Postautolinie im Diemtigtal ist gefährdet

Geht es nach dem neuesten Konsolidierungsprogramm des Bundesrates, sollen unter anderem Postautolinien geschlossen werden, die weniger als 100 Personen pro Tag befördern. Betroffen wären 28 Linien. Im Simmental würde dies die Stilllegung der Linie Oey-Diemtigen–Schwenden-Grimmialp, im Saanenland das Aus für die Turbach-Kurse bedeuten. An einer Medienkonferenz in Bern wehrte sich der Diemtiger Gemeindepräsident Peter Knutti, unterstützt von Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer vehement gegen die Abbaupläne.

Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer und der Diemtiger Gemeindepräsident Peter Knutti sind verärgert über die vom Bund vorgeschlagene Schliessung der Postautolinie im Diemtigtal.

Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer und der Diemtiger Gemeindepräsident Peter Knutti sind verärgert über die vom Bund vorgeschlagene Schliessung der Postautolinie im Diemtigtal.

Es ist mir ernst

«Wenn ich extra von meinem Alpbetrieb auf 1600 Meter nach Bern reise, so ist es mir ernst», führte Peter Knutti vor den zahlreichen Medienvertretern im Berner Rathaus aus und verurteilte die jüngsten Abbaupläne des Bundes aufs Schärfste. «Mit 92 beförderten Personen pro Tag liegen wir nur wenig unter der willkürlichen neuen Grenze von 100 Personen.

Die Diemtigtaler Postauto-Verbindung über 14 Kilometer und 16 Ein- und Aussteigemöglichkeiten ist ein wichtiger Lebensnerv. Das Verschwinden würde zum weiteren Ausbluten der Region beitragen. Vor allem Schülerinnen und Schüler, ältere Personen, Wanderer und Wintersportler sind auf das Angebot angewiesen». An Spitzentagen wurden bisher über 600 Beförderte gezählt.

Zunahme erwartet

«Das Vorgehen ist noch aus anderen Gründen paradox: Eines der wichtigsten Anliegen bei der Schaffung des Regionalen Naturparks ist dem Bund die Förderung des öffentlichen Verkehrs. Der gleiche Bund postuliert nun mit seinen neuesten Sparvorschlägen hier genau das Gegenteil». Peter Knutti ist überzeugt, dass alleine mit den durch den Naturpark generierten zusätzlichen Beförderungen die ominöse Hundertergrenze erreicht würde.

Unterstützung aus Bern

Der Diemtiger Gemeindepräsidet darf auf die Unterstützung des Kantons zählen. Der Kanton hat in seiner Antwort zur Vernehmlassung entsprechend negativ reagiert und seine Ständeräte vorinformiert. Einstimmig hat der Grosse Rat zudem in der abgelaufenen Session einer Standesinitiative zugestimmt, die inzwischen an den Bundesrat verschickt worden ist.

Ein Schildbürgerstreich

Für Volkswirtschaftsdirektorin Barbara Egger-Jenzer erinnern solche Ideen an die Schildbürger und deren Streiche. «Jede Region hat Anrecht auf ein Grundangebot. Der öffentliche Verkehr im Kanton Bern ist eine Erfolgsgeschichte. Jährliche Zuwachsraten von über fünf Prozent haben dazu geführt, dass heute 70,2 Prozent der Berner regelmässig die öffentlichen Verkehrsmittel benützen. «Hier zu sparen, macht keinen Sinn. Die Zurückverlagerung auf die Strasse hätte ebenso kostspielige Weiterausbauten zur Folge». Als krasses Beispiel wies sie auf die (mit der Genehmigung des Bundes bestellten) neuen Doppelstockzüge für die BLS-S1-Linie Thun-Bern-Freiburg hin. Die nun via Konsolidierungsprogramm gestrichenen Perronverlängerungen auf Bahnhöfen dieser Strecke hätten zur Folge, dass Teile dieser Doppelstockzüge abgeschlossen und leer verkehren würden, weil auf zehn Bahnhöfen die Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten fehlen…

Betroffene Gemeinden nicht informiert

«Wir haben die Spar-Absichten aus den Medien erfahren», bedauerte Peter Knutti das Vorgehen. Die Gemeinde Diemtigen hat sich aber beim Bund bereits beschwert und man wird im Rahmen der parlamentarischen Behandlung auf die nationalen Politiker Einfluss nehmen. Ebenso hofft Diemtigen auf die Unterstützung der regionalen Verkehrskonferenz, die nach der Ablehnung der Regionalkonferenz Thun Oberland-West zuständig für das regionale Verkehrsangebot bleibt. Ernst Hodel

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Erstellt:
24.06.2010, 07:57 Uhr
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