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Offener Brief der Ortsparteien von Zweisimmen

An den Verwaltungsrat der Spital STS AG und den Regierungsrat des Kantons Bern

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Nach der Orientierung des Verwaltungsrates (VR) der STS AG vom 23. März 2012, in welcher die Schliessung des einen Spitals für den Herbst 2012 und des anderen für 2014 kommuniziert wurde, stellt sich die Frage, wie eine zukünftige Akutversorgung der Region Simmental-Saanenland gestaltet werden soll. Ab 2014 soll dies mit einem Gesundheitsnetz erfolgen, welches ebenso wenig definiert ist wie sein Vorgänger Gesundheitszentrum. Geplant ist offensichtlich eine Dauerverbindung mittels mobilen Spitälern, wie Annemarie Müller, Vorsteherin des Spitalamtes des Kantons Bern, die Ambulanzen zu bezeichnen pflegt. Nur müssen wir feststellen, dass diese häufig fast so immobil sind wie die bestehenden Häuser, da für Banalitäten missbraucht. Aber auch diese Banalitäten bringen natürlich viel Geld. Das Ausnützen der Wertschöpfungkette hat offensichtlich auch in der Gesundheitsversorgung oberste Priorität erreicht. Das nächste Ziel dürfte dann wohl sein, auch die Sozialdienste rentabel zu gestalten. Mit der Schliessung kommt es zu einem Aderlass an Arbeitsplätzen, der in der heutigen Zeit nicht mehr wieder gut zu machen ist. Kommt dazu, dass eine touristische Region leiden wird, wenn potentielle Kunden realisieren, dass es mit der medizinischen Versorgung nicht eben zum Besten steht.

Wir sind ja vom VR der STS AG in den vergangenen Jahren bereits einige Hüftschüsse gewohnt. Das Ziel des letzten, Unsicherheit zu schaffen, dürfte wohl voll aufgehen und mit der Abwanderung der Mitarbeiter hofft der VR, dass sich «das Problem» von alleine erledigt, wie wir dies in den vergangenen Jahren in vielen Betrieben schweizweit erfahren durften; ganz nach dem Gusto der St. Gallen gesteuerten Ökonomen.

Wenn nun dieser VR davon ausgeht, dass in zwei bis drei Monaten die Region zu einem Konsens finden wird, was in über 40 Jahren nicht gelungen ist, stellt sich die Frage, auf welchem Planeten dieses Gremium beheimatet ist. Wir erlauben uns, aus dem Geschäftsbericht des Jahres 2010 zu zitieren: «Deshalb konnte im Obersimmental-Saanenland der Standortentscheid politisch abgeschlossen werden. Geplant sind zwei Gesundheitszentren, die künftig die Gesundheitsversorgung in dieser Region sicherstellen sollen. Das Gesundheitszentrum in Zweisimmen soll mit einem stationären Spitalangebot in den Disziplinen der chirurgischen, medizinischen und geburtshilflichen/gynäkologischen Grundversorgung ergänzt werden. Für jenes in Saanen ist ein stationäres Angebot in einem für die Region wichtigen Fachgebiet vorgesehen, dies in Kooperation mit einem privaten Partner». Es zeigt sich, dass der Geschäftsbericht das Papier nicht wert ist, auf welchem er geschrieben wurde. Wir wissen natürlich nicht, ob der VR die Raffinesse aufweist, mit diesem vorbehaltenen Entscheid den Kanton unter Druck zu setzen. Die einzige Raffinesse, die wir bisher feststellen konnten, war die der Hinhaltungstaktik und der Schaffung von Tatsachen. Es stimmt nämlich nicht, dass kein Unterhalt betrieben wurde. Zumindest in Zweisimmen wurde ohne grosses Aufsehen ein ganzes Stockwerk für Dialyse und Alterswohnen renoviert.

Leider mussten wir in den vergangenen Jahren feststellen, dass der VR nicht gerade mit Führungsstärke brilliert hat. Deshalb fordern wir den VR auf, dies einmal zu zeigen und noch in diesem Monat selbst zu entscheiden, wo es weitergeht und wo nicht und damit auch Verantwortung für die zukünftige Gesundheitsversorgung in unserer Region zu übernehmen. Dabei bleibt zu hoffen, dass er allfälligen finanziellen Anreizen nicht erliegen wird, woher sie auch kommen mögen, mit anderen Worten, dass er nicht käuflich ist. Gebt uns zumindest eine Chance, zu beweisen, dass mit der Konzentration an einem Standort die Verluste minimiert werden können, so dass möglicherweise in absehbarer Zukunft eine rote Null erwirtschaftet werden kann, die das Unternehmen nicht an den Rand des Ruins treiben wird, wie dies offensichtlich bei einem Verlust von ca. einem Prozent des Gesamtsbudgets unweigerlich der Fall sein soll. In anderen Wirtschaftszweigen rechnet sich dies ab ca. fünf Prozent.

Gemäss Spitalgesetz könnte der Kanton sich an einem Defizit beteiligen, wenn er dies als notwendig erachtet. Ganz offensichtlich tut er das nicht, da das Simmental ein ausgezeichnet ausgebautes Strassennetz verfügt, so dass die Transporte mit den Ambulanzen mühelos bewältigt werden können und ja sowieso 90 Prozent der Bevölkerung innerhalb 30 Minuten mit einer Ambulanz bedient werden können. Auch dies eine Eigen-Interpretation unserer kantonalen Behörden, gesamtschweizerisch wäre dieses Ziel eigentlich bei 15 min. Gut, Obersimmental und Saanenland weisen weit weniger als 10 Prozent der Kantonsbevölkerung auf, womit diese Zahlen hier nicht zu Anwendung kommen müssen, was eine Frau erfahren durfte, die mit gebrochenem Oberschenkel bei minus 20 Grad auf eisiger Unterlage liegend 75 min auf die Ambulanz warten musste. Es funktioniert schon heute nicht, wie soll das in Zukunft funktionieren? Gut, es soll eine zusätzliche Ambulanz bereitgestellt werden, deren Betrieb jährlich je nach Quelle zwischen 1,2–1,5 Millionen Franken kosten wird. In Spitzenzeiten wird auch dies nicht reichen, womit weitere Kosten entstehen dürften, die den Betrag von 2 Millionen Franken bald einmal erreichen, die der Kanton nicht zu bezahlen bereit ist. Nur ist dies eine andere Kasse und somit aus dem Blickfeld der Spitalversorgung verschwunden. Trotzdem wird uns dann vom Kanton vorgerechnet werden, wie viel Geld gespart werden konnte. Dies hören wir ja schon seit Jahren, wie mit Schulreform, Verwaltungskreisreform, Justizreform usw. Geld gespart werden könne. Auf diese Abrechnungen wartet der Bürger schon lange und zu Steuerrückzahlungen ist es bisher auch noch nicht gekommen. Und wenn wir einmal die von unserer hochwohllöblichen kantonalen Verwaltung intensiv begleiteten Flops wie INO, Frauenspital, Mitholztunnel, die Aufzählung ist nicht vollständig, zusammenzählen, ergäbe dies gut und gerne 30 Jahre Kantonsbeteiligung an die Gesundheitsversorgung in unserer Region.

Wir müssen zudem immer mehr feststellen, dass sich die geistige Beweglichkeit unserer kantonalen Verwaltung im Nanometerbereich bewegt. Als Beispiel möge die fabelhafte Empfehlung aus dieser Verwaltung dienen, Regierungstatthalter Rubin soll doch so gut sein, zuerst die Formulare auszufüllen, als er um Hilfe vom Kanton zur Evakuierung der Bevölkerung im Kandertal vor dem Hochwasser bat.

Werter Herr Regierungrat Perrenoud, aus dem Mund eines bernjurassischen Regierungrates tönt es wie blanker Zynismus, wenn er im Interview mitteilt, der Kanton wolle kein Präjudiz schaffen. Wir wissen nicht, wie viele Präjudizien zugunsten Ihrer Heimat auch von unserer Bevölkerung mitgetragen wurde. Dies vielleicht als kleiner Denkanstoss.

Werte Damen und Herren Regierungsräte, man braucht kein Prophet zu sein, um im Hinblick auf die gesamte Volkswirtschaft nach Annahme der Zweitwohnungsinitiative, dem vorgesehenen Abbau der Arbeitsplätze im Gesundheitswesen in unserer Region, der zunehmenden Zentralisierungstendenz und der zu erwartenden Änderungen der Pauschalbesteuerung für unsere Täler in absehbarer Zeit ein Ausbluten vorauszusagen. Wir möchten deshalb den Gesamtregierungsrat bitten, eine Lösung dieser aktuellen Problematik in ihrer Gesamtheit und nicht nur durch den Tunnelblick der Gesundheitsdirektion zu betrachten.

Erstellt am: 12.04.2012

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Kommentare
Meihans jean noel 14.04.201212:25 Uhr

steht alles drin was man Wissen sollte! Hoffentlich werden es die Parteizentralen, Gremien und Präsidenten in Bern lesen und die Grossräte


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