Info-Abend für Waldbesitzer
Gemeinschaftlich stark

V.l. Erich von Siebenthal, Walter Perren, Evelyn Coleman-Brantschen, Ueli Lädrach, Christian Linder
Prinzipiell ist der Wald in der Schweiz für jede(n) zugänglich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sich gerade im Kanton Bern fast die Hälfte des Waldes in privaten Händen befindet.
Die Waldbesitzer organisieren sich regional. Obersimmental und Saanenland dürfen sich glücklich schätzen, mit Nationalrat Erich von Siebenthal im Eidg. Parlament einen Fürsprecher zu haben, welchem das Wohlergehen des Waldes speziell am Herzen liegt. Als Präsident der Berner Waldbesitzer ist von Siebental auch auf kantonalem Parket an vorderster Front anzutreffen. Wen wunderts, dass der Saal im Golfhotel in Saanenmöser am Freitag bis auf den letzten Platz gefüllt war. Als Kernstück des Informations-Abends entpuppte sich ein neues Versicherungsmodell, welches ausschliesslich Vereinsmitgliedern vorbehalten ist. Die regionale Oberförsterin Evelyn Coleman-Brantschen sowie Ueli Lädrach, als Vertreter des Sägerei-Gewerbes, liessen es sich nicht nehmen, an der Informationsveranstaltung teilzunehmen. 48 Prozent des Waldes im Kanton Bern sind Privateigentum. Dem Bund gehört gerade noch ein Prozent des Waldes, dem Kanton sieben. Die Gemeinden halten mit 44 Prozent den zweithöchsten Anteil. Im Berner Oberland sowie im Berner Jura ist die Waldfläche pro Kopf der Bevölkerung viermal so gross wie etwa im Mittelland, wo der Wald zusehends unter Druck gerät. Bei den einheimischen Wäldern handelt es sich weitgehend um Mischwälder; das Verhältnis beträgt ca. 75 Prozent Nadelbäume gegenüber 25 Prozent Laubholz.
Um die Interessen der Waldbesitzer wahrzunehmen, gibt es den Verband Bernischer Waldbesitzer. Deren Sektionen erstrecken sich, 23 an der Zahl, in einem regional gestalteten Netz über die gesamte Kantonsfläche. Dass das Obersimmental auch hier mit dem Saanenland zusammenspannt, liegt auf der Hand. Der Verband will sich als zentrale Stelle für den Schutz des Waldes einsetzen: Lawinen, Wasser, Steinschlag, Erdrutsche – gerade im Berggebiet lauern Gefahren. Daneben gilt es, z.B. zusammen mit den Jagdbehörden, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um den Wald vor Wild-Verbiss zu schützen. Etwas genauer betrachtet, ist die Rede vom «Input der Waldeigentümer» und den drei «Output «Positionen: Schutz, Wohlfahrt (Erholungsgebiet, Sport) sowie Nutzung.
Grossratsbeschluss gibt zu reden
«Völlig überraschend», sagte Nationalrat Erich von Siebenthal in seinem Diskurs, sei für ihn die vom Bernischen Grossen Rat «inakzeptable und verwerfliche Verabschiedung» eines Gesetzes gekommen, wonach in Zukunft der Waldbesitzer für Schäden aufkommen müsse, bei Unfällen, welche sich auf waldgesäumten Strassen ereignen. Etwa dann, wenn ein herabstürzender, von Eis und Schnee überladener Baum-Ast ein Fahrzeug beschädigt.
Im Klartext: Waldbesitzer können für die Sicherheit entlang von «Nicht-Kantonsstrassen» haftbar gemacht werden.
Das warf Fragen auf im Saal. Zum Beispiel: Wie steht es bei der Haftung auf Wanderwegen oder Mountainbike-Pfaden? Was ist mit jenen Privatwegen, welche vom Besitzer mit einem Fahrverbot belegt sind? Skipisten? Hier herrschte vorerst noch etwas Erklärungsnotstand mangels vorliegender Gerichtsentscheide; vorerst kann die Geschäftsstelle im Zweifelsfall individuell zu Rate gezogen werden. Der Verband rät dem Waldbesitzer vorerst, beim Neubau von Strassen nur dann einzuwilligen, «wenn Haftung und Unterhalt des Waldrandes durch den Strasseneigentümer (laut Grundbucheintrag) übernommen wird».
Als eigentliches Kernstück des Abends wurde den Versammelten alsdann die Möglichkeit einer Kollektiv-Versicherung in Aussicht gestellt. Diese greift dem betroffenen Waldbesitzer bei Schadenfällen grosszügig unter die Arme, ohne zeitraubenden Administrativ-Aufwand und Papier-Krimskrams, notabene. Ein sehr attraktives Angebot zudem, weil die Prämien durch die Sektionsmitgliedschaft (bzw. die Bezahlung des Mitgliederbeitrages) abgegolten werden. Keine Korrespondenzen also, aber auch keine individuellen Versicherungspolicen. Die Kollektiv-Versicherung ist z.B. auch dann zuständig, wenn ein Fall von «grober Fahrlässigkeit» vorliegt. Als Beispiel: Wird ein Waldbesitzer von der Gemeinde aufgefordert, verkehrsgefährdende Bäume zu fällen, kommt dieser Weisung jedoch nicht nach, dann würde die Versicherung bei einem Schadenfall trotzdem bezahlen. «Diese Klausel findet man in keiner Privathaftpflicht», schickte Geschäftsführer Perren nach.
Neue Handelsgebräuche für Rundholz
Schon etwas komplizierter wird es bei den neuen Bestimmungen im Handel mit Rundholz. Neu soll in Festmeter (statt Kubik) und Raummeter (anstelle von Ster) gemessen werden. Von Rindenabzug ist da die Rede, Zumass und Mischqualität.
Wer sich in die Materie vertiefen will, dem bietet der Verband der Berner Waldbesitzer die Broschüre «Schweizer Handelsgebräuche für Rohholz» an. Sektionsmitglieder kommen beim Bezug des Büchleins überdies in den Genuss einer Vergünstigung. Dazu Ueli Lädrach, seines Zeichens Präsident der Bernischen Säger: «Wir sind froh, dass nun ein aktuelles Regelwerk vorhanden ist. Holzschneiden ist nicht einfach Holzschneiden.
Lieferanten und Abnehmer müssen zusammenarbeiten. Zudem», so Lädrach, «ist Holz derzeit gesucht, die Lagerbestände relativ niedrig. Das könnte nach Weihnachten zu Engpässen führen.» Lädrach trat mit der Bitte an die anwesenden Waldbesitzer heran, geplante Holzschläge auszuführen.
Schlagwort Biodiversität
Bezüglich der nationalen Waldpolitik zeigte sich Erich von Siebenthal gegenüber der Biodiversität in den Wäldern eher skeptisch. «Das Wort ist heute in aller Munde, indes, nicht alles ist gut. Das Bafu (Bundesamt für Umwelt) muss sich immer wieder neu beschäftigen», meinte der Nationalrat. «Wenn der naturnahe Waldbau gesamtschweizerisch als verbindlich erklärt werden sollte, dann müssten zehn Kubikmeter des geschlagenen Holzes pro Hektare Wald am Boden bleiben.» Das käme, so von Siebenthal, einer (partiellen) Enteignung des Waldbesitzers gleich. Der Redner sprach sich hinsichtlich des Aufkommens der Rothirschpopulation («…in gewissen Kantonsgebieten läuft das Aufkommen aus dem Ruder…») auch für eine massvolle Anpassung der Abschussbewilligungen aus.
«Es ist eine schwierige Zeit für Forst-und landwirtschaftliche Verbände», fuhr von Siebenthal fort. Gerade die Holzlobby ist relativ klein. «Es gilt, zusammen mit den Sägereien, die anstehenden Probleme zu lösen. Das Verbandswesen ist auf aktive Mitglieder angewiesen.» Die ebenfalls im Saal anwesende regionale Oberförsterin Evelyn Coleman Brantschen liess es sich nicht nehmen, Erich von Siebenthal zu antworten: «Die Biodiversität ist da ein wenig schlecht weggekommen», schmunzelte sie und erntete dafür ein paar Lacher im Publikum. Sie verwies auf das mitgebrachte Informationsmaterial und riet den Waldbesitzern, sich von ihrem Förster beraten zu lassen. Sie erläuterte: «Schleichende Veränderungen belasten den Wald: So gelangt über die Luft zu viel Stickstoff in den Wald und die Bodenfruchtbarkeit nimmt ab. Dadurch werden die Bäume anfälliger, z.B. auf Schädlingsbefall und Windwurf. Nebst Massnahmen, um den Stickstoffeintrag zu vermindern, müssen die Wälder möglichst vital und vielfältig aufgebaut sein, um solchen Einflüssen trotzen zu können. Deshalb ist die Waldpflege wichtig – drei Viertel des Berner Waldes haben Schutzfunktion. Besonders die vielen Jungwaldflächen, welche durch den Sturm Lothar und die anschliessende Käferepidemie entstanden sind, brauchen in den nächsten Jahren Pflege, um später ihre Funktion optimal erfüllen zu können.» Präsident Christian Linder und Geschäftsführer Walter Perren fassten am Schluss nochmals zusammen und zeigten punktuell die Vorteile einer Mitgliedschaft in der Verbandssektion auf. «Jeder, der Interesse am Wohlergehen des Waldes hat, kann dabei sein.» Die Sektion zählt derzeit 251 Mitglieder, darunter 18 Alpkorporationen, 22 Bäuerten sowie 4 Gemeinden. Daneben 206 Private und ein Waldfreund. Den organisierten Waldbesitzern im Obersimmental/Saanenland fallen insgesamt 5054 Hektaren Wald zu: 2860 ha Wald den Bäuerten und Gemeinden, 2194 ha Privaten und Alpkorporationen. Das sind knapp über 40 Prozent der regionalen Gesamtwaldfläche. Mit der angebotenen Kollektiv-Haftpflichtversicherung spielt der Verband nur einen starken Trumpf aus. Noch stärker wiegt indes das Wissen um eine starke Interessen-Gemeinschaft; sie wird die Waldbesitzer der Region getrost in die Zukunft blicken lassen. John Stucki
Der Waldbesitzerverein bezweckt…
einen möglichst lückenlosen Zusammenschluss der Waldbesitzer im Verbandsgebiet, um die gemeinsamen Interessen zu fördern und zu wahren
Information der Mitglieder in Bezug auf Fragen im Zusammenhang mit dem Wald
Öffentlichkeitsarbeit
Einflussnahme auf die Gestaltung von Gesetzen und Handelsregelungen (z.B. Waldgesetzrevision, Jagdgesetz, Strassengesetz, usw.)
Koordination von Massnahmen bei besonderen Ereignissen (z.B. Lothar!)
Förderung der Holzvermarktung (BEO Wald und Holz GmbH)
Mitarbeit bei der Waldzertifizierung
Der Waldbesitzerverein ist Mitglied bei:
Berner Waldbesitzer
BEO Holz