Gefahrenkartenrevision in Zweisimmen
Neue Berechnungen – weitreichende Folgen
Der überwiegende Teil des Dorfteils Mannried befindet sich neuerdings im roten und blauen Gefahrengebiet – mit beunruhigenden Prognosen und gravierenden finanziellen Konsequenzen.
Gefahrenkartenrevision in Zweisimmen
Am 17. Februar erhielten die Grundeigentümer im Dorfteil Mannried ein Schreiben der Gemeinde Zweisimmen mit brisantem Inhalt: «Die revidierte Gefahrenkarte weist gegenüber der bisherigen Version ein wesentlich grösseres Gebiet mit erheblicher Gefährdung (rotes Gefährdungsgebiet) aus.» Die beiliegende Karte zeigte deutlich, dass fast das gesamte Mannried nun im roten und blauen Gebiet liegt. Die Karte wurde am 15. Januar 2025 vom Kanton anerkannt und musste ab diesem Datum von der Bauverwaltung umgesetzt werden.
Am 4. März fand die Informationsveranstaltung im Gemeindesaal statt. Zugegen waren Gemeindepräsidentin Beatrice Zeller, Geschäftsführer der Syntas AG und Bauverwalter im Mandat Andreas Oestreicher, Thomas Ninck vom Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Bern, Lukas Hunzinger von der Flussbau AG, Präsident der Schwellenkorporation Kurt Müller und Feuerwehrkommandant Oliver Buchs. Im Saal waren rund 120 Betroffene anwesend.
Unzureichender Geschiebesammler
Der bestehende Geschiebesammler oberhalb der Siedlung hat ein Rückhaltevolumen von 3000 bis 4000m³. Bei einem häufigen Ereignis wird jedoch eine Geschiebefracht von 7500 m³ erwartet, bei einem mittleren sogar doppelt so viel. Zudem ist das Bauwerk instabil und könnte bei starker Belastung versagen. Problematisch sind auch die zahlreichen Brücken, an denen sich Geröll und Schwemmholz ansammeln können. Während es bei einem häufigen Ereignis möglich ist, das Wasser zurück bis in die Simme zu leiten, würde bei einem mittleren Ereignis der Sammler gefüllt und durchbrochen. Dies hätte eine Übermurung des Gebiets auf dem Schwemmkegel zufolge und viele Gebäude wären stark betroffen.
Kritische Fragen
In der Fragerunde waren Skepsis, Angst und Frustration deutlich hörbar. «Ich finde es unfair, Fotos von Brienz zu zeigen», sagte eine Frau. «Ihr wollt uns Angst einjagen! Viele Häuser im Mannried sind über 300 Jahre alt!» Ein junger Mann zweifelte lautstark an der Korrektheit der neuen Karte, er fände es seltsam, dass der ganze Mariedgraben bis zur Simme in der roten Zone liege, mit Ausnahme des kantonalen Werkhofs – das könne unmöglich ein Zufall sein.
Ein weiterer Bewohner wollte wissen, ob die amtliche Bewertung und damit die Liegenschaftssteuern in der roten Zone jetzt sinken würden. Gemeinderat Sylvain Regamey erklärte, er habe Rücksprache mit dem Steueramt genommen und die erneuerte Gefahrenkarte habe keinen Einfluss auf die Immobilienbewertung, nur auf eingezontes Bauland.
Ein älterer Herr fragte: «Die Karte ist rechtskräftig, doch welche Rechtsmittel gibt es und wo bleibt die Rechtsmittelmittelbelehrung?» Bauverwalter Andreas Oestreicher antwortete: «Seitdem Mitte Januar 2025 die überarbeitete Gefahrenkarte von den kantonalen Stellen anerkannt wurde, muss sie zwingend angewendet werden. Im Rahmen von Baugesuchsverfahren können sich Betroffene gegen auferlegte Massnahmen zur Wehr setzen, dabei muss insbesondere der fachliche Nachweis erbracht werden, dass die Zuweisung nicht korrekt erfolgt ist. In einem nächsten Schritt folgt die Überführung in die Ortsplanung. Im Zuge der öffentlichen Planauflage besteht dann eine Einsprachemöglichkeit für die Betroffenen.»