SRK-Vortrag in Zweisimmen

Hypnose – eine alte Behandlungsform neu entdeckt

Die Hypnosetherapie erfährt zurzeit einen Aufschwung – was ist Hypnose, wie wird sie angewendet, und gibt es Nebenwirkungen?

Hypnosetherapeut Emir Mušić referierte über das Thema «Behandlung von Angst mit medizinischer Hypnose».

Hypnosetherapeut Emir Mušić referierte über das Thema «Behandlung von Angst mit medizinischer Hypnose».

© Charlotte Engstad

Das Thema «Behandlung von Angst mit medizinischer Hypnose» war offenbar von grossem Interesse: Über 40 Personen hatten sich im Kirchgemeindehaus in Zweisimmen am Dienstagabend, 25. Februar, eingefunden.

Unbegründete Ängste

«Beim Thema Hypnose gibt es viele unbegründete Ängste», erklärte Hypnosetherapeut Emir Mušić. Der diplomierte Pflegefachmann und Experte in Anästhesiepflege HF war zufälligerweise durch eine SRF Puls Sendung im Jahre 2018 auf Hypnose aufmerksam geworden. In diesem Programm wurde eine Person einer Handoperation unterzogen, ohne jegliche Anästhesie. Er sei schockiert und fasziniert gewesen und habe sich entschieden, mehr über Hypnose in Erfahrung zu bringen.

Hypnose behandle drei Hauptkategorien von Beschwerden: Psychisch bedingte Störungen wie Schlafstörungen, Ängste, emotionale Blockaden und Depressionen; körperliche Leiden wie Migräne, Allergien und Verspannungen; Süchte und Abhängigkeit. Weiter werde Hypnose mit Erfolg als leistungsverbessernde Massnahme für Sportlerinnen, Schüler, Studentinnen und Berufsleute eingesetzt. «Im schlimmsten Fall hat die Hypnose einfach keine Wirkung», sagte der Therapeut.

Kein Hokuspokus

«Hypnose existiert, solange es Menschen gibt», hielt Mušić fest. Es sei die älteste Form aller psychotherapeutischen Verfahren und habe in den letzten Jahren einen deutlichen Aufwärtstrend erlebt, aber es gäbe viele Missverständnisse. In der Hypnose schlafe man nicht, im Gegenteil: Man höre alles, denke klar und sei hoch fokussiert. Man sei weder willenlos noch manipulierbar, der Klient könne jederzeit den Prozess abbrechen. «Hypnose ist keine Religion, keine Esoterik und kein Hokuspokus, sondern ein Werkzeug», betonte der Therapeut. Es sei ein physiologischer Zustand, der Heilungsprozesse körperlicher oder psychischer Art beschleunige. Die Methode sei für alle geeignet, von der Kindheit bis ins hohe Alter. Nebeneffekte gebe es keine oder höchst selten.

Jeder fünfte leidet an Angst

Er zeigte ein Modell des menschlichen Bewusstseins als Oval mit dem Unbewussten im innersten Kreis, dem Unterbewusstsein in der Mitte und dem Bewusstsein in der äussersten Schicht. «Das Bewusstsein ist rational, analytisch und logisch. Es macht nur ungefähr fünf Prozent der Hirnaktivität aus.» Im Unterbewusstsein seien unsere Erinnerungen und Emotionen abgespeichert. Traditionelle Angsttherapie behandle das Bewusstsein, währenddem der Schlüssel zum Problem im Unterbewusstsein liege.

Fast jede fünfte Person in der Schweiz leide an Angst. «Angst kann zu sozialem Rückzug führen, zu Panikattacken, Angststörungen und Depressionen», erläuterte der Referent. Die Emotion könne schützend und sinnvoll sein, aber auch bedrohlich und irrational. Irrationale Angst sei wie ein Handyapp, der sich automatisch einschalte. Dies wurde von zwei Fotos illustriert, das eine von einem Wanderer am Abgrund, das andere von einer Familie auf der Hängebrücke Sigriswil.

Gruppenhypnose

Mušić berichtete von einer Patientin, die unter einer extremen Spritzenphobie litt – allein das Wort «Spritze» brachte sie zum Weinen. Doch nach einer einzigen Hypnosesitzung verliess sie die Praxis mit einer Spritze in der Jackentasche. Später konnte sie ihre Operation problemlos durchführen lassen.

Zum Schluss führte der Referent eine freiwillige Gruppenhypnose durch. Neugierig nahmen die meisten Anwesenden teil, die Korrespondentin inbegriffen. Auf dem Stuhl sitzend breitete sich ein Gefühl der totalen Entspannung aus, und das Bedürfnis, sich hinzulegen, meldete sich. Nachher machte sich ein Gefühl der Erholung breit.

«Wer einen Hypnosetherapeuten sucht, sollte sich auf sein Bauchgefühl verlassen und nur zu jemandem gehen, dem er vertraut», empfahl der Referent und verwies auf den Schweizerischen Berufsverband für Hypnosetherapie SBVH. EmirMušić bietet Hypnose in Thun und Bern an, in unserer Region sind Jolanda Fähndrich und Silvia Hauswirth tätig. Nach dem Vortrag wurden zahlreiche Fragen gestellt, auch skeptische Stimmen meldeten sich zu Wort.

Der nächste SRK-Vortrag trägt den Titel «Die Kraft der Gedanken» und findet am 18. März wieder im Kirchgemeindehaus statt.