GV der «Kulturregion Alliance Culturelle Obersimmental Saanenland Pays-d’Enhaut»

Neuhaus, Ruprecht und Sterchi – drei Kulturschaffende

Mit der Präsentation des Projekts «Literarischer Herbst Gstaad», einer kurzen Lesung von Beat Sterchi, einem Rundgang durch das Museum Saanen und dem traditionellen Apéro ging die GV der Kulturszene Obersimmental Saanenland Pays-d’Enhaut am letzten Freitag zu Ende. Die Versammlung genehmigte zwei Statutenänderungen. Eine betraf den Namen des Vereins, der künftig «Kulturregion Alliance Culturelle Obersimmental Saanenland Pays-d’Enhaut» heissen wird. Den Kulturpreis 2010 erhielt Roland Neuhaus für sein Wirken als vielseitiger Musiker, Chorleiter und Dirigent.

Hans Ruprecht: Der Berner Kulturveranstalter stellt sein Beziehungsnetz in den Dienst eines Literaturfestes in der Region.

Hans Ruprecht: Der Berner Kulturveranstalter stellt sein Beziehungsnetz in den Dienst eines Literaturfestes in der Region.

Laut Beat Michel, dem Präsidenten der Kulturregion, ist es ein Anliegen des Vorstandes, die Organisation besser in ihr Umfeld einzubetten, sie einem breiten Publikum bekannter zu machen. Dazu dienen drei Massnahmen: Die Änderung des Namens von Kulturszene zu Kulturregion, ein neues Logo und einen neuen Internetauftritt. Die Versammlung folgte dem Antrag des Vorstandes zur Namensänderung nach einer Diskussion, in der von Mitgliedern die Vorteile von «Szene» (Bühne, Arena) vor Region (Raum, Gebiet) genannt wurden. Es wurde auch gesagt, dass mit der Nennung von «Obersimmental Saanenland Pays-d’Enhaut» die Region genügend umschrieben werde.

Der Kulturpreis geht an Roland Neuhaus

Mit dem Kulturpreis 2010 ehrte die Kulturregion einen Musiker, der in Gsteig aufgewachsen ist und der seit vielen Jahren das kulturelle Leben in der Region bereichert. Roland Neuhaus betreut als Organist und Kirchenchorleiter das musikalische Geschehen der Kirchgemeinde Saanen. Als freischaffender Cembalist und Kontrabassist spielt er in professionellen Orchestern mit, das gemeinsame Musizieren bereitet ihm besondere Freude. An der Musikschule Saanenland-Obersimmental unterrichtet er Klavier, Chorleitung, Kontrabass, Harmonielehre und Orgel, zudem arbeitet er in der Musikschulleitung mit. Neuerdings lehrt er Musik an der Saaner Filiale des Gymnasiums Interlaken und beschäftigt sich dabei auch mit der Rock- und Popmusik.

Beat Sterchi jongliert mit Worten

Vor der Lesung stellte Hans Ruprecht das neue Kulturprojekt «Literarischer Herbst Gstaad» vor (siehe Kasten). Der Berner Schriftsteller Beat Sterchi gab seiner kurzen Lesung den Titel «Röstigrabentexte». Er sagt von sich, er lebe von und im Geschriebenen. Dieses könne laut oder leise daherkommen, barfuss, gereimt in Socken oder in schweren Stiefeln. Sogar uf Bärndütsch, we’s muess sy. Or in English. Ou en français. In Saanen las Beat Sterchi nichts auf Englisch, alle anderen erwähnten Sprachen aber schon, besonders Bärndütsch. Die anwesenden Romands tröstete er mit der Bemerkung, dass sie die berndeutschen Texte nicht zu verstehen bräuchten, es gehe in ihnen hauptsächlich um die Sprachmelodie. Seinen literarischen Durchbruch hatte Beat Sterchi 1983 mit seinem Roman «Blösch», der Geschichte einer Kuh, die zum Schlachthof muss. Der 1949 geborene Metzgersohn hat in Bern selber eine Metzgerlehre gemacht. «Blösch» machte ihn fast über Nacht berühmt. Das Buch wurde mit der «Blechtrommel» von Grass verglichen. Der darauf folgende Erwartungsdruck hat Beat Sterchi lange beschäftigt. Bis heute ist auf «Blösch» kein weiteres Prosawerk von Sterchi erschienen. In Saanen wirkte er sehr entspannt und locker. Die Lesung machte nicht nur dem Publikum grossen Spass, sondern auch dem Autoren. So wie zum Beispiel bei dem folgenden Zwiegespräch eines Berners und einer Zürcherin vor einem Hodler-Bild (aus «Ging Gang Gäng», einer Sammlung von über fünfzig Mundart-Texten, die in den letzten Jahren für Spoken-Word-Auftritte oder als Nebenprodukte zu Theaterstücken entstanden sind):

Was? Isch das än Hodler? Sicher isch das ä Hodler. Daisch doch kän Hodler! Mo mou, das isch ä Hodler! Moll, du hesch recht, daisch doch än Hodler. Gäu? Itz gsehnis. Da sind doch die Wülchli. Da isch er no ganz jung gsi. Jo jo, die Wülchli. Die Wülchli. Äbe, ä Hodler. Jo me siehets scho. Wege de Wülchli. Dert obe hann i doch mau ds Bei broche. Wo obe? Dert uf em Niese. Isch da de Niese? Ja, das isch dr Niese.

Du da isch dänn schön. Klar, dr Niese isch dänk schön. Ich han doch nöd gwüsst, da da de Niese isch. Das isch o nid dr Niese. Das isch es Biud vom Niese. Jo gell, vom Hodler. Genau. Jo, vom Hodler. Scho schöööö!

So schön! Das fanden auch die Anwesenden im Museum Saanen und spendeten dem Wortakrobaten begeistert Applaus. Hans Ruprecht mit dem Projekt «Literarischer Herbst Gstaad» und Beat Sterchi mit seiner Lesung machten am letzten Freitag Appetit auf mehr Literatur im Saanenland. Gespannt darf man darauf warten, ob diese Erwartungen erfüllt werden. Thomas Raaflaub

Roland Neuhaus: Der in Zweisimmen wohnhafte Gsteiger und Kulturpreisträger tut viel für die Musik.

Roland Neuhaus: Der in Zweisimmen wohnhafte Gsteiger und Kulturpreisträger tut viel für die Musik.

Beat Sterchi aus Bern jongliert akrobatisch mit der Sprache auf Standarddeutsch, uf Bärndütsch et en français.

Beat Sterchi aus Bern jongliert akrobatisch mit der Sprache auf Standarddeutsch, uf Bärndütsch et en français.

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Erstellt:
03.06.2010, 09:12 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 00sec
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