Bei uns kann doch wirklich nichts passieren!

Wie in den 70-iger Jahren diskutieren wir wieder einmal über das Für und Wider von Atomkraftwerken. Eigentliche wissen es alle, dass die Atomkraft endlich, und eigentlich ein Auslaufmodell ist. Die Kosten für einen Neubau können mangels Investoren nur noch vom Staat mitfinanziert werden.

Die «energiepolitische Weichenstellung» heisst für viele, vielleicht sogar für eine Mehrheit immer noch: Ja nichts ändern, sich weiterhin ganz bewusst daran klammern, alles wie gehabt, obwohl wir den nachfolgenden Generationen – für unsern übertriebenen Wohlstand – immer mehr Strahlenmüll für eine Million Jahre zur immens gefährlichen und teuren Überwachung hinterlassen.

Das ist doch – mit etwas Abstand betrachtet – an Wahnhaftigkeit und mangelnder Rücksicht von der heutigen Überflussgesellschaft, den nachfolgenden Generationen gegenüber kaum zu überbieten.

Vor 25 Jahren wurde Europa radioaktiv verstrahlt, heute erlaubt es das «Kurzzeitgedächtnis» unserer Generation bereits wieder voll auf AKW zu setzen. Leider ist die Strahlungszeit der Abfälle nicht so kurzlebig wie unser Gedächtnis!! Eigenartig; wenn doch alles so ungefährlich ist, warum will dann keine Region ein solches Lager? Die möglichen Schreckensszenarien ob mit oder ohne Atom sind wohl doch etwas verschieden: Schreckensszenario 1; Bauen wir keine neuen AKW mehr, kann es durchaus sein dass es einen Engpass in der Energieversorgung (Verschwendung) gibt, bis die Alternativenergien richtig greifen. Vielleicht müssten die Weihnachtsbeleuchtungsorgien reduziert werden, oder es müsste sogar verboten werden, dass die leeren Zweitwohnungs-Chalets in den Ferienregionen weiter durchgehend auf 23 Grad geheizt werden. Ja vielleicht müsste man sich sogar daran gewöhnen, dass in einer Ski-Region nicht mehr alle Skipisten durchgehend beschneit werden könnten und noch einiges unseres entarteten Überflusses mehr.

Was aber das Schreckensszenario 2 – wenn in Mühleberg wirklich etwas passieren würde – etwa für die Städte Bern oder Biel heissen könnte, davor schliessen wohl auch die feurigsten Atombefürworter besser die Augen, und sie tun es auch. Zum Glück passiert ja «sicher nichts», schliesslich ist da wo Menschen am Werk waren in der Vergangenheit «noch nie» etwas passiert, was die «Fachleute» nicht voraus gesehen hätten!! Sei es in der Finanzwelt, bei der Ölförderung oder eben auch bei AKWs.

1962 sagte ein Bundesrat noch vollmundig: Ein Werk wie Lucens kann gar nicht explodieren.» Bereits sieben Jahre später passierte es doch.

Das erinnert doch sehr an die Aussagen einer heutigen Grosspartei die zu 0 Stimmen für ein neues Kraftwerk stimmt.

Unsere Machbarkeits-Arroganz nimmt oft schon groteske Züge an.

Nehmen wir doch besser Szenario 1 in Kauf und gehen zielstrebend daran, die wirkliche Energiewende herbei zu führen. Eine deutsche Statistik zeigt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien allein im 2008 etwa 50 000 neue sinnvolle Arbeitsplätze geschaffen hat. Weit mehr als in der Atomindustrie in Deutschland beschäftigt sind. Viele Arbeitsplätze also, die z.B. auch in allen Tälern des Oberlandes angesiedelt werden könnten, wären billiger zu haben, als ein neues AKW.

Anders als in der Schweiz hat Deutschland in den letzten Jahren durch gezielte Förderung bereits heute über zehn Prozent Alternativenergie zur Verfügung. Zusammen mit unsern Wasserkraftwerken von ca. 50 Prozent ergäbe das immerhin bereits 60 Prozent. Die Einsparmöglichkeiten noch nicht eingerechnet.

Es gibt also durchaus gute und vernünftige Alternativen.

Ich persönlich produziere seit 20 Jahren immerhin jedes Jahr mehr Strom als wir für unser Haus verbrauchen. Oder gehen sie mal zu Familie Rolf Kunz in den Reichenstein und lasst euch orientieren über ihre Energieversorgung (Zentrale Schnitzelheizung für drei Häuser, Schnitzel aus dem nahen Wald oder aus Zimmereiabfallholz, dazu eine neue Gross-Scheune bedeckt mit einer Solaranlage.

Lieber als den mit viel Geld und Tricks unterstützten Slogan nachzubeten: «Das funktioniert sowieso nicht…, wir haben es immer so gemacht…», halte ich mich an den TV Spot mit dem Berner Sennenhund: «Me mues halt wüsse wie» und ich würde dem noch anfügen «Me mues halt ou wöue».

Weil ich Schreckensszenario 2 nicht verantworten kann und will, und weil es vernünftige Alternativen gibt, stimme ich wo immer ich kann, gegen neue AKW. Auch gegen ein neues AKW in Mühleberg. Fritz Dubach Blankenburg

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Erstellt:
20.01.2011, 00:00 Uhr
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