Erste Minergie-P-Gebäude in Zweisimmen

Erste Minergie-P-Gebäude in Zweisimmen

Zur Zeit entstehen auf Gemeindeboden von Zweisimmen die ersten Minergie-P®-Bauten. Das Label «Minergie-P» (P steht für Passiv) stellt deutlich höhere Anforderungen an die Minimierung des Energiebedarfs als das bereits weit verbreitete Label «Minergie». Die Dämmstärken von Aussenwand, Dach und Boden betragen um die 25–40 cm (U-Werte=0.1 bis 0.15 W/m²*K), die Fenster sind mit einer Dreifach-Isolierverglasung ausgeführt und optimal in die Wandkonstruktion integriert, Wärmebrücken werden dabei konsequent minimiert. Die Luftdichtheit des Gebäudes wird vor Vergabe des Labels nachgemessen (Blowerdoor-Test). Das Gebäude ist mit einer kontrollierten Komfortlüftung ausgestattet. Damit das Gebäude im Sommer nicht überhitzt, muss dem Sonnenschutz grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden. Alle Haushaltgeräte müssen zwingend die besten Energieeffizienzklassen (A, A+) aufweisen.

Minergie-P stellt somit hohe Qualitätsanforderungen an alle beteiligten am Bau. Architekt und Energieplaner müssen von Beginn an auf das Ziel fokussiert planen, jedem Handwerker auf dem Bau müssen die Besonderheiten eines solchen Baus (z.B. an Dichtheit) bekannt sein. Arbeitsabläufe und Ausführung von Details, welche seit Jahrzehnten gegeben waren, müssen überdacht und angepasst werden (z. B. Elementbauweise).

Das Konzept des Minergie-P-Einfamilienhauses der Familie Schletti in Oberried, Zweisimmen wurde vom Architekturbüro atelier werkidee trachsel, Zweisimmen zusammen mit der Bauherrschaft entwickelt. Das Gebäude besteht aus einem kompakten, optimal nach Süden ausgerichteten Baukörper, mit grossen Fensterflächen Richtung Süden. Es bietet einer grossen 6-Zimmer- und einer 2.5-Zimmer-Wohnung Platz. Im Zentrum des Gebäudes steht ein 10 000-Liter-Wasserspeicher, welcher zur thermischen Solaranlage gehört. Die 45 Quadratmeter Flachkollektoren sorgen dafür, dass das Speicherwasser für die Erwärmung des Brauchwassers und für die Raumheizung genutzt werden kann. Weiter besteht eine Verbindung zum Nachbargebäude, welche es bei besonders kalten und sonnenarmen Tagen erlaubt, Wärmeenergie vom Holzheizkessel des Nachbargebäudes in den Neubau zu pumpen. Im Sommer und in der Übergangszeit kann durch die gleiche Fernleitung Wasser vom Solarspeicher in den Speicher des Nachbargebäudes gefördert und damit dort das Brauchwasser erwärmt resp. für die Raumheizung genutzt werden. Das Anschliessen der Abwasch- und Waschmaschine an das Warmwassernetz ist eine weitere Massnahme zur Nutzung der Überschusswärme im Sommer. Die restliche Fläche auf dem 35° steilen Südschild des Neubaudaches wurde mit Photovoltaik-Modulen (Solarzellen zur Stromproduktion) belegt.

Niedrigenergie-Haus oder Plusenergie-Haus

Eine Abschätzung der Energieverbräuche und Energieproduktion hat ergeben, dass mit der Solaranlage gut 90% der Wärmeenergie (Brauchwasser und Raumheizung) gedeckt werden kann. Der Rest muss vom Holzheizkessel im Nachbargebäude via. Fernleitung zugeführt werden. Im Sommer kann die Überschusswärme der Solaranlage für das Nachbargebäude genutzt werden. Wir rechnen nach Abschätzung der Verluste mit dem Energieaustauch im Nachbargebäude von 250 kWh Strom und 500 bis 1000 kWh Holz pro Jahr. Damit wird im Gebäude wahrscheinlich mehr nutzbare Wärme produziert als verbraucht. Mit der Photovoltaik-Anlage kann der ganze Bedarf an Strom im Neubau gedeckt werden. Es wird erwartet, dass eine Überschussproduktion von 3000 kWh/a resultiert. Das Gebäude kann somit als Plusenergie-Haus bezeichnet werden, da es mehr Energie produziert als es benötigt. Der Betrieb wird zeigen, ob die theoretischen Berechnungen der Realität entsprechen. Die Nutzer haben dabei einen entscheidenden Einfluss auf das Resultat.

Tag der offenen Tür

An den nationalen Tagen Minergie-P vom 13./14. November 2010 kann das sich noch im Endausbau befindende Gebäude von Franziska und Mike Schletti besichtigt werden (Zeiten siehe Inserat). Bauherr, Architekt und Energieplaner werden ihre Fragen vor Ort beantworten.

Nutzen Sie also die Gelegenheit, diesen innovativen Bau zu besichtigen. Überzeugen Sie sich selbst, ob in diesem Haus die Fenster wirklich geöffnet werden können… Mike und Bruno Schletti