LiteratureLenk, das Literaturfestival im neuen Kulturhaus an der Lenk

Beim Lesen in neuen Welten wandern und den «Röstigraben» überwinden

Zum vierten Mal fand am Wochenende vom 10. bis 12. Oktober das zweisprachige Literaturfestival «LiteratureLenk. Der Röstigraben n’existe pas.» statt. Mittlerweile schon fast zur Tradition geworden, lädt die Stiftung Kulturförderung Lenk als Veranstalterin namhafte Autorinnen und Autoren aus der Deutschschweiz wie auch aus der Romandie und in diesem Jahr auch Übersetzerinnen und Übersetzer zu Lesungen und Bühnengesprächen an die Lenk ein.

Camille Luscher, Ruth Gantert und Moderatorin Julia Knapp beim Eröffnungsgespräch «Über die Herausforderungen und Schönheiten des literarischen Übersetzens» im neuen Kulturhaus.

Camille Luscher, Ruth Gantert und Moderatorin Julia Knapp beim Eröffnungsgespräch «Über die Herausforderungen und Schönheiten des literarischen Übersetzens» im neuen Kulturhaus.

Mit insgesamt elf Veranstaltungen für Jung und Alt wurden auch dieses Jahr wieder interessante Bücher vorgestellt, neu im Sommer eröffneten Kulturhaus. Das Team der Stiftung Kulturförderung rund um Eva Maria Ebner hat bisher immer wieder ein gutes Gespür bei der Auswahl der Literatur gehabt und ihr Wunsch, mit dem Festival die Begeisterung für Sprache und Literatur zu wecken oder auch zu stärken geht sicher in die richtige Richtung.

Neben dem grossen Trubel am Älplerfest vom letzten Samstag, welches direkt vor der Tür des Kulturhauses stattfand, waren die Veranstaltungen wie eine Oase der Ruhe. Oasen, geprägt vom aufmerksamen Zuhören des Publikums, zu denen am Samstag nur hin und wieder das Läuten der Kuhglocken und -treicheln wie auch das Muhen der Kühe den Weg fanden.

Austausch zwischen

Die Stiftung Kulturförderung schreibt in ihrem Programm: «Sprachen sind wie Landschaften – weit und sanft geschwungen, schroff und kantig, von karger Präzision oder üppiger Klangfülle.» Die Schweiz ist ein multilinguales Land. So ist es ein weiteres Ziel des Literaturfestivals, «den kulturellen Austausch zwischen den Sprach- und Lebensräumen lebendig zu halten». Am Literaturfestival werden dafür Autorinnen und Autoren aus der deutsch- und französischsprachigen Schweiz eingeladen.

Das Übersetzen von Texten spielt für den Dialog zwischen den Sprachräumen eine wichtige Rolle. Und so heisst es weiter: «Wer übersetzt, wandert durch diese literarischen Gebiete, spürt den Höhen und Tiefen nach, bewegt sich über festes Terrain oder unsichtbaren Grund und muss dabei stets den richtigen Ton treffen.»

«Ohne Übersetzungen
wäre die Literatur deutlich ärmer»

An der Eröffnungsveranstaltung am Freitagnachmittag gaben die beiden Übersetzerinnen Camille Luscher (aus dem Deutschen ins Französische) und Ruth Gantert (aus dem Französischen ins Deutsche) einen Einblick in die Herausforderungen ihrer Arbeit. Im Gespräch mit Moderatorin Julia Knapp wurde deutlich, dass beide Frauen leidenschaftlich gerne Bücher übersetzen. Beide bestätigten aber auch, dass man vom literarischen Übersetzen nicht leben kann. Die Zeit, die man beim «Eintauchen» in das Buch und beim Recherchieren braucht, steht mit der Entlöhnung in keinem Verhältnis. Sowohl Camille Luscher als auch Ruth Gantert arbeiten darum in weiteren «Nebenbeschäftigungen».

Ändert sich ein Text, wenn er die Sprache wechselt? Die Antwort war klar: «Es ist eine Illusion, alle Emotionen aus der Originalsprache mitzubekommen. Eine Übersetzung ist für Camille Luscher stets eine Recréation, eine Neuerschaffung. Für sie ist es spannend, ein Werk ganz genau zu lesen, alle Ebenen des Buches zu öffnen und so über die erste Interpretation hinaus zu kommen, um die Kerninhalte wiederzugeben. Und dennoch entsteht bei jeder Übersetzung, je nach Prägung des Übersetzers/der Übersetzerin, ein neuer Ort/eine neue Landschaft.

Von Julia Knapp auf ihren Wunsch befragt, lachte Camille Luscher: «Mein Wunsch in Bezug auf Sprache und Literatur wäre, dass KI sich selber vernichtet, weil sie (selbstlernend) immer schlechter wird.» Und Ruth Ganterts Wunsch ist, dass die Leute wieder viel mehr Bereitschaft und Zeit zum Lesen von Büchern haben. Ein schönes Schlusswort für die Eröffnung des Literaturfestivals.