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Kinderparadies

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Kinderparadies

Was hätte ich doch Lust, in dieselbe Kerbe zu schlagen und wie insbesondere die Sonntags- und Boulevardpresse den schamlosen Abzockern auf den Grossbank-Chefetagen, den gefügig absegnenden Aufsichtsorganen und dem opportunistisch durchwinkenden Finanzminister so richtig eines auf die Kappe zu geben. Nur was bringt das schon: Im Moment scheint unser System in gewissen Branchen und politischen Chargen ab einer bestimmten Höhe – es wäre zurzeit wohl vermessen, es als Niveau zu bezeichnen – korrupter als je in der Geschichte unserer Eidgenossenschaft. Wieso nur erinnere ich mich ausgerechnet jetzt ans Raubrittertum im dunklen Mittelalter? Der deutsche Wolfer im römischen Schafspelz aus dem fernen Vatikan allein wird wohl kaum die Ursache allein sein. Der Mist liegt vor unserer eigenen Haustür und stinkt ganz gewaltig.

Da freue ich mich doch ganz besonders, dass mein 7½-jähriger Göttibueb diese Woche mit seinem Vater in den Skiferien an der Lenk weilt. Als wir uns am Ankunftstag begrüssen, dauert es nur wenige Minuten und ich bin mitten drin in Julians fröhlicher Kinderwelt. Im Schnellzugstempo werde ich darüber ins Bild gesetzt, welches denn gegenwärtig seine Lieblingsspielzeuge sind. Autos, Bagger, Spezialfahrzeuge, Lego-Gerätschaften der letzten Entwicklungsstufe – einfach all das, was einen richtigen Knaben in seinem Alter zu begeistern vermag. Ich frage ihn, wie es denn in der Schule gehe. Die Antwort ist kurz und bündig – natürlich gut.

Unbeeindruckt von meiner Fragerei hält mir Julian einen Spielwarenkatalog unter die Nase, in welchem wir zusammen weitere Baumaschinen-Giganten auf riesigen Rädern bewundern. Einen davon hat er gross angekreuzt. Ich versuche, abseits der Reifenprofile noch etwas aus seinem Freizeitalltag zu erfahren. Wo er denn nun spiele, wenn er als Junior beim FC Thörishaus im Training ein Mätschli kicke? Überall ein wenig, klärt mich der Jungschütteler knapp auf, und kommt nur kurz ins Kichern, als ich ihm den Berner Bären aufzubinden versuche, ich hätte ihn am vergangenen Wochenende auf dem Wankdorfrasen im gelb-schwarzen YB-Trikot beim Siegestreffer gegen den FC Gross-Basel gesehen. Als ich mich witzelnd erkundige, ob er denn als Goalie schon mal ein faules Ei ins Tor gekriegt habe, da hingegen wird Julian hellhörig – und sagt aufgeregt «Ostern».

Er habe nämlich schon so und so viel Gespartes in seinem Kässeli, verrät er mir mit leuchtenden Augen. Bis Ostern spare er noch einmal und dann könne er sich den Diamantbohrer-Truck kaufen. Er zeigt mit grosser Vorfreude auf das Vehikel im aufgeschlagenen Katalog – es ist das mit dem grossen Kreuz daneben.

Ich werde für einen kurzen Moment nachdenklich. Nun müssen uns also die Kinder vormachen, was gesunder Menschenverstand und vernünftiges Wirtschaften bedeutet. Julian weiss noch, was Vorfreude ist, was vorerst verzichten heisst, dass man erst mal sparen muss und erst dann sein Geld ausgeben kann – nicht auf Kredit, sondern mit dem notwenigen Eigenkapital. Ich hoffe, dass mein Göttibueb noch lange in seinem Kinderparadies auf unbeschwerte Schatzsuchen gehen kann. Seit Montag geht er nun täglich in die Skischule. Mit vielen andern begeisterten Kindern – ich bin beruhigt!

Erstellt am: 19.02.2009

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