Die «Landsgemeinde» stellte Forderungen an die Spitalverantwortlichen

Der Organisator der am Samstag, 14. Juni in Därstetten veranstalteten «Berner Oberländer Landsgemeinde», Nationalrat Thomas Knutti (SVP, ehemaliger Gemeindepräsident Därstetten), stellte gleich zu Beginn der Veranstaltung die Stossrichtung klar: «40000 Unterschriften wurden innert zwei Monaten für die Erhaltung der Geburtenabteilung in Frutigen gesammelt und fast 10000 Unterschriften für die Erhaltung der Chirurgie im Spital Zweisimmen». Und er legte nach: «Nehmen Sie diesen Auftrag der Bevölkerung bitte ernst: Zeigen Sie Mut… geben Sie unseren Spitälern eine Chance.»

Von Martin Natterer

Landsgemeinde zur Spitalrettung 2025

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Damit war das Thema des Samstagvormittags klar umrissen: Sich Gehör zu verschaffen, wo man sich als Bevölkerung mehrheitlich übergangen fühlt.

Historische Bezüge
und Zukunftsängste

Es gelang Knutti dabei sehr gut, an historische Fakten anzuknüpfen: Tatsächlich erlangten die Urner schon 1231 vom Sohn Kaiser Friedrichs II., dem deutschen König Heinrich VII. die sogenannte Reichsunmittelbarkeit, welche ihnen 1274 auch von Rudolf von Habsburg bestätigt wurde. Unmittelbar nach diesem frühen «Freiheitsbrief» 1231 hielten sie in der Tat die erste Landsgemeinde ab.

«Und heute?», fragte Knutti und machte deutlich, dass er eine Situation kommen sieht, in der «diese Spitäler in Zukunft keiner mehr weiterführen will».

Die nachfolgenden Redner, Grossrat Nils Fiechter (SVP) und der Lenker Gemeindepräsident René Müller (SVP), führten diese thematischen «Vorlagen» entweder weiter aus (Fiechter) oder fokussierten sie auf die menschlichen, aber auch auf die touristischen Aspekte (Müller).

Die Meinung der Berner Regierung

Es war keine einfache Aufgabe für Regierungsrat Pierre Alain Schnegg (SVP), Gesundheits-, Sozial- und Integrationsdirektor des Kantons Bern, gegenüber den klar formulierten Forderungen seiner Parteikollegen die Beschlüsse der Kantonsregierung zu verteidigen: Weiterhin soll es ja dabei bleiben, dass seit dem 19. März 2025 die Geburtenabteilung im Frutiger Spital geschlossen bleibt und im Spital Zweisimmen ab Oktober 2025 die Chirurgie geschlossen wird.

Er begründete die kantonalen Entscheidungen mit weitgehend bekannten Argumenten: Es habe Bedarfsanalysen gegeben, welche die Entscheidungen nahelegten, und es gäbe gewissermassen Gesetzmässigkeiten heutigen medizinischen Arbeitens, nach denen eine hohe Frequenz möglichst gleichartiger Eingriffe alleine den Qualitätsstandard sicherstelle, den die «Kunden» der Spitäler letztlich zu Recht erwarten dürften. Verbindet man dies mit wirtschaftlichen Notwendigkeiten (hier war er etwas unklar), so ergäben sich die bisher getroffenen Entscheidungen als logische Folge.

Dieser im Kern administrativen (oder auch «technokratischen») Argumentation folgten die folgenden Vertreter der Spital STS AG Thomas Straubhaar und David Roten.

Hier zeigte sich ein Gegensatz zu den anwesenden Hebammen und Vertreterinnen der «Maternité Alpine» aus Zweisimmen sowie zu vielen betroffenen Familien, die sich auf dem Schulvorplatz in Därstetten eingefunden hatten.

Fazit und Appelle

«Notfall ohne Anästhesie, das wird schwierig», das war nicht nur ein Fazit von Grossrätin Anne Speiser, sondern auch vieler Anwesender und fachlich versierter Personen, die sich ohne Namensnennung äusserten.

Doch nicht nur Zweisimmen hat «sein Problem» auch Frutigen. Wohl ist (noch?) eine chirurgische Abteilung vorhanden, aber ein Geburtshilfedienst, wie er durch die «Maternité» in Zweisimmen seit Langem zur Verfügung gestellt wird, ist bislang nicht organisiert. Zudem, so Speiser im Nachgespräch, stehe man im Kandertal vor einer Riesenaufgabe, wenn man – ähnlich wie in Zweisimmen – nun selbst eine Genossenschaft gründen wolle. Viele Faktoren würden dazugehören: Eine engagierte Führung, Hebammen, die mitmachen, der Aufbau eines Geschäftskonzepts, und Verträge, Verträge, Verträge… mit dem Spital der FMI, mit Immobilienbesitzern, weil man ja Räume in Spitalnähe braucht, mit der Rega und mit den Rettungsdiensten.

Resolution der Landsgemeinde

Am Ende formulierte die «Landsgemeinde» in Därstetten folgende Forderungen, die die beiden Spitäler in Zweisimmen und Frutigen betreffen:

1. Den Wiedererwägungsantrag an den Regierungsrat vom 19. März 2025 bezüglich der Streichung der Geburtshilfe am Standort Frutigen aufzuheben und die Betreuung gesunder Säuglinge wieder in die Spitalliste aufzunehmen.

2. Dem Verwaltungsrat der Spital STS AG den Auftrag zu erteilen, die chirurgische Abteilung im Spital Zweisimmen dauerhaft zu erhalten.

3. Den Beschluss der Regierung, dass die Spitäler Frutigen und Zweisimmen versorgungsnotwendig sind, beizubehalten.

4. Ein Konzept für die Spitalversorgung im Oberland West zu starten, unter Leitung der GSI, mit den Spitälern FMI, STS AG sowie Regionsvertretern, um im Rahmen des 4-Regionen-Modells die Geburtshilfe und Chirurgie an den Spitälern Frutigen und Zweisimmen zu sichern.

5. Die Verantwortung für gesundheitliche und zeitliche Komplikationen in den Regionen Saanenland, Simmental und Kandertal liegt beim Regierungsrat sowie den Spitalversorgern STS und FMI.

Bei vielen guten, engagierten aber auch nachdenklichen Gesprächen schloss der Vormittag in Därstetten. Wer wollte, konnte sich noch bei Bratwurst, Brot und Getränken stärken.

Landsgemeinde zur Spitalrettung 2025

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Erstellt:
21.06.2025, 00:30 Uhr
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