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Brief an Regierungspräsidentin Barbara Egger-Jenzer

Von René Müller, Lenk

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Werte Regierungspräsidentin

Anlässlich der Feierlichkeiten 100-Jahre MOB lernte ich Sie persönlich kennen und nahm erfreut zur Kenntnis, dass Sie die Anliegen des ländlichen Raumes kennen und sich dafür einsetzen wollen.

In meiner Meinung wurde ich bestärkt, als ich am Sonntag, 18. Januar 2015 das Gespräch mit Ihnen im Radio Beo verfolgte. In diesem haben Sie Auskunft über aktuelle Themen, die den Kanton im vergangenen und nun laufenden Jahr beschäftigen, erteilt. Unter anderem haben Sie sich bezüglich der Spitalplanung geäussert.

Ich zitiere: «Ich habe in der Spitalplanung eine andere Ansicht als Philippe Perrenoud. Wenn ich ans Spital Zweisimmen denke, da bin ich der Meinung, da müsste man einmal politisch intervenieren. Rechtlich ist alles in Ordnung, das ist effektiv so, der Verwaltungsrat kann dort entscheiden, aber das Ganze hat eine politische Dimension. Ich bin jemand, der sehr politisch denkt und auch die Bürgerinnen und Bürger, wo sie auch leben, versuche ernst zu nehmen, weil ich gelernt habe, dass manchmal Bürgerinnen und Bürger Ideen oder Anregungen haben, die aus ihrem Erfahrungsbereich kommen und sehr nützlich sind. Was das Spital Zweisimmen anbelangt, da werde ich ganz sicher Philippe Perrenoud sagen, jetzt ist noch eine Petition eingegangen, also jetzt musst du das Ganze einmal politisch anschauen.» Nach dem Entscheid bezüglich Geburtshilfe Zweisimmen vom vergangenen Donnerstag muss ich nun feststellen, dass Ihre Worte nur leere Versprechungen waren! Die Politik, d. h. der Regierungsrat, hat nicht politisch interveniert und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger nicht ernst genommen.

8684 Unterschriften und klare Resultate der Abstimmungen an den Gemeindeversammlungen beeindruckten den Regierungsrat nicht. Dies ist bedenklich, da die Grossräte der Region anlässlich einer Besprechung vom 16. Oktober mit Ihnen und Regierungsrat Käser in der Absicht unterstützt wurden, konsultative Abstimmungen an den Gemeindeversammlungen in der Region durchzuführen. Zudem ist unhaltbar, dass Regierungsvizepräsident Hans-Jürg Käser im Namen der Regierung am 18. Dezember mitteilte, dass eine grosse Zahl von Unterschriften nichts an der Tatsache ändere, dass klare rechtliche Grundlagen die medizinische Versorgung im Kanton Bern regeln. Zu dieser Aussage liess sich Regierungsrat Käser ohne Rücksprache mit der Regierung hinreissen. Auf Nachfrage teilte Käser mit: «Ich habe keine persönliche Aussage gemacht gegenüber der Zeitung Berner Oberländer. Wir haben eine Antwort des Regierungsrates an die Redaktion geschickt.» Laut Mail vom «Berner Oberländer» hat Regierungsrat Käser aber doch ein schriftliches Interview gegeben, d. h. eine persönliche Aussage gemacht. Zum einen machen Sie als Regierungspräsidentin leere Versprechungen, wie einleitend erläutert, zum andern steht der Regierungsvizepräsident nicht zur Wahrheit. Weiter stelle ich fest, dass Regierungsrat Philippe Perrenoud seine Direktion nicht im Griff hat. Jüngstes Beispiel ist der Dossierentzug im Bereich der Sonderschulstrategie.

Muss einem Regierungsrat ein Dossier entzogen werden, zeugt dies von dessen Schwäche. Der Regierungsrat hätte Philipp Perrenoud auch das Dossier «Spital Zweisimmen» entziehen müssen. Dies wäre konsequent gewesen. Nur so wäre ein politischer und nicht wirtschaftlicher Entscheid herbeigeführt worden. Der Wille eines politischen Entscheids war aber gar nie, so muss ich heute feststellen, vorhanden. Dies verdeutlichen Ihre Erklärungen im Radio Beo zur Schliessung der Geburtenabteilung. Nun ist zu hoffen, dass diesmal Ihre Aussage: «Die Spitalleitung hat sofort weitere Massnahmen zu treffen, falls sich zeigt, dass die vorgesehenen Begleitmassnahmen nicht genügend wirksam sind und im Alltag Probleme auftreten. Im Extremfall müsse auch möglich sein, den Entscheid rückgängig zu machen», keine leere Versprechung ist.

Ein Hauptargument bezüglich «Schliessung der Geburtenabteilung» seien laut Regierungsrat Perrenoud die hohen Betriebskosten. Hier sei angemerkt: Gemäss dem Konzept zur geburtshilflichen Versorgung besteht nebst 24-Stunden-Hebammenpräsenz auch die Möglichkeit einer Hebammenbegleitung bei Verlegung mit der Ambulanz. Sollen Mutter und ungeborenes Kind bei Leib und Leben nicht gefährdet werden, müssen meiner Meinung nach mindestens zwei Ambulanzen (eine Simmental, eine Saanenland) zwingend und nur für den geburtshilflichen Dienst zur Verfügung stehen. Dies verursacht neue Kosten und daher bin ich der Ansicht, dass einmal mehr vom Sparen gesprochen wird und schliesslich mit höheren Kosten zu rechnen ist. Das Geld für die zusätzlichen Ambulanzkosten hätten auch direkt in die Geburtenabteilung Zweisimmen zur Deckung der Betriebskosten investiert werden können – aber eben, die Regierung hatte keinen Mut und Willen für eine politische Lösung.

Ich bin vom gesamten Regierungsrat enttäuscht, denn er hat die Bevölkerung an der Nase herumgeführt. Wenn eine Regierung die Simmentaler Grossräte im Vorhaben von Konsultativabstimmungen anlässlich der Gemeindeversammlungen bestärkt und dann dieses klare Resultat nicht ernst nimmt, dann ist dies eine klare Missachtung des Volkswillens. Als Gemeindepolitiker könnten wir uns ein solches Verhalten nicht erlauben.

Ich hoffe, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Politik wieder findet, indem der Regierungsrat künftig glaubwürdige und ehrliche Politik betreibt.

Erstellt am: 05.03.2015

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