Tellspiele Interlaken Christine Lüthi und Lena Gempeler
Einfach einmal beworben
Die Tellspiele haben nach über 110 Jahren Wilhelm Tell durch Robin Hood ersetzt, um frischen Wind in die Inszenierung zu bringen. Mit dabei sind aus dem Simmental die 56-jährige Christine Lüthi (Schwester Tack) von der Lenk und die 15-jährige Lena Gempeler (SID) aus Wimmis. Beide lieben ihre Rollen, welche doch sehr unterschiedlich sind.
Lena Gempeler (li.) aus Wimmis spielt die zweite Saison bei den Tellspielen. Christine Lüthi spielt zum ersten Mal bei den Tellspielen.
© Michael Schinnerling
«Schnäll chömet, dr Allen ä Dell isch da», ist das erste, was Lena Gempeler aus Wimmis auf der Bühne ruft. Damit meint Lena den Bänkelsänger, der «Loset Lüt» zum Besten gibt. Der Bänkelsänger begleitet die Handlung mit Versen, was dem Stück einen Hauch von Musical verleiht. Seit letztem Jahr spielt Lena die weibliche Figur des «SID.» «Die Rolle ist witzig zu spielen zusammen mit all den anderen Kindern», erklärte die Wimmiserin.
Seit Februar steht Lena für die zweite Ausgabe des Robin Hood auf der Freilichtbühne in Matten. «Texte auswendig zu lernen fällt mir leicht, wenn mich die Rolle interessiert.» So speziell wie ihre Rolle ist, so speziell ist ihr Ausbildungswunsch: «Ich werde Kältesystem-Monteurin EFZ», so die Wimmiserin die in die 9. Klasse geht.
Begonnen hatte alles bei der Dernière 2023. Diese begeisterte sie. Dann bewarb sich Lena, ging zum Casting und sollte vor Ort einen Text auswendig lernen. «Dann sollte ich diesen vor ein paar Leuten vortragen. Nervös war ich in dem Moment nicht», so Lena. Und zack wurde sie genommen. Lena ist mitten im Volk zu sehen. Sie wirbelt mit vielen anderen Kindern über das Spielareal. Und strahlt viel Selbstbewusstsein aus. «Ich darf hier eine kleine Rolle spielen und das ist doch schön. Ich würde jedem raten, hier einmal zum Schauen zu kommen, weil das Stück einfach super ist». «Die Geschichte spielt in einem anderen Land und es ist einmal etwas anderes», hängte die Schülerin an.
Hellauf begeistert
Als Christine Lüthi 2024 die Tellspiele sah, war sie hellauf begeistert. Hier einmal mitmachen, wäre doch was. Präsident Pascal Minder hörte davon und nahm mit Lüthi Kontakt auf. «Als Pascal anrief und fragte, ob ich mich für das Casting bewerben wolle, wurde auch von der Rolle gesprochen. Allerdings habe ich mich dann einfach beworben, ohne Nennung einer Rolle. Aber beim Vermerk, ob ich singen könne, habe ich frech ein Kreuzchen gemacht», schmunzelte die ausgebildete Sängerin.
«Als ich zum Casting eingeladen wurde, sollte ich mich auf zwei Rollen vorbereiten, einmal den Minnesänger und zum weiteren auf Schwester Tack.» In der Hoffnung auf die Rolle des Nachtwächters/Minnesängers ging Lüthi zum Casting. «Schon in der Vorbereitung gefiel mir die Rolle der Schwester Tack besser. Ausserdem wollte ich gerne spielen und nicht unbedingt singen, denn Letzteres habe ich oft genug vor Publikum unter Beweis stellen dürfen. Im Schauspiel hingegen bin ich ein «Greenhorn». Nach dem Casting wurde mir mitgeteilt, dass sie mich für die Rolle der Schwester Tack vorgesehen haben.»
Die grosse Tellfamilie
Die meisten der Ensemblemitglieder könnten vom Alter her locker Lüthis Kinder sein. «Das bedeutet junges Blut, Innovation, keine geistige Verknöcherung. Viel Spass und eine generelle Energie, von der ich regelmässig tanken kann. Ich komme mir vor wie ein müdes Elektroauto, das in jeder Probe seinen Stecker ansteckt und mit der Energie der jungen Leute aufgeladen wird», beschreibt Lüthi die Tellfamilie.
«Es herrscht echte Kollegialität unter den Jungen ohne Frage nach Beruf und Bildung. Und das «alte Müeti» und seine paar gleichaltrigen Mitstreiter werden von den Jungen geschätzt und liebevoll mit einbezogen». Zum Schluss unterstreicht Lüthi ihre grosse Dankbarkeit, ein Teil der Tellfamilie sein zu dürfen. Noch bis zum 6. September gibt es Aufführungen von Robin Hood.
Lena Gempeler aus Wimmis spielt die zweite Saison bei den Tellspielen. Hier läuft Lena mit der braunen Schürze mit dem Volk mit.
© Michael Schinnerling