserbrief der Familie Schneider lässt jeglichen Sachverstand für die aktuelle ärztliche Versorgung auf dem Lande vermissen und trägt in keiner Weise zu irgendeiner Verbesserung bei. Wir möchten bei dieser Gelegenheit unsere Bevölkerung nochmals vorwarnen, was in den nächsten sieben acht Jahren auf uns zukommen wird, wenn wir nicht junge Ärztinnen und Ärzte als Nachfolger für unsere Praxen rekrutieren können: Das Durchschnittsalter unseres Kollegiums beträgt über 59 Jahre, vier davon erreichen spätestens nach vier Jahren das Pensionsalter.
Falls Praxen geschlossen werden, können die verbleibenden Ärzte den Notfalldienst im Obersimmental nicht mehr aufrecht erhalten. Bis es aber soweit ist, sind wir der Meinung, dass es problemlos zumutbar ist, sich von Lenk nach Zweisimmen oder von Boltigen an die Lenk zu verschieben, um sich ärztlich versorgen zu lassen.
Dr. med. G. Fetzer; Dr. med. B. Hählen; Dr. med. R. Härri; Dr. med. H. Niklaus; Dres. med. J.+M. Perrin; Dr. med. U. Stucki; Dr. med. T. Zimmerli