Literaturfestival an der Lenk

Im Bann der Bergliteratur

«Eine kraftvolle Verbindung zwischen Text und Landschaft» – das Thema Bergliteratur weckte grosses Interesse, das Literaturfestival konnte Publikumsrekorde verzeichnen. Nach Lesungen am Freitag, Samstag und Sonntagvormittag bildeten die Schreibwerkstatt und die 8. Klasse der Schule Lenk einen super Abschluss.

Die LiteratureLenk wurde mit einem Podiumsgespräch zwischen Daniel Anker (links) und Pedro Lenz (rechts) eröffnet, Moderation hatte Markus Wieser (Mitte).

Die LiteratureLenk wurde mit einem Podiumsgespräch zwischen Daniel Anker (links) und Pedro Lenz (rechts) eröffnet, Moderation hatte Markus Wieser (Mitte).

© Charlotte Engstad

Frühe Reiseschilderungen aus der Lenk, Spoken Word mit musikalischer Begleitung, Kindertheater, ein literarischer Naturspaziergang, psychologisches Drama in der Berghütte und Frauenleben inmitten hoher Gipfel – die dritte Ausgabe von «LiteratureLenk – Der Röstigraben n’existe pas» vom Freitag, 11. bis Sonntag, 13. Oktober, bot ein vielfältiges Programm.

Bergliteratur als Zeugin des Klimawandels

Das Festival wurde am Freitagnachmittag im Hotel Kreuz mit einem Podiumsgespräch über Berge und Literatur eröffnet. Moderator Markus Wieser unterhielt sich mit dem Superstar der Schweizer Spoken Word Szene, Pedro Lenz, und mit Daniel Anker, Historiker, Bergsteiger und Reisejournalist aus Bern. Unzählige Schweizer Autoren haben sich mit den Bergen befasst, von Albrecht von Haller über Charles Ferdinand Ramuz und Max Frisch zu Emil Zopfi und Arno Camenisch.

Doch wie Pedro Lenz bemerkte, ist Bergliteratur nicht etwas speziell Schweizerisches, sondern ein universales Genre, das überall entsteht, wo es Berge gibt. Reine Bergsteigerliteratur kippe schnell in Kitsch, sagte Daniel Anker, aber Texte über Berge seien Zeugen für den Klimawandel und hielten Naturimpressionen für spätere Generationen fest. Als Beispiel nannte er den Weisshorngletscher, der heute verschwunden ist, aber in älterer Bergliteratur beschrieben wird oder sein Tourenbuch «Après Lift – 49 Skitouren auf ehemalige Bahnberge der Schweiz», das beispielhaft die steigende Schneefallgrenze aufzeigt. Auf aktuelle Projekte angesprochen, versicherte er, dass es kein 51. Buch geben werde, das habe er seiner Frau versprochen.

Pedro Lenz gab etwas widerwillig zu, dass er an einem Roman über die 70er-Jahre in einer Mittellandgemeinde arbeite.

Engadiner Alltagsheldinnen

Als die in Karlsruhe geborene Autorin Angelika Overath 2007 mit ihrem Mann von Tübingen aus ins Engadin nach Sent gezogen war, fiel ihr auf, dass es dort sehr viele starke Frauen gibt. Die Frauen, denen sie im Alltag begegnete und die das, was sie tun mit grosser Leidenschaft und mit viel Herzblut machen, faszinierten sie und der Wunsch, diese zu porträtieren entstand. Die 18 Frauen, die Angelika Overath in ihrem Buch «Engadinerinnen» vorstellt, haben ganz unterschiedliche Berufe und sind unterschiedlicher Herkunft, junge und alte Frauen, aus dem Ober- oder Unterengadin, Einheimische und Zugezogene, haben alle eines gemeinsam: die Liebe zum Engadin und der Bergwelt.

Am Sonntagvormittag las die Autorin Auszüge über vier, eigentlich viereinhalb ihrer Alltagsheldinnen vor. Die Zuhörenden lernten eine pensionierte Kindergärtnerin, jüngstes von sechs Kindern mit dem Leitsatz «Mir war nie langweilig», eine Hoteldirektorin und ehemalige Hebamme aus dem Val Sinestra «Wenn man nachdenkt, ist weniger wirklich schlimm», eine Pfarrersfrau aus Scuol, eine Weberin, die nach einer wahren Odyssee wieder zu sich selbst gefunden hat «Ich bin wieder ich» und eine passionierte Ornithologin, mit dem Leitsatz «Wildtiere müssen wild bleiben». Zum Abschluss las Angelika Overath kleine von ihr im Idiom Vallader geschriebene Gedichte vor (und dazu auch die Übersetzung ins Deutsche) wie das «Karussell der kleinen Sonntage»: Wohin sind sie verschwunden mit ihrer Langeweile? Ein nachdenklicher Rückblick auf die Kindheit in den 70er-Jahren.

Autorin Angelika Overath mit Moderatorin Julia Knapp.

Autorin Angelika Overath mit Moderatorin Julia Knapp.

© Kerstin Kopp

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Erstellt:
17.10.2024, 00:30 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 31sec
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