Erzählnacht in der Grubenberghütte SAC
Gruselige Walliser Sagen und Geschichten
Ob es wohl am hohen Bekanntheitsgrad des Walliser Erzählers Andreas Weissen liegt, dass die diesjährige Erzählnacht vom Samstag, 11. Oktober 2008, in der Grubenberghütte bereits innerhalb kürzester Zeit ausgebucht war?
Das Märchen- und Sagenschloss Grubenberg war bis auf den letzten Sitzplatz belegt, als Andreas Weissen kurz nach 20 Uhr mit einem kurzen, lebendigen Blockflötenspiel die «Geisterstunde» eröffnete und im urchigen Walliser-Dialekt seine «Bozugschichte» zu erzählen begann. Die Dunkelheit im Raum wurde nur durch das flackernde Kerzenlicht gebrochen und das Knistern des Feuers im Holzofen trug das Seinige zur spannenden Atmosphäre und Mystik bei.
Wortgewaltig, mal laut, mal leise und mit viel Mimik vermochte Weissen mit seinen wilden und gruseligen Geschichten das Publikum in seine Bann zu ziehen. Unglaublich, was wir da zu hören bekamen. Von den armen Seelen im Gletscher beispielsweise, die am Ende doch noch ihre Erlösung fanden oder vom hinterlistigen Teufel, der den Bauern seine Dienste anbot und deren Äcker pflügte. In Tat und Wahrheit hatte er es nur auf deren Seelen abgesehen…
Spätestens seit der Erzählnacht wissen wir, dass im Walliser Sagentum die Quartember-Zeiten (d.h. die eine Woche nach Aschermittwoch und Pfingsten sowie die 3. September- und 3. Dezemberwoche) die günstigste Zeit für die Begegnung mit Bozen (Geister) ist und Kinder, welche in dieser Zeit geboren werden, hellsichtig sein sollen…
Auch in sprachlicher Hinsicht haben wir an jenem Abend einiges dazu lernen können. Läschbe, Heutaschittele, Buttili, Botschi… – die wenigsten «Üsserschwizer» vermochten mit diesen und vielen weiteren Walliser-Ausdrücken etwas anzufangen!
«Langsam sind die Kerzen niedergebrannt» – gegen Mitternacht erlosch die Sagenkerze des Erzählers und Weissens Geschichts-Konturen entschwanden in der nächtlichen Finsternis. Der Mond legte seinen silbrigen, geheimnisvollen Schleier über den Grubenberg und dessen Umgebung. Nach dem Schlummertrunk zogen sich die «Bozen des Grubenbergs» allmählich in die Schlafkammern der Hütte zurück. Manch einen dürften die Geistergeschichten bis in den Schlaf begleitet haben!
Wie war nochmal das Zitat von Andreas Weissen, wie er die Geister ansprach: «Ich gebe Dir Atem, aber das erste und das letzte Wort ist meins»… R. Hählen