Reformierte Kirchgemeinde
Zum Abschied von Pfarrer Holger Finze-Michaelsen

Im Mai – wie jeden Monat – sass ich mit Holger Finze in der Amtsstube des Pfarrhauses. Wir tauschten zuerst – wie immer – Familienleben und Pfarramtsklatsch aus. Da erfuhr ich so nebenbei, dass er wieder ein Buch geschrieben habe, über 1. Kor. 13 und die «Liebe» bei Paulus. Nach einigen Anläufen hätte er auch einen Verlag gefunden: Der bekannte Theologische Verlag Zürich (TVZ). Wann er Zeit gehabt habe, dieses Buch zu schreiben, wollte ich wissen. «Letzten Herbst, während einigen Wochen war ich jede freie Minute daran.»
Der Schriftsteller und Bildner
Genau so war Holger Finze. Eine Predigtreihe, ein Fund, ein Ereignis gab den Anstoss und dann ging er dahinter, geistreich, umfassend recherchiert, unterhaltsam, neue Sichtweisen aufzeigend, leicht lesbar – so sind seine Bücher, deren Zahl sicher schon 20 übersteigt. Dass er immer Verlagshäuser für seine Bücher fand, ist Beweis für die Qualität. Der sehr gute Kirchenführer vom Simmental (gemeinsam mit Klaus Völlmin) und die Geschichte des Dorfbrandes sind seine Art der Würdigung des Tales. Holger Finze wäre auch ein guter Professor der Theologie geworden; aber dies interessierte ihn nicht, weil ihn das Leben mit den Menschen und die Vielseitigkeit des Pfarramtes stets wichtiger waren. An zahlreichen Kursen, im gemeinsamen Lesen von Büchern, an zahlreichen Anlässen und vielen spannende Reisen vermittelte er sein Wissen allen stets spannend, geistreich und mit Humor.
Der Prediger
Stets betrachtete er die Auslegung des Wortes (der Bibel) als sein Kerngeschäft.
Er verstand es wie kaum ein anderer auf das Wort zu hören, in das Wort hineinzuhören und es für seine Zuhörer neu zu erschliessen. Man spürte bei seinen Predigten, dass es oft auch ein Ringen mit dem Text war. Er nahm sich auch Zeit dafür, las Kommentare und was andere darüber predigten, um dann seine eigene Auslegung daraus zu machen. Eine Auslegung die genial war, die ein Aha-Erlebnis vermittelte und deshalb auch gerne gehört wurde.
Der Seelsorger
Als Seelsorger war er ein guter Zuhörer und wagte kritische Punkte aufzunehmen. Zahlreiche Menschen fanden den Weg zu ihm ins Pfarrhaus, sei es in Krisensituationen, bei Glaubensfragen oder in Geldnöten. Er begleitete sie, ermutigte sie den eigenen Weg zu gehen und freute sich, wenn sie es schafften. Hier leistete er grosse Arbeit im Stillen, die von aussen kaum wahrgenommen wurde. Man kann davon nicht erzählen, man kann diese Arbeit nur tun.
Der Künstler
Holger Finze war ein kreativer Mensch und hatte immer wieder neue Ideen: Der viel beneidete Leuchtturm neben der Tür, die Bibel auf dem Vorplatz oder das Riesenbrot in der Kirche, die Schattentheater mit den Kindern sind nur kleine Zeichen seiner Begabungen.
Wer erinnert sich nicht auch an seine vielen Holzbücher rund ums Pfarrhaus oder an das eingepackte Kirchgemeindehaus mit biblischen Geschichten während der Bibelausstellung? Vor einigen Jahren begann er mit Malen, einfach so aus Freude und langsam füllte sich die Pfarramtsstube mit seinen Werken, die gefielen.
Die Pfarrfrau
Wilma Finze war nicht die Frau, die ihm den Rücken frei hielt, sie war die starke Frau neben ihm. Pfarrfrau, KUW in Zweisimmen, KUW in St. Stephan, Gottesdienste, Schule geben, Kinder, Hund und Haushalt usw. Wie hat das alles Platz? Ich glaube Wilma Finze hat eine Spezialuhr. Auf dieser haben die Tage 36 Stunden! Als ich mich vor der Wahl nach Zweisimmen bei einem Kollegen im Prättigau nach Finzes erkundigte, sagte er: Holger Finze wirke manchmal etwas kantig und eckig, aber er sei gar nicht so und seine Frau wäre auf jeden Fall das Gegenteil davon. Wer ihn kannte, der begegnete einem warmherzigen Menschen und seine Frau war immer herzlich, offen und ging auf die Leute zu.
Der Familienmensch und Holzer
Wenn man von der enormen Schaffenskraft liest, so könnte man leicht das Gefühl bekommen, da war kaum Zeit für die fünf Kinder. Dem ist aber nicht so. Holger Finze ist ein Familienmensch. Er machte mit seinen Kindern viele Reisen und nahm sich viel Zeit für sie. Sein Ausgleich zur Gedankenarbeit war das Holzen. Lothar sei Dank, hatte es überall genug Holz. Im Überkleid und mit Motorsäge begegnete er vielen anderen Holzern und kam mit ihnen als «Gleichgesinnter» ins Gespräch. Ja, Holger Finze ist ein Mensch mit Weitsicht und weitem Horizont. Er lässt sich nie einordnen, weder theologisch noch sonst wie. Immer wieder ist er für Überraschungen gut, hat neue Ideen, beginnt etwas Neues. Ich habe viel von ihm profitiert, wir hatten es gut zusammen und dass er ein Viertel seiner Pfarramtszeit in Zweisimmen verbrachte, war ein Glücksfall für unser Dorf. Dass er nicht bis zur Pensionierung bleiben wird, sagte er von Beginn an und ist logisch. Wer so viele Begabungen hat, den zieht es weiter. Jenaz kann sich glücklich schätzen, zwei so engagierte Pfarrersleute zu bekommen. Am 20. Juni wird Pfr. Holger Finze seine Abschiedspredigt halten und sich von Zweisimmen verabschieden. (Vgl. das Inserat in dieser Nummer) Alfred Müller