Abschluss der Sommerakademie mit einer «Hommage à Sándor Végh»
Kammermusik-Häppchen für hörende Feinschmecker
Am Finale der erfolgreichen 35. Internationalen Sommerakademie Lenk kamen Kammermusikliebhaber auf ihre Rechnung. Mit auserlesenen Häppchen von Mozart, Debussy und Schubert würdigten die Dozenten Sándor Végh.

Applaus und Standing Ovation für das Quintett.
Statt «Wir sind am Ende der 35. Austragung» begrüsste Albert Sommer, Präsident der Stiftung Kulturförderung Lenk mit: «Wir sind am Anfang der 36. Sommerakademie. Was wir erfolgreich begonnen haben, wollen wir fortsetzen». Die nächste Akademie findet ab 18. August 2013 statt.
Zum Auftakt des Galakonzertes zum Finale 2012 erklang Wolfgang Amadeus Mozarts Divertimento D-Dur: Frisch und wohlklingend musizierten Adelina Oprean, Anke Dill (Violinen), Silvia Simionescu, Viola und Conradin Brotbek (Violoncello) in der Kirche Lenk. Sie vermittelten charakteristische Mischung aus energischem Ausdruck und sanglicher Melodik, der italienischen Art.
Gewöhnungsbedürftig und nicht weniger spannungsvoll folgte eigenartige Klangprägung in Claude Debussys einzigem Streichquartett. Die einen fanden es damals «sehr sinnlich und dekadent», andere erkannten «russische Einflüsse» oder vermissten die «Würde der Form». Was auch immer alle meinten, Form und Struktur des Werks wirkten einheitlich. So auch an der Lenk: «Die Künstler haben mit Hingabe technisch fabelhaft, grossartig gespielt».
Kunstvoll entfalteten sich Debussys Veränderungen und wirkungsvoll wurden Spieltechniken und Klangfarben der Streicher ausgeschöpft. Zu Beginn von «Assez vif et bien rythmé», einem Scherzo, spielten drei der vier Musiker/-innen rhythmisch synchron scharfe, perkussive Pizzicati, die dem Klang einer Flamencogitarre glichen. Genial kontrastierten scharfe Pizzicati mit einem lyrischen Violinsolo. Die Flamencomusik wurde fortgesetzt, indem die einsetzende Melodie der Viola harmonisch mit Elementen aus der spanischen Tonleiter durchsetzte. In rascher Folge wechselten sich Stimmungen und Zustände ab. Zumeist flirrte die Musik in höchster Anspannung, gleich einem nervös herum flatternden Vogel, der seine Flügel weit ausbreitete, um mit grossen Schwingen elegant durch die Lüfte zu fliegen.
Würdiger Abschluss
In Schuberts kühnem und bewegendem Werk – ein rätselhaftes Mysterium, dem grossen C-Dur-Streichquintett, komponiert in seinem Todesjahr, kamen die Kammermusikfans ins Schwärmen, was am Ende mit Standing Ovations und Zurufen ausgedrückt wurde. Das Quintett (zwei Monate vor Schuberts Tod komponiert) erhielt an der Lenk mit ungewöhnlicher Besetzung von zwei Violinen, Viola, zwei Celli Bewunderung. Zu Beginn verbreiteten Ana Chumachenco, Nora Chastain Violinen, Silvia Simionescu, Viola, Conradin Brotbek und Troels Svane, Violoncelli, eine überirdische Ruhe, in starkem Kontrast zum stürmischen f-Moll-Teil. Mystisch wirkte das mit Sourdinen (Dämpfern) interpretierte Adagio.
C-Dur mit Geheimnissen
Neben dunklen Klangfarben und Harmonien folgte Vitales, Schwungvolles. Zugleich kam über dem Ganzen eine geheimnisvolle Stimmung zum Ausdruck. Das auf den ersten Blick volkstümlich heiter wirkende Finale zeigte neben Lebensfreude und Lustigkeit, Verhaltenes.
Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts gewürdigt
Sándor Végh (17. Mai 1912 in Rumänien geboren, 7. Januar 1997 in Freilassing gestorben) war Dirigent und Violinst ungarischer Abstammung. Er gründete sein eigenes Streichquartett, das «Végh Quartett», mit dem er ab 1946 auf internationale Konzertreisen ging und das lange vom Besten galt. Er leitete Meisterklassen für Violine und Kammermusik in Basel und Düsseldorf. Ab 1978 leitete Végh die Salzburger Camerata Academica. Die musikalische Persönlichkeit des 20. Jahrhunderts erhielt die französische Staatsbürgerschaft und lebte auch in der Schweiz, in Basel und in Greifensee. Mit seinem Quartett wurde er bekannt für seine Zyklen sämtlicher Quartette von Beethoven und Bartók. Im Mai 2012 hätte er seinen 100. Geburtstag feiern können.
Als Diener der Musik wachsen
An der Lenk hat Sándor Végh über zwei Jahrzehnte die Sommerakademie geprägt. Er war ein herausragender Musiker des 20. Jahrhunderts, dessen künstlerisches Credo nicht nur von seinen Schülern, darunter Ana Chumachenco, Adelina Oprean und Nora Chastain, sondern auch von allen anderen Dozenten der SoAk Lenk weiter getragen wird: «Nicht ich mache Musik. Die Musik macht mich.» Das bedeutet, dass Musiker die aussergewöhnliche Gelegenheit nutzen müssen, dass sie im täglichen intensiven Kontakt zu den grössten Persönlichkeiten der Kulturgeschichte stehen: «Es ist die Chance, als Diener der Musik menschlich immer weiter wachsen zu können», zitierte David Schwarb Sándor Végh am Galakonzert, an welchem der Diener der Musik gewürdigt wurde – eine Hommage à Sándor Végh.
Heidy Mumenthaler

Ana Chumachenco, Nora Chastain (Violinen), Silvia Simionescu, Viola, Conradin Brotbek und Troels Svane, Violoncelli Streichquintett spielten in ungewöhnlicher Besetzung das Streichquintett C-Dur von Schubert – ein 50-minütiges Kammermusikwerk.

Das gut eingespielte Streichquartett mit Adelina Oprean, Anke Dill (Violinen), Silvia Simionescu, Viola und Conradin Brotbek (Violoncello) sorgten für einen würdigen Abschluss der 35. Internationalen Musikalischen Sommerakademie.