Ständeratskandidaten präsentierten sich im Berner Oberland
Nach der Wahl von Simonetta Sommaruga in den Bundesrat wird am 13. Februar ihr Nachfolger in den Ständerat gewählt. Mit Ursula Wyss, Christa Markwalder, Marc Jost und Adrian Amstutz stellen sich vier hochkarätige Kandidaten zur Wahl.

Christa Markwalder (FDP), Ursula Wyss (SP), Adrian Durtschi (Chefredaktor von Radio BEO), Adrian Amstutz (SVP) und Marc Jost (EVP) an der Podiumsdiskussion zu den Ständeratswahlen des Kantons Bern im Lötschbergsaal in Spiez.
Auf meiner Fahrt durchs Simmental begegneten mir einige Wahlplakate. Obwohl ich der Meinung bin, genau hingesehen zu haben, ist mir immer nur ein Kandidat aufgefallen: Adrian Amstutz. Manchmal habe ich ihn sogar doppelt gesehen – wenn mich zwei gleiche Köpfe nebeneinander stehend anlachten. Gibt es für den freiwerdenden Ständeratssitz nur einen Kandidaten oder sind den anderen Kandidierenden die Oberländer Stimmen egal?, überlegte ich mir.
Am Donnerstag, dem 20. Januar, verkündeten weitere drei KandidatInnen unter der Leitung von Adrian Durtschi, Chefredaktor vom Radio BeO, im Lötschbergsaal in Spiez ihre Meinungen. Der einzige Auftritt im Berner Oberland lockte viele Zuhörer an und alle vier KandidatInnen konnten zu diversen Themen Stellung beziehen.
Sicherung der AHV
Nationalrätin Ursula Wyss (SP) möchte den frei werdenden Sitz verteidigen und votierte beim Thema Rentenalter für die Sicherung der Sozialwerke. Sie ist der Meinung, dass man nicht um ein Anheben des Rentenalters für Frauen herumkommt und es in Zukunft auf 65 heraufgesetzt werden muss. Dies soll jedoch sozial abgefedert werden. Auch Grossrat Marc Jost (EVP) glaubt, dass längerfristig das Rentenalter erhöht werden wird. Auch für ihn ist die Flexibilität wichtig. So kann ein Strassenbauer früher pensioniert werden, als jemand, der bis 30 studiert hat. Für Nationalrätin Christa Markwalter (FDP) und Nationalrat Adrian Amstutz (SVP) ist bei der AHV-Revision wichtig, dass die Sozialwerke auch längerfristig finanziert werden können und das Rentenalter von Frauen auf 65 heraufgesetzt wird.
Können die Krankenkassenprämien noch bezahlt werden?
Für Ursula Wyss ist in Zukunft eine Stärkung der Hausärzte und eine gute Grundversorgung in den ländlichen Regionen wichtig. Für die Stadtbernerin gibt es eine «krasse Überversorgung im Kanton». Deshalb ist die Kostenexplosion die logische Folge davon. «Ich wohne mitten in der Stadt Bern und habe im Umkreis von 1½ Kilometern acht Notfallzentren». Für Christa Markwalder kann nur der Wettbewerb die Kosten senken. Dem widerspricht Marc Jost, indem er für eine Einheitskasse votiert. Jeder ist aber selber für die Kostensteigerungen verantwortlich. Weniger Arztbesuche kosten weniger. Die Pharmaindustrie muss nach seiner Meinung die Medikamentenpreise massiv senken.
Zweite Röhre für den Gotthard?
Adrian Amstutz, Präsident der ASTAG befürwortet klar eine zweite Röhre, denn die Bahn kann gar nicht mehr Güter aufnehmen. Dass Lastwagen nötig sind, bestreitet auch Ursula Wyss nicht, jedoch sei die Wahl des Transportmittels entscheidend. Lastwagen sollten für die End-Verteilung eingesetzt werden, nicht aber für den Transitverkehr, der ganz klar auf die Bahn gehört. Auch Christa Markwalder ist gegen eine zweite Röhre und sieht in einem Vollausbau des Lötschbergtunnels, wenn die Finanzierung gesichert ist, die Lösung.
Neben den Kapazitäten ist für Marc Jost auch die CO2-Bilanz entscheidend.
Umweltpolitik
Für Adrian Amstutz ist bei der Umweltpolitik die Eigen-Intiative wichtig. Rhetorisch geschickt lenkt er vom mangelnden Umweltschutz im Parteiprogramm der SVP ab. Er zeigt auf, was er persönlich für den Umweltschutz getan hat (z.B. Sanierung von Häusern) und fordert die Kandidaten auf, ihr persönliches Engagement offen zu legen. Marc Jost praktiziert privat das Autoteilet. Christa Markwalder fährt viel Velo und Zug, Auto nur, wenn sie mitgenommen wird. Sie hat keinen Fahrausweis. Privat bezieht sie Oekostrom. Politisch hat sie sich für ein CO2-Gesetz eingesetzt und präsidiert die parlamentarische Gruppe für erneuerbare Energien, wo sie sich über einen Besuch von Ursula Wyss freuen würde. Ursula Wyss findet es wichtig, dass über das Energiesparen gesprochen wird, aber die Freiwilligkeit alleine reiche nicht, ebenso wenig wie «das Eierkochen von Ogi». «Wir brauchen politische Instrumente, damit die neuen Techniken in Gang kommen.»
Ist ein AKW die Lösung?
Laut Gesprächsleiter Adrian Durtschi sind die Gegner von AKWs meistens auch gegen Wasser- oder Windkraftwerke. Ursula Wyss und Marc Jost sind aus tiefster Überzeugung gegen Kernkraftwerke, da sie ihnen einfach zu gefährlich sind und es noch keine Lösung für die Abfälle gibt. Die SVP- und FDP-Vertreter sehen keine Alternative zur günstigen und CO2-neutralen Stromproduktion von AKWs. Sie sind aber gleichzeitig auch für eine Erhöhung der Grimselstaumauer.
Miliz- oder Berufsarmee?
Adrian Amstutz steht ein für eine starke Armee. Nur eine Milizarmee kann den Terrorismus wirksam bekämpfen. Eine Berufsarmee ist dafür kein probates Mittel. Jost und Markwalder möchten die Glaubwürdigkeit der Armee verbessern und diese international einbinden. Ursula Wyss möchte die Armee nicht abschaffen, findet die Kosten für den Unterhalt der Armee aber viel zu teuer.
Europapolitik
Marc Jost und Adrian Amstutz sind bekennende EU-Gegner. Während Marc Jost jedoch für den bilateralen Weg plädiert, ist Adrian Amstutz aber gegen weitere Annäherungen zur EU. Er ist sowohl gegen Schengen wie auch gegen das Freizügigkeitsabkommen. Der «Euroturbo» Christa Markwalder hat zurzeit einen schweren Stand. Der Euro ist in Gefahr, Europa fast pleite und selbst ihr Parteikollege Grossrat Hans-Jörg Pfister äusserte sich am Schluss als EU-Gegner. «Wir haben das Recht zu entscheiden, ob der bilaterale Weg der richtige ist», meint Ursula Wyss: «Längerfristig führt der Weg aber in die EU».
Landwirtschaft
In der anschliessenden Diskussion wurde vom Publikum noch die Landwirtschaft angesprochen. Alle KandidatInnen sind der Meinung, dass die Landwirtschaft produzierend bleiben muss und sich auf Nischenprodukte spezialisieren sollte. Während Adrian Amstutz jedoch gegen eine Marktöffnung ist, glaubt Christa Markwalder, dass solche Produkte sogar auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig sind. Fabian Kopp