Heimatvereinigung Obersimmental
Alte Brienzer Schnitzereien im Heimatmuseum

René Jaggi verabschiedet den zurücktretenden Kurator Arnold Matti.
Zur Vernissage der Ausstellung «Alte Brienzer Schnitzereien» konnte Myrtha Haldi von der Heimatvereinigung Obersimmental im Heimatmuseum Zweisimmen eine stattliche Anzahl Gäste willkommen heissen. Unter ihnen auch die Ehrenmitglieder Niklaus Guggisberg, Jakob Imobersteg und Arnold Matti. Die glänzende Idee, einmal hölzerne Kunst auszustellen, stamme von Ueli Hauswirth, gab die Gastgeberin bekannt.
«Wir danken der Kulturszene Obersimmental–Saanenland–Pays-d’Enhaut und der Gemeinde Zweisimmen, denn ohne ihre Unterstützung hätten wir die seltenen Holzschnitzereien wohl nicht in Zweisimmen ausstellen können», gab sie zu verstehen.
In drei grossen Vitrinen kann man die Unikate aus der Zeit zwischen 1816 und etwa 1940 betrachten. Philipp Dräyer, Spezialist für die Geschichte der Brienzer Schnitzerei, wusste in kurzweiliger Art den Werdegang dieses Handwerks darzustellen. Nach 1800 seien die ersten Feriengäste nach Brienz gekommen.
Der Drechsler Christian Fischer habe gefunden, dass nicht nur das Gastgewerbe an diesen Engländern verdienen sollte, man könnte noch auf andere Art daraus Nutzen ziehen. Er begann 1816 Figuren aus Holz zu schnitzen, beispielsweise Wilhelm Tell, der in der Ausstellung zu sehen ist. Seine Menschen- und Tierskulpturen verkaufte er in den Sommermonaten den Besuchern der Alpenwelt. Diese neue Verdienstquelle sei Auslöser einer ungeahnten Entwicklung von kunstgewerblichem Schaffen in Brienz geworden. Um 1840 seien etwa 2500 Leute in diesem Kunsthandwerk tätig gewesen. Die Kantonsregierung habe erfasst, dass dies für die Bergbevölkerung ein einträglicher Erwerb bedeute. Deshalb hätten die Kantonsbehörden 1860 in Brienz eine Schule für Holzbildhauerei eröffnet. Die Blütezeit für dieses Handwerk dauerte bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs, der eine deutliche Zäsur zur Folge hatte. In den Nachkriegsjahren lebte die Holz-schnitzerei aber wieder auf. Abnehmer seien Grosshändler, wie die Firma
Jobin, die in allen Schweizer-Kurorten und europäischen Grossstädten mit Verkaufsgeschäften präsent seien, und damit die Brienzer Schnitzkunst in die Welt hinaus trage. Eine Stiftung sammelt die alten Stücke und stellt sie für Ausstellungen zur Verfügung. Das besondere an der Brienzer Schnitzerei sei die Exaktheit der Darstellung. Anhand des ausgestellten Adlers zeigte Dräyer, dass jedes kleinste Detail bis zu den Flaumfedern vollendet nachgebildet ist. Heute seien noch etwa 40 Holzbildhauer dort tätig.
Die Ausstellung dauert bis zum 23. Oktober. Sie kann an jedem Mittwoch, Samstag und Sonntag im Heimatmuseum Zweisimmen besucht werden.
Hauptversammlung der Heimatvereinigung Obersimmental
Im Anschluss an die Vernissage führte Präsident René Jaggi die Hauptversammlung der Heimatvereinigung im Kirchgemeindehaus Zweisimmen durch. In seinem Jahresbericht konnte der Präsident drei erfolgreiche Aktivitäten erwähnen: Die Ausstellung der Blankenburger-Fayancen, den mittelalterlichen Garten von Sophie Jaggi vor dem Heimathaus und die Führungen von Arnold Matti anlässlich der Kulturnacht.
Dank Unterstützung der Obersimmentaler-Gemeinden und einer unerwarteten Spende von 5000 Franken konnte Kassierin Eliane Spalinger in der Rechnung 2009 einen Gewinn ausweisen. Für das laufende Jahr ist ein ausgeglichenes Budget vorgesehen.
Das Tätigkeitsprogramm sieht vor, nebst der laufenden Ausstellung, am Sommermarkt vom 31. Juli in Zweisimmen einen Stand zu betreiben.
Hier soll die Schindelmacherei, die Frivolité-Kunst mit Elli Imobersteg und die Bauernmalerei durch Jakob Imobersteg gezeigt werden. An der 2. Kulturnacht am 23. Oktober werden wieder Führungen stattfinden.
Altershalber tritt Arnold Matti als Museums-Kurator zurück. Er war für diesen Posten, den er während 27 Jahren engagiert versehen hatte, mit seinem Wissen sehr prädestiniert, und er ist einer der wenigen, die noch einen unverfälschten Obersimmentaler-Dialekt sprechen. Sein grosser Einsatz wurde vom Präsidenten gebührend gewürdigt und von der Versammlung mit grossem Applaus anerkannt. An seiner Stelle wird fortan ein Team, bestehend aus Myrtha Haldi, Hansjörg Mathis und Ueli Hauswirth (für die Ausstellungen) das Museum betreuen.
Jean-Pierre Beuret gab noch bekannt, dass die restaurierten Burgruinen Mannenberg im nächsten Jahr eingeweiht würden. Hans Jungi

Myrtha Haldi und Philipp Dräyer in der Ausstellung.