Medizinische Grundversorgung und Spital

Von Christoph Stalder

Werte Bewohnerinnen und Bewohner des Simmental und Saanenlandes. Nationalrat Thomas Knutti fordert die Gemeindebehörden aus dem Simmental und Saanenland auf, geschlossen gegen die Entscheide der Spital STS AG aufzutreten.

Im Internet auf der Seite der GSS, unter dem Titel Geschichte ist folgendes zu lesen «Seit rund zwanzig Jahren werden verschiedene Möglichkeiten für die medizinische Grundversorgung in der Region Simmental-Saanenland (GSS-Region) diskutiert». Wir treten in dieser Angelegenheit bereits seit 20 Jahren geschlossen auf. Nach 20 Jahren diskutieren, stehen wir ohne gute Lösung für uns, vor einem Scherbenhaufen.

So langsam aber sicher sollte man sich die Frage stellen, wo die Gründe dafür liegen. Die medizinische Grundversorgung ist Aufgabe des Kantons Bern, welcher diese aber nicht wahrnimmt. Die medizinische Grundversorgung im Kanton Bern wurde an gewinnorientierte Spital-Aktiengesellschaften und Hausärzte ausgelagert. In allen Kantonen rund um uns herum, nehmen die Kantone ihre Aufgabe wahr. Diese haben Kantonsspitäler, welche wohl den Kantonsregierungen unterstellt sind. Das medizinische Personal wird somit in den Gehaltsklassen eingereiht und so haben diese Kantone auch die Kosten im Griff, weil diese klar im Budget aufgeführt sind.

Kantonsbetriebe sollten kostendeckend, ohne Gewinne betrieben werden. Und wir im Kanton Bern finanzieren mit unseren Krankenversicherungsbeiträgen und Steuern noch zusätzlich die Dividenden der Aktionäre dieser Spital-Aktiengesellschaften.

Die in Pension gehenden Ärzte wollen ihre Praxen zu überhöhten Preisen an junge Ärzte vermieten. Solche Ärzte folgen nicht mehr dem Eid des Hypokrates, sondern dem Portemonnaie. Man hätte Ärztenachwuchs, aber so können die ihren Start nicht finanzieren. Man stelle sich vor, wenn der Kanton Bern in jeder Gemeinde ein Gebäude mit Arztpraxis und Wohnungen für das medizinische Personal hätte. Der in Pension gehende Arzt zieht einfach aus und der nachfolgende Arzt zieht ein.

Das Spital Zweisimmen ist zu wenig ausgelastet. Warum? Ihr zieht alle zum Ski- und Radfahren Helme an. Die Autos haben Airbag, ABS und weitere Sicherheitsassistenten. Die Sicherheitsvorschriften auf den Baustellen haben in den letzten 30 Jahren auch deutlich zugenommen. Durch unsere präventiven Sicherheitsmassnahmen sank das Verletzungsrisiko. Weniger Verletzte = weniger Spital.

Das Zweitwohnungsgesetz wirkt sich auch negativ auf die Angelegenheit aus. Angefangen im Saanenland und nun auch übergreifend auf das Obersimmental. Gemäss dem Zweitwohnungsgesetz dürfen keine neuen Zweitwohnungen mehr gebaut werden. Alle vor dem Jahre 2012 gebauten Wohnungen dürfen weiterhin als reine Zweitwohnungen genutzt werden. Somit wurden diese älteren und dementsprechend günstigeren Wohnungen zu beliebten Kaufobjekten. Eine Zweitwohnung können sich nur Personen mit einem dicken Portemonnaie leisten. In der Folge wurde für Einheimische bezahlbarer Wohnraum zu überhöhten Preisen an die meistbietenden finanzstarken Zweitwohnungsinteressenten verkauft.

Ich habe dies gerade selbst miterlebt. Ich habe mich für eine Liegenschaft mit einem 100-jährigen Haus in St. Stephan interessiert. Den Zuschlag erhielt, wer mehr bezahlte und das Haus bald an Dritte für Ferien, zu überhöhten Preisen vermietet. Ist im Internet bereits ersichtlich.

Womöglich hat das Zweitwohnungsgesetz auch einen Fehler. Da das Zweitwohnungsgesetz die Bundesversammlung beschlossen hat, sollten die von uns gewählten Nationalräte unsere Interessen in dieser Sache vertreten. Die einheimische Bevölkerung wird so aus dem Saanenland und dem Obersimmental verdrängt. Weniger einheimische Bevölkerung, welche dem Spital Zweisimmen zugeordnet werden kann = weniger Spital und übrigens auch weniger Fachkräfte.

Nationalrat Thomas Knutti weiter: «Falls notwendig, wird sich die Bevölkerung auch finanziell beteiligen, etwa durch die Gründung eine Genossenschaft.» Haben wir da etwas verpasst? Gab es da eine Abstimmung darüber, ob wir dies wollen? Mit dieser Aussage werden nicht die Interessen der Bevölkerung vertreten. Die Interessen der Bevölkerung sind, dass der Kanton Bern seine Aufgabe wahrnimmt, eine funktionierende medizinische Grundversorgung zur Verfügung zu stellen. Diese wird mit unseren bisherigen Steuern bezahlt und nicht mit weiteren zusätzlichen finanziellen Belastungen für die Bevölkerung.

Wie wollt ihr denn das Obersimmental und das Saanenland als Wohnsitz schmackhaft anpreisen? Kommt ins Obersimmental oder Saanenland wohnen, hier werdet Ihr automatisch Genossenschafter und müsst pro Monat und Person noch 200.- zur Finanzierung des Spitals Zweisimmen einzahlen. Mit so einer Idee wird sich niemand mehr im Obersimmental und Saanenland niederlassen und diejenigen, welche nicht an das Obersimmental und Saanenland gebunden sind, werden die Region auch noch verlassen. Keine einheimische Bevölkerung = kein Spital und übrigens auch keine Geburtenabteilungen.

Irgendwie sieht es so aus: Wir könnten ein Schiff medizinische Grundversorgung und Spitäler haben, welches kantonale Betriebe sind. Der Kapitän wäre der zuständige Regierungsrat, die Grossräte die Matrosen und die Bevölkerung die Passagiere. Stattdessen haben wir ein Schiff, welches von einer defizitären und gewinnorientierten Aktiengesellschaft gesteuert wird und nur die Passagiere an Bord hat, während der Kapitän, die Matrosen und die Gemeindebehörden diesem sinkenden Schiff seit 20 Jahren vom Ufer aus zusehen können.

Werte Bewohnerinnen und Bewohner des Simmental und Saanenlandes, nun dürft Ihr euch bis zum 14. Juni 25, bis zur angekündigten Landsgemeinde zur «Rettung der Spitalversorgung Oberland West» in Därstetten, Gedanken darüber machen: Ob der Kanton Bern seiner Aufgabe nicht nachkommt oder die von uns selbst herbeigeführte Situation, für zu wenig Auslastung des Spitals Zweisimmen sorgt.

Danke für Eure Aufmerksamkeit.

, Matten,

Regierungstatthalter-Kandidat

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Erstellt:
08.05.2025, 00:00 Uhr
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