Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. OK Weitere Informationen

35. Sommer-Universität Lenk

«Der Mensch kann nicht grasen»

Enorme Artenvielfalt auf kleinstem Raum, 2000 Jahre alte Klone und Pflanzen, die tropisches Klima generieren: Klimawandel und Berglandwirtschaft standen im Fokus an der Lenk.

rating rating rating rating rating
«Der Mensch kann nicht grasen»

© Charlotte Engstad

Vincent Studer von der Stiftung Kulturförderung Lenk (links) und Professor Christian Körner, der mit einem packenden Vortrag die Sommer-Universität eröffnete.

Christian Körner hielt das Publikum im Kirchgemeindehaus in Atem mit dem äusserst interessanten Vortrag «Alpen im Wandel» – ein Thema, welches für Bergbewohner von grosser Relevanz ist und Auswirkungen bis weit ins Flachland hat.

Am Montag, 10. Juli, fand das erste Referat der Sommer-Universität statt, organisiert von der Stiftung Kulturförderung Lenk. Diese wurde vor 40 Jahren gegründet und dient der Pflege, Förderung und Durchführung von kulturellen Arrangements. Rund zwanzig Personen waren anwesend, um den Vortrag von Christian Körner anzuhören. Der Referent studierte in Innsbruck, wurde 1989 zum Professor in Botanik in Basel ernannt und ist Leiter der Alpinen Forschungsstation ALPFOR auf dem Furkapass. Er ist Experte auf dem Gebiet der experimentellen Pflanzenökologie mit den Schwerpunkten Waldbäume und alpine Pflanzen.

Riesige Klimaunterschiede auf kleinstem Raum

Christian Körner zeigte erstaunliche Infrarot-Aufnahmen von Berghängen. Während die Temperatur im Bergwald kühl ist, ist es viel wärmer auf den Weiden. «Ein Baum ist zu jederzeit der Lufttemperatur ausgesetzt, am Boden herrschen jedoch andere Temperaturen, unter dem Schnee ist es immer rund Null Grad. Die Hebungen und Senkungen des Bodens generieren eine dramatische, temperaturmässige Vielfalt der pflanzlichen Lebensräume.»

Auf den Fotos der Infrarotkamera waren riesige Temperaturkontraste auf kleinstem Raum zu sehen: Von 10 Grad in der Luft, zu 38 Grad in der Polsterpflanze, bis zu 60 Grad in einem halbwüstenähnlichen Klima auf dem Stein, wo die Flechten wachsen. Pflanzen generieren auch ihr eigenes Mikroklima. Ein Polster erzeugt im Inneren tropische Verhältnisse, dank seinem gedrungenen Wuchs. Auch die Schneeverteilung schafft vielfältige Lebensräume. Innerhalb eines Rasters von wenigen Metern verändert sich die Artenzusammensetzung vollständig. Späte Schneeschmelze halbiert die pflanzliche Produktion, weniger Gras und mehr Kräuter wachsen.

Bergwiesen sind ein Kulturgut

«Bergwiesen sind ein Kulturgut wie Gemälde und Schlösser. Sie sind der genetische Fingerabdruck jahrtausendelanger Landnutzung, seit 12000 Jahren leben Mensch und Nutztier zusammen. Ich habe oft Diskussionen mit jungen Menschen, sie meinen es gut. Aber der Mensch kann nicht grasen!», hielt Christian Körner fest.

«In der Schweiz gibt es 4000 Quadratkilometer Ackerfläche, 13000 Weideland. Die Ressource Gras und Kräuter können wir nur dank den Weidetieren ausnutzen.» Der Vortrag «Alpen im Wandel» war hochinteressant und hätte ein grösseres Publikum verdient. Christian Körner ist eine internationale Kapazität und teilte sein enormes Wissen aus langjähriger Forschung auf eine spannende und leicht verständliche Art und Weise mit. Das Referat wurde mit einer Fragerunde und einem Apéro abgeschlossen.

«Der Mensch kann nicht grasen»

© Charlotte Engstad

Die Polsternelke am Rawylpass erzeugt ihr eigenes Mikroklima, wie alle alpinen Pflanzen.

Erstellt am: 13.07.2023

Artikel bewerten

rating rating rating rating rating
Kommentare

Kommentare können für diesen Artikel nicht mehr erfasst werden.
Interessante Artikel