Zur GV der Simmentaler Kraftwerke (Simmental-Zeitung vom 3.6.)
Alles im grünen Bereich?

Wasserfall Laubegg.
Der Artikel erweckt den Anschein, als ob betreffend Wasserkraftwerk Laubegg (WKW) alles im grünen Bereich und nur noch eine Frage der erhofften zügigen Behandlung durch das Amt für Wasser und Abfall sei. Dazu gibt es einiges zu sagen, denn es ist nicht alles grün, was scheinbar so glänzt.
– Die Wassernutzungs-Strategie des Kantons Bern muss nach breiter Vernehmlassung erst noch überarbeitet werden, auch in den Fragen von Nützen oder Schützen der Gewässer muss sich noch etliches ändern. Nützen kann gerade auch schützen heissen, zum Beispiel zum touristischen Nutzen, der für das Simmental anerkanntermassen Jahr für Jahr wichtiger wird. Und da sind nur echte Wasserfälle von Nutzen, nicht aber Steinwüsten mit kümmerlichen Rinnsalen von zeitweise 1 Kubikmeter Restwasser pro Sekunde. Von Flora, Fauna und Landschaft ganz zu schweigen.
– Die kostendeckende Einspeisevergütung KEV ist keineswegs selbverständlich garantiert, wie in den Ausführungen suggeriert wird. Die Zulassung des
Projektes durch die verantwortliche swissgrid ist rein formal, jedes Projekt
muss zuerst vor den rechtlichen Grundlagen auf allen Stufen den Test bestehen – und auch dann gibt es noch keine Gewähr für die Beiträge. Die Aussicht auf KEV hat eine völlig unverhältnismässige Flut von Projekten ausgelöst, für welche die Mittel niemals ausreichen. Würden die Beiträge ausbleiben, wäre das WKW Laubegg komplett unwirtschaftlich, wie die Projektanten selber ausführen. Dies alles und noch viel mehr liefert gute Gründe, weshalb beim WKW Laubegg wie anderswo mehrere Einsprachen nach wie vor hängig sind. Unter anderen auch diejenige der Gruppe besorgter Simmentaler Bürgerinnen und Bürger. Wir finden es unverantwortlich, (Natur-)Schutz und «alternative» Energien gegeneinander auszuspielen und eine touristisch-landschaftliche Attraktion auf 80 Jahre hinaus einzubetonieren. Die BKW insistieren auf einer derart langen Konzessionsdauer, wiederum wegen der Wirtschaftlichkeit. Dabei gibt es durchaus (echte !) Alternativen. Wir haben die Zahlen des Projektes, 12 Gigawattstunden Jahres-Stromproduktion, 20 Millionen Franken Projektkosten – anfänglich war noch von 18 Millionen die Rede – einem Energiefachmann vorgelegt, und er hat durchgerechnet, dass dieselbe Strommenge auch durch 6000 Sonnenkollektor-Kleinanlagen auf Hausdächern eingespart werden kann, wenn damit Elektroboiler entlastet werden. Solche Anlagen decken den jährlichen Warmwasserbedarf einer vierköpfigen Familie zu 70%, dementsprechend reduziert sich der Stromverbrauch. Mit den 20 Millionen könnten die BKW jede dieser Anlagen von 6–7 m² Kollektorfläche mit einem Förderbeitrag von 3300 Franken beglücken, dazu käme der kantonale Förderbeitrag von 2000 Franken für solche Anlagen. Insgesamt käme so rund ein Drittel der Anlagekosten zusammen. Dadurch würden weitere 60–80 Millionen Franken an Folge-Investitionen ausgelöst, die zu einem guten Teil dem regionalen Gewerbe und Handwerk zugute kämen !
Nicht so beim WKW Laubegg: Es bliebe bei den 20 Millionen, der Strompreis müsste weiter berappt werden, jede Veränderung wäre auf 80 Jahre blockiert, Arbeitsplätze würden nach der eigentlichen Bauphase kaum mehr geschaffen.
Dass das Sonnenkollektor-Szenario keine Utopie ist, zeigt der Kanton Uri: Der Landrat hat ein 2000-Solardächer-Programm beschlossen. Bis 2020 werden 2000 Kleinanlagen zur Erzeugung von Warmwasser, bzw. eine Kollektorfläche von 10000 bis 12000 Quadratmetern, realisiert. Die drei Urner Stromversorger wurden verpflichtet, pro Kollektor-Kleinanlage 2000 Franken Förderbeitrag auszuzahlen (die Gemeindewerke Erstfeld zahlen sogar 2500 Franken). Der gleiche Betrag kommt vom Kanton dazu. Das ergibt also mindestens 4000 Franken pro Anlage. Durch dieses Anreiz-System wurde eine rechte Lawine ins Rollen gebracht. Während 2008 rund 40 Fördergesuche gestellt wurden, waren es im Jahr 2009 knapp 200(!). Übrigens: Der Kanton Uri ist finanzschwach, und sein 2000-Solardächerprogramm entspricht auf den Kanton Bern übertragen einem 55000-Solardächerprogramm…
Wir können die 12 Gigawattstunden also problemlos einsparen. Dieser eingesparte Strom kann für andere, gezieltere Nutzungen verwendet oder auf dem Markt verkauft werden (statt vom Frühling bis Herbst mit Elektroboilern warmes Wasser zu erzeugen, wenn uns die Sonne die Energie dafür gratis und in Hülle und Fülle liefert).
Sollte auch die vielbeschworene Kostendeckende Einspeisevergütung KEV einmal aus dem Engpass herauskommen, was eine politische Entscheidung ist, kann auf Hausdächern neben solarem Warmwasser auch sehr viel Solarstrom produziert werden. Dann werden auch Solarstromanlagen ein Geschäft – wenn sie es durch die steigenden Strompreise und die sinkenden Kosten für Solarstrom nicht von selber schon werden.
Und den intakten Laubegg-Fall gäbe es sozusagen gratis noch dazu.
Ich war am Montag, 7. Juni an der Laubegg. 200 Meter oberhalb des Wasserfalls gibt es Ausstellplätze, auf dem Radweg entlang dem neu erstellten Laubegg-Strassen-Abschnitt ist die eigens erstellte Aussichts-Kanzel bequem zu Fuss erreichbar. Das Wasser-Fall-Schauspiel ist jetzt anfangs Juni (mit und ohne Hochwasser) ebenso macht- wie eindrucksvoll, das Amateur-Handy-Föteli gibt nur einen schwachen Eindruck davon wieder. Rund 10 Kubikmeter Wasser pro Sekunde donnern, stieben und schäumen über die Felsen – zehn Mal mehr als bei einem WKW-»Normalbetrieb». Kaum zu glauben, dass hier allen Ernstes darauf hingearbeitet wird, den einzigen Wasserfall zwischen der Lenk und der Mündung der Simme mit einer Betonmauer wegzusperren. Gruppe besorgter Simmentaler
Bürgerinnen und Bürger,
Gusti Pollak, Boltigen