Regionalgruppe Thun-Kandertal-Simmental-Saanen des Berner Heimatschutzes
Hauptversammlung und Exkursion zu Erlenbacher Gebäuden

Das schönste Schulhaus weit und breit: präzis gegliederte Fassade des Sekundarschulhauses von Erlenbach gebaut vom Meiringer Architekten Ernst Anderegg
Bei strahlendem Frühlingswetter besammeln sich gut dreissig Mitglieder der Regionalgruppe Thun-Kandertal-Simmental-Saanen des Berner Heimatschutzes am Samstag, 24. April 2010 am Bahnhof Erlenbach. Dort begrüsst sie Ernst Roth, Präsident der Regionalgruppe herzlich.
Aufschlussreiche Einführung in die Arbeit des Restauratoren
Nach einem steilen Aufstieg über die Kirchtreppe wird die Gruppe vor der Kirche durch Michael Fischer, Restaurator, empfangen. Zunächst erläutert er die Ausbildung zum Restauratoren, die im Kanton Bern 1964 auf Initiative des damaligen Kantonalen Denkmalpflegers, Hermann von Fischer, ins Leben gerufen wurde. Heute ist der Studiengang der Berner Fachhochschule angegliedert.
Die Kirche ist von Gerüsten umgeben. Es ist offensichtlich, dass sie zur Zeit renoviert wird. Diese Auffrischung gilt nicht nur der äusseren Gebäudehülle, sondern ebenfalls den Wandmalereien im Innern, mit denen sich Restaurator Fischer befasst.
1931 wurden die Malereien entdeckt und freigelegt. Sogleich konnten die Spezialisten diese als spätmittelalterlich datieren und stellten fest, dass sie aussergewöhnlich sind. Weitere Restaurierungen folgten 1961 und 1983. Erst viele Jahre nach deren Entdeckung erfolgte eine wissenschaftliche Bearbeitung der Fresken in Form der Dissertation von Vreni Stähli-Lüthi. Die Malereien entstanden in mehreren Etappen, da die Kirchgemeinde damals auf Spenden angewiesen war, um sie zu realisieren. Die Darstellungen der Evangelisten im Chor und der Lebensgeschichte Jesu im Kirchenschiff weisen eine Vielfalt und einen Erhaltungszustand auf, die einmalig sind.
Die Teilnehmenden besichtigen anschliessend die benachbarte Pfrundscheune. 2003 baute das Architekturbüro Hofer Meyer Sennhauser aus Spiez das Gebäude zum Kirchgemeindehaus um.
Von hier spaziert die Gesellschaft zum Tagungsort im Talmuseum Agensteinhaus.
Informationen der Hauptversammlung 2010
Die Versammelten genehmigen das Protokoll der Hauptversammlung vom 20. Juni 2009 in Adelboden und den Jahresbericht 2009 des Präsidenten. Nach Erläuterung der Jahresrechnung 2009, sie schliesst mit einem kleinen Verlust, und dem Budget 2010 durch den Kassier, Ueli Bärtschi, genehmigen die Mitglieder diese und erteilen dem Vorstand die Décharge.
Als neues Vorstandsmitglied wird Andreas Reuteler aus Saanen gewählt. Er bewirtschaftet mit seiner Familie auf 1350m ü. M. einen Bio Landwirtschaftsbetrieb. Auf seinem Hof leben viele verschiedene, vom Aussterben bedrohte Nutztierrassen. Reuteler arbeitet eng mit Pro Specia Rara zusammen und ist Mitbegründer des Schweizerischen Hinterwälderzuchtvereins. Neben der Landwirtschaft restauriert er in seiner Schreinerei antike Möbel und ist auch im Innenausbau tätig. Da Andreas Reuteler gerne neues mit altem sinnvoll verbindet, nutzt und zu erhalten versucht, freut er sich auf die Arbeit im Vorstand der Regionalgruppe des Heimatschutzes. Trotz Zuwachs im Vorstand, sind nach wie vor Leute gesucht, die sich aktiv engagieren möchten. Alle Regionen sollten vertreten sein; es fehlt ein Mitglied aus dem Obersimmental und dem Frutigland. Interessierte dürfen sich unverbindlich beim Vorstand melden.
Per Akklamation als neuer Rechnungsrevisor gewählt wird Anton Ryf aus Weissenbach, Gemeinde Boltigen.
Die Anzahl Mitglieder ist erneut gesunken, dies besonders auf Grund der Überalterung des Vereins. Der Präsident ruft die Anwesenden dazu auf, neue und jüngere Mitglieder zu werben.
Ernst Anderegg, Architekt aus Meiringen, und das Sekundarschulhaus in Erlenbach
Den letzten Programmpunkt der Exkursion nach Erlenbach bildet ein Referat des Architekten Urs Gysin über Ernst Anderegg und seinen Werdegang sowie eine Besichtigung des von Anderegg entworfenen Sekundarschulhauses in Erlenbach. Als ehemaliger Mitarbeiter im Architekturbüro Anderegg bringt Urs Gysin den Zuhörern das Werk des erfolgreichen Architekten näher. Anderegg wurde 1928 in Meiringen geboren. Sein Werdegang führte ihn nach der Lehre in Bern und dem Besuch des Technikums in Burgdorf nach Paris und schliesslich in der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre in die USA. Dort arbeitete er im Büro des renommierten Architekten Frank Lloyd Wright mit, dessen Stil Anderegg stark prägen sollte. Wieder in die Schweiz nach Meiringen zurückgekehrt entwarf Ernst Anderegg zahlreiche Wohn- und Ferienhäuser im Berner Oberland. Wichtige Elemente waren stets der Einbezug der Gebäude in die Landschaft, die Verbindung zwischen innen und aussen, die grossflächigen, weit vorkragenden Dächer ohne Dachfenster und eine klare Gliederung der Fassade. Mit der Zunahme seiner Bekanntheit erhielt Anderegg auch öffentliche Aufträge. Dazu gehören das Hallenbad in Gstaad von 1972, das Sekundarschulhaus in Erlenbach von 1989/90 und als Höhepunkt die Bauten auf dem Jungfraujoch, die 1981 bis 1987 erstellt wurden.
Dem Bau des Sekundarschulhauses von Erlenbach ging ein Architekturwettbewerb voraus, den Ernst Anderegg gewann. Sein Projekt sah vor, in den Hang hinein zu bauen und dadurch genügend Fläche für einen Sportplatz frei zu lassen. Zahlreiche für Anderegg typische Elemente treten auch hier auf. Dies sind insbesondere die klaren Formen, die präzise Fassadengliederung, die Transparenz zwischen innen und aussen, die Einpassung in die Topographie mittels einem Sockel sowie die Verwendung von Sichtbeton, Holz und Backstein.
Peter Brügger, Lehrer im Sekundarschulhaus Erlenbach und Gemeinderatspräsident, ist stolz auf das Gebäude, das er das schönste Schulhaus weit und breit nennt. Die Mitglieder der Regionalgruppe dürfen unter seiner Führung das gesamte Objekt besichtigen.
Die anwesenden Mitglieder der Regionalgruppe können auf eine lehr- und abwechslungsreiche Exkursion zurückblicken, während der auch die gesellschaftliche Seite nicht zu kurz kam. Andrea Zellweger
Der von der Regionalgruppe gespendete Zaun vor dem Agensteinhaus
Das schönste Schulhaus weit und breit: präzis gegliederte Fassade des Sekundarschulhauses von Erlenbach gebaut vom Meiringer Architekten Ernst Anderegg
