40. Herbstkonzert würdig umspielt von der Camerata Menuhin Gstaad

Klangbogenspannende Oktette

Spohr, Schostakowitsch, Dvorak: Unter neuer und in kurzer Zeit prägender Leitung von Liviu Prunaru erfreute die Camerata Menuhin am 40. Herbstkonzert in der Kirche Boltigen. Sie gab Einblick vom Doppelquartett über Oktett bis zu Streichorchester.

Der neue Leiter Liviu Prunaru. Er folgte auf Jeremy Menuhin, der nach Alberto Lysy die Camerata leitete.

Der neue Leiter Liviu Prunaru. Er folgte auf Jeremy Menuhin, der nach Alberto Lysy die Camerata leitete.

Eine lange Tradition fand Fortsetzung: Die Camerata Menuhin, dem aus Studierenden der International Menuhin Music Academy (IMMA) gebildeten Streicherensemble (lange Jahre als Camerata Lysy Gstaad bekannt) bestritt das 40. Herbstkonzert der Reihe Boltiger Kirchenkonzerte. Die Prägung des neuen Leiters Liviu Prunaru, war spür- und hörbar. (Er ist neuer künstlerischer Leiter der IMMA und der IMMA und Camerata seit vielen Jahren verbundenen. Die Streicher/-innen kamen aus durchgehendem Vibrato heraus und durften sogar flach spielen. Unterschiedliche Klangfarben führten vom Dopperlquartett über Oktett bis hin zum Streichorchester.

Reines Streicherprogramm

Zum 33. Mal in der Folge trat die Camerata Menuhin Gstaad in der Kirche Boltigen auf. Das 1823 von Louis Spohr geschriebene Doppelquartett zeigte mehr die Kombination von Vertrautem und weniger Vertrautem. Es ist das erste von vier Doppelquartetten des deutschen Komponisten und Geigenvirtuosen Spohr. In Boltigen entpuppte sich das selten aufgeführte Werk mit der Sonderform des Oktetts, in dem die doppelchörige Gegenüberstellung zweier gleich besetzter Quartette kompositorisch gestaltet wurde, zu einer Entdeckung. Die Streichquartette sassen sich gegenüber, wobei die räumliche Trennung dem subtilen antiphonalen Wechselspiel der gleichgestellten und unabhängigen Quartette besonderen Reiz verlieh.

Anrührende Intensität

In Hochform das achtstimmige Klangpotential voll ausgekostet, präsentierten sich die jungen Künstler/-innen in «Zwei Stücke für Streichoktett op 11. Das Frühwerk ist ein Dokument von Dimitri Schostakowitschs Auseinandersetzung mit der Musik von Gustav Mahler, Arnold Schönberg, Bela Bartók und Igor Strawinsky. In den selten gehörten Streichoktett- Stücken gelang es der Camerata unbändige Energie zu entfachen, die aufhorchen liess: Von anrührender Intensität war die Wiedergabe bestimmt, mit Tiefe des Ausdrucks. In kurzer Zeit führte die Interpretation von schroff, stechend, hämisch-verzerrt wie eine Geschichte erzählend. Eine Zuhörende meinte: Wie Assozionen mit einem Wespennest.

Mit jugendlichem Schwung

Vertrautes bildete der magische Abschluss mit Antonin Dvoraks sensible und zugleich lebensfrohe Streicherserenade E-Dur. Sie entstand in der Zeit in welcher der Komponist um seine künstlerische und wirtschaftliche Selbstständigkeit kämpfte. In Boltigen erfüllte die Camerata in ihrer vollen Besetzung (15 Streicher/-innen) mit tschechischem Geist. Der Einfallsreichtum von Dvorak kam in lebendiger Gestaltung zu tragen: Wienerisch, akzentuiert, tänzerisch, verträumt und virtuos. Nach drei Zugaben mit Violinsoli des Leiters Liviu Prunaru entliess das lauschende, kräftig applaudierende und jubelnde Publikum die Camerata aus dem 40. Boltiger Herbstkonzert. Heidy Mumenthaler

Camerata Menuhin Gstaad mit neuer und nach kurzer Zeit prägender Leitung,Liviu Prunaru (mitte, links von der Bassgeige).

Camerata Menuhin Gstaad mit neuer und nach kurzer Zeit prägender Leitung, Liviu Prunaru (mitte, links von der Bassgeige).

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Erstellt:
03.11.2010, 17:45 Uhr
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