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Benefiz-Orgelkonzert mit Ada van der Vlist in der Reformierten Kirche Lenk

Wenn aus Orgelpfeifen-Tönen Bilder werden

Seit 31 Jahren wirkt die gebürtige Holländerin Ada van der Vlist an verschiedenen Kirchgemeinden im Simmental und Saanenland. Am Auffahrtstag und am vergangenen Sonntag luden die Reformierte Kirchgemeinde Lenk und die Organistin zur «Hommage an Beatocello» ein. Die Kollekte, die durch die nicht ganz 50 Besucher zustande kam, kommt nach dem Willen der Organistin dem Lebenswerk des 2018 verstorbenen Arztes Beat Richner zugute: dem Kinderspital von Kantha Boptha in Kambodscha. Ein etwas anderer Konzertbericht.

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Orgelkonzert mit Ada van der Vlist

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Ada van der Vlist spielt «A Sky full of Stars», Danja Mathis wendet Notenblätter und bedient die Orgelregister.

«Beatocello» Beat Richner an einem seiner Konzertauftritte im Auditorium des Spitals Kantha Boptha in Kambodscha. 2018 ist Richner verstorben. Sein Werk lebt seiter.

Organistin Ada van der Vlist mit Danja Mathis und Sigrist Ueli von Känel.

Sonntag, 19 Uh Kirche Lenk: Die Organistin stellt dem Publikum das Konzertprogramm einleitend kurz vor. Die Verständlichkeit des Gesagten leidet darunter, dass sie hinter einer Gesichtsmaske spricht. Das wird sich ändern, wenn sich Ada van der Vlist maskenfrei an der zweimanualigen Orgel artikulieren kann. Damit sie während dem Spiel die Hände auf dem Manual behalten kann, steht ihr Danja Mathis zur Seite, um im richtigen Moment die passenden Orgelregister zu bedienen und Notenblätter zu wenden.

Das Konzert ist eine Promenade durch 250 Jahre Musikgeschichte. Das Einzigartige an der Musik ist, dass sie nicht altert, sondern mit ihrem Erklingen immer wieder von Neuem auflebt. Als Musik-Liebhaber – aber nicht Musik-Kenner – lasse ich bei jedem Stück den Gedanken, die sich in mir ausbreiten, spontan Raum. Auf diese Weise entstehen meine Konzerterlebnisse. Als erstes ertönt auf dem Instrument der Orgelbauer-Familie Wälti, Gümligen, der «Boléro de concert», von Louis Lefébure-Wély. Bereits nach wenigen Takten erscheint vor meinem geistigen Auge die Szenerie einer majestätischen Parkanlage, in der ein sich drehendes Karussell und ein Riesenrad die Aufmerksamkeit der Parkbesucher auf sich ziehen. Ich wähne mich in den «Tuileries», von Paris. Volltreffer! Als ich nach dem Konzert im Internet über den Komponisten recherchiere, erfahre ich, dass Organist und Komponist Lefébure-Wély in Paris geboren und gestorben ist und sein Improvisationsgenie als Organist an den Kirchen «La Madeleine» und «St-Sulpice de Paris», meisterlich ausgelebt hat.

Ada van der Vlists Orgelinterpretation von Mozarts «Kleiner Nachtmusik», entführt meine Gedanken weder nach Salzburg noch nach Wien, sondern lässt meinen Blick durch den Kirchenraum schweifen. Die Konzertbesucher haben jeweils am linken und rechten Ende der Kirchenbänke Platz genommen – dort, wo Sigrist Ueli von Känel und Helferin Katharina Schranz kleine grüne Kleber an der Oberseite der Rücklehnen angebracht haben. Geschätzte zwei Drittel der Besucher tragen die bekannten weiss-blauen Wegwerf-Baumwollmasken, wie es sie schon seit vielen Jahren im Handel gibt. Das dritte Drittel findet sich hinter Stoffmasken unterschiedlicher Farbe und Fertigung mit den «vo Bundesbäärn», ausgesprochenen Notmassnahmen ab. Angesichts des skurrilen Nebeneinanders von erhabenem Musikgenuss und Maskerade auf den Kirchenbänken kann ich mir unter meiner «Mundwindel», ein heimliches Grinsen nicht verkneifen.

Warum?

Im «Largo», der Vivaldi Sonate taucht in mir aus grosser Tiefe eine Frage auf: Warum müssen Leid und Not selbst in unserer heutigen Welt immer wieder und immer noch durch übermenschliche Aufopferung Einzelner gemildert werden, statt dass sie durch das solidarische Zusammenstehen und -wirken aller Menschen gemeinsam und dauerhaft überwunden werden? Diese Frage schicke ich mit dem Wunsch auf Antwort gen Himmel, als auf der Orgel «A Sky full of Stars» erklingt. Der Song der britischen Rockband Coldplay verzeichnet Millionen von Aufrufen im Internet. Auch die Instrumentalversion auf der Orgel elektrisiert. Am Schluss mündet die Melodie in einen einzigen Ton, der sekundenlang ertönt und sich wie ein Empfangssignal aus einer anderen Welt anhört. Die Konzertbesucher erleben das Stück ebenfalls als kleine Sternstunde und bedanken sich mit herzlichem Beifall.

Das Konzert von Ada van der Vlist erntet lang anhaltenden stehenden Applaus. Den Wunsch nach einer Zugabe erfüllt die Organistin mit dem «Schwan», von Camille Saint Saëns.

Erstellt am: 22.05.2021

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