Vortrag mit Martin Kaske, Leiter von «Rindergesundheit Schweiz»

Impfpflicht für Kälber: Schutz oder Bürokratie?

Seit dem 1. Juli 2025 müssen sämtliche Kälber im Rahmen einer dreijährigen Pilotphase geimpft werden, wenn sie den Geburtsbetrieb vor dem 57. Lebenstag verlassen. Eine zweite Impfung muss auf dem Folgebetrieb innerhalb von vier Wochen erfolgen. Die Impfung zielt auf fieberhafte Atemwegserkrankungen und soll den Einsatz von Antibiotika reduzieren und die Wirtschaftlichkeit sowie das Tierwohl verbessern. Vergangenen Freitag, 14. November wurde in St. Stephan unter Tierärztinnen und Tierärzten, sowie über hundert Bäuerinnen und Bauern über den Sinn und Nutzen dieses Obligatoriums diskutiert.

Von Ueli Zürcher

Martin Kaske ist Tierarzt und fachlicher Leiter von Rindergesundheit Schweiz. In seinem Referat erläuterte er das Pilotprojekt zum dreijährigen Impfobligatorium für Kälber, welches seit dem 1. Juli 2025 in Kraft steht.

Martin Kaske ist Tierarzt und fachlicher Leiter von Rindergesundheit Schweiz. In seinem Referat erläuterte er das Pilotprojekt zum dreijährigen Impfobligatorium für Kälber, welches seit dem 1. Juli 2025 in Kraft steht.

© Ueli Zürcher

Martin Kaske, Tierarzt und fachlicher Leiter von Rindergesundheit Schweiz, weiss aus seiner langjährigen Erfahrung, von was er spricht, wenn es um Kälbergesundheit geht. So stellte er auch gleich klar, dass zu fünfzig Prozent die Betriebsleiterin oder der Betriebsleiter verantwortlich ist, ob ein Kalb gesund ist oder eben nicht. Nun ja, dass Kälber krankheitsanfällig sind, muss man keiner Bäuerin und keinem Bauern erklären. Im Laufe der Jahre wurden jedoch gängige Praxen im Zusammenhang mit der Tiergesundheit hinterfragt, und man ist zu neuen Erkenntnissen gekommen.

Was man vorne versäumt, kann man hinten nicht mehr aufholen

Gemäss Kaske sind die ersten Stunden und Tage im Leben eines Kalbes entscheidend, wenn es um die Gesundheit, und folglich auch um die Wirtschaftlichkeit in der Mast geht. Hygiene während und nach der Geburt, und vor allem Kolostralmilch ad libitum seien ein wichtiger Faktor, den es zu beachten gilt. Zudem haben Kälber nicht gerne kalt, und bevorzugen eine Temperatur um 15° Celsius. Als grundsätzliches Problem sieht der Fachspezialist die Gruppenhaltung in der Kälberaufzucht. So vergleicht er diese mit einer Kindergartenklasse: «Hat ein Kind Grippe, haben ein paar Tage später viele Grippe.» Aus gleichem Grund sieht er auch Kälbermärkte als problematisch.

Impfung als Lösung?

Der Veterinär ist überzeugt, dass durch die Impfung eine Herdenimmunität erreicht werden kann, welche einerseits zu tieferen Tierarztkosten, und andererseits durch höhere Tageszunahmen zu einer besseren Wirtschaftlichkeit und zu einem höheren Tierwohl führt.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass durch die Impfung der Einsatz von Antibiotika massgeblich reduziert werden kann. «In der Schweiz sterben jährlich 300 Menschen durch Antibiotikaresistenzen», mahnte Kaske und appelliert an einen verhältnismässigen Einsatz von Antibiotika sowohl in der Tier- wie auch in der Humanmedizin.

Nach einem Jahr werden erste Ergebnisse aus dem Pilotprojekt in Aussicht gestellt. Man darf gespannt sein, ob die Massnahmen ihre Ziele erreichen: tieferer Antibiotikaeinsatz, bessere Wirtschaftlichkeit für die Produzenten und höheres Tierwohl wären alles Effekte, von welcher die Gesamtbevölkerung profitieren könnte.

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Erstellt:
21.11.2025, 00:30 Uhr
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