Exkursion mit dem Alpverein Simmental
Was haben Schachbrettfalter und Zittergras gemeinsam?

Beide kommen in extensiv bewirtschafteten Wiesen vor und sind ein Beitrag zur Biodiversität. Diesem Thema widmete sich eine Exkursion des Alpvereins Simmental am 7.Juli in Boltigen. Martin Kneubühl vom Inforama Hondrich und Roland Luder vom Vernetzungsprojekt Obersimmental-Saanenland waren eingeladen, die Wiesen pflanzenbaulich und biologisch zu durchleuchten.
Die Uno hat 2010 zum Jahr der Biodiversität erklärt. Was ist Biodiversität? Bio = biologisch, Diversität = verschieden, also biologische Vielfalt. Das können mehrere Biotope (Lebensräume) auf kleiner Fläche sein oder auch viele Pflanzenarten auf einer Wiese. Wobei die Qualität dieser Pflanzen wichtig ist: Wiesenkerbel oder Pippau sind keine «Bereicherung» einer Wiese, sondern nur Zeichen guter Düngung. Auf einer Magerwiese wachsen z.B. Ruchgras, Bibernelle, Hauhechel, Schlüsselblume oder Zittergras. Doch die Exkursionsteilnehmer lernten gleich, dass es «die» Magerwiese zwar im Lehrbuch gibt, in natura aber jede Menge gleitender Übergänge existieren. Die Ausprägung einer Pflanzengesellschaft hängt ab von Boden und Gelände sowie der Nutzung durch den Menschen. Je tiefgründiger der Boden, umso mehr Nährstoffe werden gespeichert. An einem sonnenexponierten Hang wachsen andere Pflanzen als in einer feuchten Senke. Eine extensive Wiese wird nicht gedüngt, macht nur einmal im Jahr Arbeit und sieht wunderbar bunt aus. Leider bringt sie nur wenig Futterertrag. Und nicht jede Fläche eignet sich auch, eine extensive Wiese zu werden!
Warum eigentlich immer extensiv?!
Weil durch die Mechanisierung der Landwirtschaft und die Ausrichtung aufs Produzieren die bewirtschafteten Flächen mehr und mehr vereinheitlichen. Die wildlebenden Pflanzen und Tiere haben sich aber in verschiedensten Lebensräumen entwickelt. Also fehlt heute einigen Arten ihr Platz zum Leben. Mit der Verpflichtung der Bauern, mindestens 7% ihrer Flächen eingeschränkt zu bewirtschaften, hofft man auf Lebensraum für selten gewordene Arten. Mit Recht. Ein bisschen Biodiversität haben wir schon auf «normalen» Flächen gesehen: Schachbrettfalter, Feldgrille oder Trollblume. Im Vernetzungsprojekt kann ein Flickenteppich von ökologisch wertvollen Flächen zu einem komfortablen Lebensraum-Angebot für manche Arten werden…
Wie nebenbei erfuhren die Exkursionsteilnehmer interessante Details: eine einzelne Blackenpflanze gibt pro Jahr 20000 Samen ab, welche noch 50 Jahre später keimen! Der «Magerkeits»zeiger Klappertopf drängt grosse Gräser zurück und ist bei massenhaften Auftreten nur mit frühem Schnitt zu bekämpfen. Einzeln stehende (grosse) Bäume können im Vernetzungsprojekt als solche angemeldet werden und bringen Fr. 5.– im Jahr.
Nach dem kurzen Fussmarsch auf Alp Gruenholz gab es ein eindrückliches Beispiel von Beweidungsintensität auf einem gleichmässig steilen Berghang: je weiter weg vom Stall, desto grösser die Zeichen der Unternutzung und umgekehrt. Auch den Teilnehmern der Exkursion fiel der Aufstieg zur Hütte leicht, wartete doch dort ein reichhaltiger Apéro mit dreierlei Käse, Brot und frischer Milch zur Stärkung, offeriert vom Alpverein Simmental. Ein interessanter Morgen war vorbei. Den Teilnehmern wird er vielleicht so in Erinnerung bleiben: Biodiversität ist auch für den Bauern wichtig, kann schön aussehen und muss nicht in jeder Fläche «ergrindet» werden. Jeder kann auf seinem Betrieb Flächen finden, wo sich die Idee «Biodiversität» ohne viel Aufwand umsetzen lässt.Catrin Linke
