Diemtigen schliesst nach fünf Jahren das Kapitel Jahrhundert-Hochwasser

Das Hochwasser von 2005 ist mit wenigen Ausnahmen Geschichte

Gut fünf Jahre nach dem Jahrhundert-Unwetter haben die Gemeinde Diemtigen, die Schwellenkorporation Diemtigtal, die Bäuertgemeinde Oey und Diemtigtal Tourismus mit punktuellen Besichtigungen, einer Ausstellung, der Herausgabe einer Broschüre und mit einem eindrücklichen Festakt einen Schlussstrich unter die Katastrophe gezogen. Die Schäden, die am 22. August 2005 von den Wassermassen aus Kirel, Fildrich und den 32 Diemtigtaler Seitengräben verursacht worden sind, betrugen rund 90 Millionen Franken. Dank der riesigen Solidarität von Hilfswerken, Organisationen, Firmen und Privatpersonen, aber auch dank dem fast übermenschlichen Einsatz der lokalen Verantwortlichen und der gesamten Bevölkerung konnten die Schäden inzwischen weitgehend behoben werden.

Schaden Nr. 41: Güterweg am Rüttigraben. Die elf Holzkastenverbauten oberhalb, die Verbauungen und Hangsicherungen unterhalb des Strässchens und die Wiederinstandstellungs-Arbeiten am Güterweg kosteten 443000 Franken.

Schaden Nr. 41: Güterweg am Rüttigraben. Die elf Holzkastenverbauten oberhalb, die Verbauungen und Hangsicherungen unterhalb des Strässchens und die Wiederinstandstellungs-Arbeiten am Güterweg kosteten 443 000 Franken.

Die Jodlerguppe Schwenden eröffnete den Festanlass «Hochwasser, fünf Jahre danach» mit dem treffenden Liedtitel «Man soll den Tag mit Dank verbinden». Dieses Motto nahm Gemeindepräsident Peter Knutti in seiner Begrüssung auf: «Man kann gar nicht allen persönlich danken, aber ihr wisst, welche Botschaft ich überbringen will. Wir wollen mit diesem Anlass allen Helferinnen und Helfern symbolisch etwas zurückgeben».

Zerstörung, Wiederaufbau, neues Erscheinungsbild

«Das Hochwasser von 2005 ist mit wenigen Ausnahmen Geschichte». Mit dieser Feststellung schloss Kurt Luginbühl später den offiziellen Festakt in der Mehrzweckhalle Diemtigen. Als Einsatzleiter der Wehrdienste hatte er die Arbeit der Wehrdienste in den dramatischen Stunden und Tagen geleitet. «In der Erinnerung sind mir drei Bilder geblieben. Erstens: Die Steigerung vom Routineanlass zur Katastrophe mit der totalen Zerstörung. Zweitens: Der Start zu den Aufräumarbeiten mit dem Grosseinsatz von Baumaschinen, die Materialschlacht und die Rückkehr der evakuierten BewohnerInnen und drittens das neue Dorfbild, fünf Jahre nach dem Ereignis», gab Kurt Luginbühl zu Protokoll. Pflichtbewusst hatte er in den Tagen nach der Katastrophe das öffentliche Amt vor die eigenen Interessen gestellt, obwohl auch sein Betrieb schwere Schäden erlitten hatte.

Zweifel wichen der Zuversicht

Auch Beat Klosser, 2005 Gemeinderatspräsident von Diemtigen, stand während Tagen und Wochen im Dauereinsatz. «In den ersten Tagen kamen bei mir Zweifel auf, ob wir diese Schäden überhaupt jemals beheben könnten. Bald wichen aber diese Ängste, angesichts der grossen Unterstützung von überall her, einer grossen Zuversicht. Wir werden ewig an diese Solidarität denken. Heute sind wir froh, dass wir bezüglich dem Wiederaufbau von Strassen, Brücken und Wanderwegen keine Kompromisse eingegangen sind. Einzelne Projekte waren bestritten, was aber angesichts der 40 Millionen Schäden an Einrichtungen des Gemeinwesens verständlich ist. Mit dem heutigen Tag schliessen wir ein Kapitel der Diemtiger Geschichte».

Diplomatie war gefragt

Für Jakob Mani begann mit dem Nachlassen der Sintflut eine Zeit der Erfahrungen, Lehren, Enttäuschungen, aber auch der Genugtuung. Als Präsident der Schwellenkorporation Diemtigtal hatte er die Wiederinstandstellungsarbeiten an den Bach-, und Flussläufen zu koordinieren. Zur Behebung der Schäden hat die Schwellenkorporation bis heute 14 Millionen Franken verbaut. «Um all die Einzel-Interessen der zahlreichen Partner unter einen Hut zu bringen, brauchte es diplomatisches Geschick und viel Fingerspitzengefühl. Heute dürfen wir stolz sein auf das Erreichte», sagte Jakob Mani, dem im Laufe des Wiederaufbaus auch die Ehre zugekommen war, den Gesamtbundesrat über die Arbeiten zu informieren. Dem anwesenden Regierungsrat Hans-Rudolf Käser übergab er zuhanden der Berner Bau-, Energie- und Verkehrsdirektorin Barbara Egger ein Diemtigtal-Buch für deren unkomplizierte und unbürokratische Unterstützung.

Ohne Unwetter kein Bahnhofneubau

Ohne Unwetter hätte Oey heute wohl keinen neuen, modernen Bahnhof, bestätigte Infrastrukturchef Daniel Wyder an der Feier. Die BLS hatte sich als Folge der gigantischen Schäden ebenfalls zu einem zukunftsorientierten Handeln entschieden. Heute präsentiert sich der Bahnhof Oey als moderne S-Bahnstation mit gleisfreiem Zugang und überdachten Perrons. Einbezogen in die Umgebungsarbeiten wurde die Neugestaltung der Postautohaltestelle.

Die Infrastruktur lag darnieder

Die Kantonsstrasse war zwischen Oey und Horboden auf einer Länge von mehr als zwei Kilometern total zerstört worden. Nicht weniger als 71 Schadensstellen wies allein das Bäuert- und Güterstrassen-Netz auf. Das Wanderweg-Netz, vor allem der Talweg waren erheblich geschädigt worden. Brücken und Wasserverbauungen an der Kirel, am Fildrich, an der Simme und an den Rütti- und Klosengräben, usw. hatten schwerste Schäden erlitten. Die Wasserversorgungen Diemtigen und Oey waren arg in Mitleidenschaft gezogen, das Kanalisationsnetz über Kilometer zerstört und an weiteren Stellen unterbrochen worden. Dazu kamen massive Schäden an privaten Gebäuden, Kulturland und Einrichtungen. Dass die Behebung der vielfältigen Probleme für alle Beteiligten neben der riesigen Arbeit auch eine gewaltige Koordinationsaufgabe darstellte und viel gegenseitiges Verständnis erforderte, ist unschwer nachzuvollziehen. In einer informativen Broschüre sind die Ereignisse und die ausgeführten Massnahmen, mitsamt der Kosten und der Finanzierung nachzulesen.

Bergbevölkerung ist schadenresistenter

«Die so genannten Jahrhundertereignisse werden sich angesichts der Klimaveränderung häufen. Vorausschauende Investitionen, organisatorische Massnahmen sind darum wichtig. Die Kantons-Behörden tun ihr Möglichstes, um bei solchen Ereignissen einigermassen gewappnet zu sein», warnte und beruhigte der Berner Regierungsrat Hans-Rudolf Käser in seiner Ansprache an die Festgemeinde. Er vergass auch nicht, den Diemtiger Behörden, den Organisationen und der Bevölkerung für ihre Arbeit bei der Schadensbekämpfung und -behebung zu danken und zu gratulieren. Das Unwetter von 2005 hatte allein im Kanton Bern Schäden im Betrag von 300 Millionen angerichtet.

Gesammelt ist bald einmal…

Roland Jeanneret und Josef Reinhardt, von der Glückskette Schweiz, bzw. dem Schweizerischen Roten Kreuz wiesen auf die Schwierigkeiten bei der finanziellen Unterstützung durch ihre Organisationen hin. «Gesammelt ist bald einmal, gescheit verteilt ist viel schwieriger», sagte der ehemalige Radio-Moderator. Die Hilfswerke hatten 2005 total 49 Millionen gesammelt und sahen sich allein im Kanton Bern mit über 600 Beitragsgesuchen konfrontiert. An 327 dieser Bittsteller, davon an zwölf aus der Gemeinde Diemtigen konnten letztendlich Beiträge vergeben werden. Ernst Hodel

Das Hochwasser von 2005 ist mit wenigen Ausnahmen Geschichte
Wehrdienst-Einsatzeiter Kurt Luginbühl und Gemeinderatspräsident Beat Klossner leisteten, standen während und nach dem Hochwasser-Ereignis zusammen mit vielen anderen Persönlichkeiten an vorderster Front.

Wehrdienst-Einsatzeiter Kurt Luginbühl und Gemeinderatspräsident Beat Klossner leisteten, standen während und nach dem Hochwasser-Ereignis zusammen mit vielen anderen Persönlichkeiten an vorderster Front.

Rasche Planung und die Koordination der verschiedenen Massnahmen war gefordert. Angesichts des Zeitdrucks konnten Planunterlagen teilweise erst anhand der bereits ausgeführten Arbeiten erstellt und zur Bewilligung eingereicht werden.
Das Hochwasser von 2005 ist mit wenigen Ausnahmen Geschichte